Der Zauber eines fruehen Morgens
geschrieben, wie gut es war, dass Mog ihm so viele Paare dicker Wollstrümpfe gestrickt hatte, weil er sie deshalb oft wechseln konnte. Aber sie zu trocknen war das Problem.
Fußbrand entstand, wenn man über einen längeren Zeitraum im Wasser stand. Belle schauderte, wenn sie an die Bedingungen dachte, unter denen die Soldaten dort drüben leben und kämpfen mussten.
Vieles am Soldatenleben war einfach ungerecht. Wer im Kampf verwundet wurde, bekam von der Armee eine Pension. Männerhingegen, die außerhalb der Kampfhandlungen zu Schaden kamen oder einfach aufgrund der Bedingungen, unter denen sie lebten, krank wurden, gingen leer aus.
Jimmy hatte in seinem Brief halb im Scherz erwähnt, dass die einzige Möglichkeit, nach Hause zu kommen, ein »Freifahrschein« sei. Damit meinte er eine schwere Verletzung oder Erkrankung, die an der Front nicht behandelt werden konnte. Einer der Männer in seinem Regiment habe sich in den Fuß geschossen, berichtete er, und behauptet, es wäre beim Reinigen seines Gewehrs passiert. Ein anderer hatte seinen Arm aus dem Schützengraben gestreckt und gewinkt, eindeutig in der Hoffnung, dass die »Boches«, wie die Deutschen von den Franzosen genannt wurden, auf ihn schießen würden.
Belle glaubte nicht, dass er diese Dinge erwähnen würde, wenn er nicht schon selbst mit dem Gedanken gespielt hätte, etwas Ähnliches zu versuchen. Jimmy hatte ihr auch geschrieben, dass er als Mitglied einer Patrouille nachts ins Niemandsland geschickt worden war, um das Terrain zu sondieren, und wie eines Nachts die Deutschen Leuchtgeschosse abgefeuert hatten und er selbst wie ein hypnotisiertes Kaninchen im blendenden Licht gestanden hatte, statt sich flach auf den Boden zu werfen. Doch anscheinend hatten die Deutschen keinen Wert darauf gelegt, ihn zu erschießen, hatte er gescherzt.
Aber Belle war klar, dass nichts daran komisch war; er war offensichtlich starr vor Angst gewesen. So schlimm es war, sich Jimmy so verängstigt vorzustellen, schien es irgendwie noch besorgniserregender, dass er es aus Angst, als Feigling dazustehen, nicht zugeben mochte.
Belle war entsetzt, wie sehr die meisten Menschen den Krieg verherrlichten, und sie fragte sich, ob diese Leute noch genauso empfinden würden, wenn sie ein Familienmitglied verloren. Die Zeitungen brachten entweder Berichte über Gräueltaten der Deutschen oder Jubelmeldungen, die alle glauben machen sollten, dass die Alliierten trotz der verheerenden Verluste im Begriff waren,diesen Krieg zu gewinnen. Da Soldaten ihren Standort nicht genau angeben und auch nicht die Wahrheit über den Kriegsverlauf schreiben durften, konnte niemand mit Bestimmtheit sagen, was da draußen wirklich vorging.
»Alles in Ordnung, Belle?«
Mogs Stimme drang in ihre Überlegungen, und sie blickte mit einem schwachen Lächeln auf. »Ja, danke. Ich denke, ich gehe nach oben und zünde im Wohnzimmer ein Feuer an. Ich möchte an Jimmy schreiben. Ihn wird interessieren, wie der Prozess ausgegangen ist.«
»Denk nicht mehr an diesen Reporter!«, empfahl Mog. »Bis er all die Fälle zu Ende verfolgt hat, die heute verhandelt worden sind, hat er dich längst vergessen.«
Belle schrieb an Jimmy. Sie erwähnte Blessard mit keinem Wort, sondern berichtete nur über die anderen Zeugen und den Ausgang der Verhandlung. Sie schrieb, dass es Schnee gegeben hatte, der jetzt zu Eisregen geworden war, und dass sie in einer Woche ihren Laden wieder öffnen würde. Sie hatte eine Quelle für schicke Pelzkappen und dazu passende Muffe entdeckt, die sich gut verkaufen würden. So würde sie Gelegenheit haben, Hüte für den kommenden Frühling zu entwerfen und anzufertigen.
Aber wie immer bestand ihr Brief zum größten Teil aus kleinen Neuigkeiten aus dem häuslichen Leben, außerdem erzählte sie, wie sehr sich Mog, Garth und sie um ihn sorgten und wie sehr er ihr fehlte.
Das Bild, das sie unter ihr Schreiben malte, stellte ein Schwein mit Richterperücke dar, weil ihr am Morgen aufgefallen war, dass der Richter mit seinen extrem kleinen, dunklen Augen und der Nase, die eher einem Rüssel glich, starke Ähnlichkeit mit einem Schwein hatte.
Auf ein anderes Blatt Papier zeichnete sie Blessard, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Knochiges Gesicht, schlechte Haut, schmale Lippen und ein dünner hellbrauner Schnurrbart, doch sie stellte fest, dass sie sich nicht an Farbe und Form seiner Augen erinnern konnte, nur an den verschlagenen Ausdruck, der in ihnen lag.
Würde ihre
Weitere Kostenlose Bücher