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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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denn, man erlitt eine schwere Verletzung. Selbst die Toten wurden hier begraben.

KAPITEL 9
    Constable Broadhead drängte sich durch die Menschenmenge im Vestibül des Gerichtsgebäudes in Lewisham, um Belle und Mog abzufangen, bevor sie gingen. »Ich wollte Ihnen noch dafür danken, dass Sie heute als Zeugin ausgesagt haben«, wandte er sich an Belle. »Das ist Ihnen sicher nicht leichtgefallen.«
    Belle lächelte schwach. Es war tatsächlich nicht leicht gewesen, inmitten einer Schar schmutziger, heruntergekommener Leute, die schlecht rochen und sie trübselig anstierten, darauf zu warten, als Zeugin aufgerufen zu werden. Sie war zu dem Raub und ihren Verletzungen ins Kreuzverhör genommen worden und hatte noch dazu aussagen müssen, dass sie eine Fehlgeburt erlitten hatte. Aber Constable Broadhead war sehr nett zu ihr gewesen, und sie wollte ihm kein schlechtes Gewissen machen. Deshalb verheimlichte sie ihm, dass die heutige Gerichtsverhandlung tatsächlich eine schwere Prüfung gewesen war.
    »Ich bin froh, dass es vorbei ist und dieser Mann für einige Jahre niemanden mehr ausrauben oder zusammenschlagen kann«, erwiderte sie. »Und vor allem Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass er angeklagt werden konnte.«
    Archie Newbold war in allen sieben Anklagepunkten für schuldig befunden und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Belle war nur eine von mehreren Zeugen gewesen, aber der Richter hatte sich direkt an sie gewandt, um sie zu der Zeichnung zu beglückwünschen, die sie von Newbold angefertigt hatte. Daraufhin hatte der Angeklagte sie drohend angestarrt und ihr ziemliche Angst eingejagt.
    Es war Mitte Januar, und draußen schneite es. Belle fror bis indie Knochen und fühlte sich völlig ausgelaugt, und das nicht nur wegen der Gerichtsverhandlung. Vorgestern hatten deutsche Zeppeline Bomben auf Yarmouth und King’s Lynn abgeworfen und achtundzwanzig Menschen getötet und weitere sechzig verwundet. Hinzu kamen die immer länger werdenden Listen von Gefallenen. Belle hatte das Gefühl, als hinge eine tiefschwarze Wolke über England, die sich nicht so bald verziehen würde.
    »Darf ich Sie beide auf eine Tasse Tee einladen, damit Sie sich ein bisschen aufwärmen können?«, fragte Broadhead, der zu spüren schien, wie ihr zumute war.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, antwortete Belle. »Aber ich glaube, bei diesem Schnee sollten wir lieber zusehen, dass wir möglichst schnell nach Hause kommen.«
    »Wer ist das?«, fragte Mog den Polizisten und zeigte auf einen hochgewachsenen, dünnen Mann in dunklem Mantel und Hut. Er lehnte neben dem Ausgang an der Wand und starrte in ihre Richtung. »Er scheint sich sehr für uns zu interessieren. Er ist mir schon im Gerichtssaal aufgefallen.«
    Broadhead warf einen Blick auf den Mann. »Ein Reporter, nehme ich an. Wahrscheinlich will er mit Ihnen reden. Wenn Sie wollen, begleite ich Sie nach draußen und setze Sie in eine Droschke. Das sollte ihn abschrecken.«
    Belle hatte den Mann vorher nicht bemerkt, doch da sie keine Lust hatte, heute noch mit irgendjemandem zu sprechen, nahm sie Mogs Arm und ließ zu, dass Broadhead vorausging, um eine Droschke für sie zu besorgen.
    Aber sowie der Polizist die Stufen hinuntereilte, stellte sich der Mann den beiden Frauen direkt in den Weg. »Miss Cooper, nicht wahr?«, sagte er und streckte eine Hand aus.
    Mit ihrem Mädchennamen angesprochen zu werden, brachte sie aus der Fassung. Belle stockte und sah hilfesuchend zu Mog.
    »Ich weiß, dass Sie jetzt Mrs. Reilly sind, doch früher hießen Sie Belle Cooper, oder?«, sagte er mit öliger Stimme und einem wissenden Blick in den gelblichbraunen Augen.
    Auf einmal wusste Belle intuitiv, dass er sie mit dem Prozess gegen John Kent in Zusammenhang gebracht hatte, dem Mann, der sie entführt und in die Prostitution verkauft hatte, weil sie mit angesehen hatte, wie er eines der Mädchen im Bordell ihrer Mutter ermordet hatte. Kent wurde gehängt, bevor sie und Jimmy heirateten, und als sie nach Blackheath zogen, hatte sie geglaubt, dass ihre Vergangenheit begraben und vergessen war. Aber es war zwecklos, den Namen Cooper zu leugnen. Es würde nur den Eindruck erwecken, dass sie etwas zu verbergen hatte.
    »Ja, mein Mädchenname war Cooper«, antwortete sie. Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie nervös sie war. »Kennen wir uns?«
    »Constable Broadhead hat eine Droschke für uns«, warf Mog ein und verstärkte den Griff um Belles Arm. »Gehen wir! Wir dürfen

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