Der Zauber eines fruehen Morgens
manches ändert sich nie.«
»Ich weiß«, seufzte Miranda. »Meine Mutter zum Beispiel. Sie ist so ein unglaublicher Snob! Wahrscheinlich bildet sie sich ein, dass die Scheiße von Offizieren nicht so stinkt wie die von gemeinen Soldaten.«
Belle lachte. »Wenn du die Arbeit im Krankenhaus wirklich so sehr verabscheust, dann hör doch auf! Ich wette, du könntest problemlos einen Job als Fahrerin bekommen. Bestimmt gibt es viele Leute, deren Chauffeur beim Militär dient. Du könntest eine Zeitungsanzeige aufgeben.«
Miranda schnitt ein Gesicht. »Ich muss dabeibleiben, Belle. Ich will mir und meiner Familie beweisen, dass ich durchhalten kann, dass ich nützlich und unabhängig sein kann. Schwester Crooke hat gestern zu mir gesagt, sie habe nicht geglaubt, dass ich den ersten Tag überstehen würde. Sie ist keine, die großzügig mit Lob umgeht, doch ich denke, sie wollte damit andeuten, dass ich sie überrascht habe und meine Sache nicht schlecht mache. Das muss doch irgendwie zählen.«
Belle hob ihre Teetasse und stieß mit Miranda an. »Auf Frankreich!«, meinte sie.
»Auf Frankreich«, antwortete Miranda. »Glaubst du wirklich, dass wir dort hinkommen?«
»Wenn man entschlossen genug ist, kann man alles erreichen«, erklärte Belle. »Und das werde ich dir sofort beweisen, indem ich auf deinem Fahrrad nach Hause fahre.«
Belle radelte selbstbewusst den ganzen Weg zur Kirche zurück und wartete dort auf Miranda.
»Bravo!«, lobte die Freundin. »Mir ist gerade eingefallen, dass du dich auf einem Fahrrad schnell davonmachen könntest, falls dieser Blessard dich wieder belästigt.«
»Ich hoffe, dass er es jetzt, da der Laden geschlossen ist, aufgibt. Ein ausgesprochen unangenehmer Typ. Ich habe keine Ahnung, was er von mir will. Es scheint um mehr als einen Zeitungsartikel zu gehen.«
»Ich glaube, dass er auf dich scharf ist«, erwiderte Miranda. »Er weiß einiges über dich und deine Vergangenheit, und das reizt ihn.«
»Sag bitte nicht so etwas! Es erinnert mich an diesen Mann in Paris, der es auf mich abgesehen hatte!«, rief Belle entsetzt.
»Er wird gleich viel weniger scharf auf dich sein, wenn er dich in deiner Schwesterntracht sieht.« Miranda verzog das Gesicht und lachte. »Geh heim und zerbrich dir seinetwegen nicht den Kopf! Dieser Blessard ist einfach ein Idiot. Viel Glück bei dem Versuch, Garth dazu zu bringen, dir ein Fahrrad zu kaufen!«
Aber als Belle langsam heimwärts schlenderte, dachte sie doch an Blessard.
Nach Newbolds Prozess war sie zunächst nie allein in ihrem Laden gewesen, und im Lauf der Zeit hatte sie den Reporter beinahe vergessen. Doch eines Tages, als Miranda gerade zur Schreibwarenhandlung gelaufen war, tauchte er auf und versetzte ihr einenheftigen Schock. Anscheinend hatte er den Laden beobachtet und eine günstige Gelegenheit abgewartet, um Belle allein zu erwischen.
Aber sie ließ sich ihre Unruhe nicht anmerken. Er sagte, er wäre nur vorbeigekommen, um sie zu fragen, ob sie ihm ein Interview für einen Artikel über die verschiedenen Arten der Identifizierung von Verdächtigen, an dem er gerade arbeitete, geben würde. Sein Interesse galt vor allem der Tatsache, dass sie ein Bild des Täters gezeichnet hatte.
»Es tut mir leid, doch ich möchte kein Interview geben, weder jetzt noch zu einem späteren Zeitpunkt«, entgegnete Belle. Zum Glück klingelte in diesem Moment das Telefon, deshalb bat sie ihn zu gehen.
Da er ohne Weiteres abzog, schien es, als hätte sie sich in seinen Absichten getäuscht. Aber zwei Wochen später kam er wieder, genau an dem Tag, an dem sie morgens den Laden selbst geöffnet hatte, um Miranda eine kleine Pause zu gönnen.
Diesmal war er wesentlich aufdringlicher, nahm unaufgefordert Platz und nannte sie plump vertraulich Belle, als wäre er ein alter Freund.
»Mrs. Reilly«, korrigierte sie. »Ich habe Ihnen schon bei Ihrem letzten Besuch gesagt, dass ich kein Interview gebe. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen? Ich bin sehr beschäftigt, und ein Gentleman, der in meinem Laden sitzt, schreckt meine Kundinnen ab.«
Er stand auf und ging zur Tür. Als er sich umdrehte, dachte sie zunächst, er wolle sich entschuldigen. Doch sie irrte sich.
»Damals in Paris wären Sie nicht so etepetete gewesen«, sagte er. »Ich weiß eine ganze Menge über Sie, Belle, vergessen Sie das nicht!«
»Und vergessen Sie nicht, dass ich mich nicht so leicht einschüchtern lasse!«, gab sie zurück. »Wenn Sie sich hier noch einmal
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