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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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Verwundete, dass man sie dort dringend braucht, und ich hoffe, sie gibt die Idee, an der Front eingesetzt zu werden, irgendwann auf. Sie hat es in ihren Briefen schon eine ganze Weile nicht mehr erwähnt.«
    Etienne hätte am liebsten gesagt, dass er nur allzu gut wusste, wie eigensinnig und heißblütig Belle war, doch das war unmöglich. Wenn er zugab, wer er war, ließ er sich vielleicht unabsichtlich anmerken, was er für Belle empfand. Er konnte den Mann nicht mit diesem Wissen aufs Schlachtfeld zurückschicken.
    »Ich muss gehen«, sagte er und sprang auf. »War nett, dich kennenzulernen. Zieh den Kopf ein und pass auf, dass deine Frau brav zu Hause bleibt!«
    »Ich freue mich sehr, dass wir uns kennengelernt haben.« Auch Jimmy stand auf und schüttelte Etiennes Hand. »Pass auch auf dich auf! Und danke für den Wein und die Wegbeschreibung.«
    Etienne entfernte sich mit schnellen Schritten.
    »Du hast mir ja gar nicht deinen Namen verraten«, hörte er Jimmy rufen, doch er tat so, als hätte er nichts gehört, und ging weiter.
    »Wo ist denn der Franzmann hin?«, fragte der Korporal Red, als er mit zwei Tellern mit Spiegeleiern und Bratkartoffeln zurückkam. »Ich habe ihm auch was mitgebracht.«
    »Er musste zurück«, erwiderte Red. »Schade, war ein netter Kerl. Ich wollte ihn nach ein paar französischen Ausdrücken fragen, damit wir im Hauptquartier besser durchkommen.«
    »Sah wie ein ganz schön zäher Bursche aus«, bemerkte Bin, als auch er mit zwei beladenen Tellern zu ihnen trat. »Habt ihr seine kalten Augen gesehen? Kein Wunder, dass die Franzmänner sich getummelt haben, als er sie anbrüllte. Bevor wir herkamen, habe ich immer gedacht, die Franzosen wären allesamt Schwuchteln.«
    »Du sagst jetzt hoffentlich nicht ›Bin schon mit einem zusammen gewesen‹?«, zog Donkey ihn auf, und die Männer lachten schallend.
    »Na schön, dann nehme ich die Portion von dem Franzmann«, gab Bin zurück. »Und ihr könnt lange warten, bis ihr was abkriegt!«
    Als Etienne zum Lager zurückging, fühlte er sich schwer angeschlagen. Nach seinem Besuch in England im Jahr 1914 hatte er Belle in den hintersten Winkel seines Denkens verdrängt, aber die heutigen Ereignisse machten sie wieder sehr gegenwärtig.
    Obwohl er weniger als eine halbe Stunde mit Jimmy verbracht hatte, konnte er jetzt einschätzen, was für ein Mensch Belles Mann war. Es wäre vielleicht eine Genugtuung gewesen festzustellen, dass er ein Schwächling und Langweiler war. Aber er war ein starker, aufrechter Mann mit Prinzipien und jener ruhigen, festen Art, die die Voraussetzung für einen erstklassigen Soldaten und den besten Freund war, den man sich wünschen konnte.
    Würde Belle hierherkommen? Die meisten Frauen, dachte er, würden viel zu viel Angst haben, um auch nur daran zu denken, in ein Land zu gehen, das sich im Krieg befand, doch Belle hatte mehr Mut, als ihr guttat. Und sie war sehr zielstrebig, wenn sie etwas wollte.

KAPITEL 12
    1. J ULI 1916
    »He, das ist ’ne Lerche!«, rief Donkey, trank seine Ration Rum und starrte in den klaren blauen Himmel hinauf, um den zwitschernden Vogel zu betrachten. »Mensch, Red, ist das jetzt ein gutes Omen, meinst du? Oder freut sich der Vogel, weil die Ballerei endlich vorbei ist?«
    Es war halb acht Uhr morgens und schon sehr warm, und nach fünf Tagen unablässigen, ohrenbetäubenden Beschusses der feindlichen Linien war das Sperrfeuer plötzlich verstummt. Abgesehen von dem Vogelgezwitscher herrschte eine fast unheimliche Stille. Sogar die deutschen Waffen schwiegen.
    Jimmy und sein Regiment waren vor zwei Wochen von Ypern hierher an die Somme marschiert, um sich dem anzuschließen, was die gesamte britische Armee zu sein schien, ein Lager, das sich hinter den Linien über ganze Kilometer hinweg erstreckte. Wie immer hatte es niemand für nötig befunden, ihnen zu erklären, warum dieser Abschnitt der Westfront den Generälen so wichtig war. Man hatte ihnen lediglich mitgeteilt, dass es hinter den deutschen Linien keine größeren Straßen oder Eisenbahnknotenpunkte gäbe, und bis jetzt war es relativ ruhig gewesen. Aber was auch die Gründe sein mochten, diesen Abschnitt für eine Großoffensive zu wählen, die erste Reaktion der Männer war vor allem Erleichterung, weil hier kein feuchtes Marschland war wie in Ypern. Kalkhaltiger Boden bedeutete, dass die Schützengräben nicht überflutet wurden, und es war eine schöne Gegend: fruchtbares Ackerland, durch das sich die Somme

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