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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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schlängelte.
    Erst gestern hatte Jimmy erfahren, dass diese Schlacht darauf abzielte, die Deutschen von Verdun abzuziehen und den Druckauf die französische Armee, die dort immer noch kämpfte, zu verringern. Sein Captain hatte gesagt, das fünftägige Bombardement habe die Stacheldrahtzäune des Feindes zerstört und sämtliche Männer und Geschütze in der ersten Kampflinie vernichtet. Als sie jetzt auf das Signal für die erste Angriffswelle warteten, waren alle überzeugt, dass der Weg durch das Niemandsland quasi ein Spaziergang werden und die Kampfhandlungen erst beginnen würden, wenn sie die zweite Linie erreichten.
    »Die Lerche ist ein gutes Omen«, sagte Jimmy und kippte seinen Rum in einem Zug hinunter. Er war nicht so zuversichtlich wie die anderen. Aber es tat gut, die schweren Geschütze nicht mehr zu hören und die Wärme und den Sonnenschein zu genießen.
    Der Frieden war nur von kurzer Dauer. Auf einmal donnerten wieder die britischen Geschütze, diesmal auf die zweite Verteidigungslinie des Feindes gerichtet. Auf das Signal hin standen die Soldaten, die auf dem Niemandsland in Position lagen, auf und setzten sich mit ihren Offizieren in stetigem, gut eingeübtem Tempo in Bewegung.
    Dann war es für die erste Angriffswelle von Männern so weit, aus den Gräben zu steigen. Jimmy und seine Kameraden gehörten zur zweiten Welle, und während sie warteten, beobachteten sie, wie die Offiziere den Wall entlangliefen, ihren Leuten Mut machten und Männern, die schwere Lasten auf dem Rücken trugen, aus dem Schützengraben halfen. Jimmy konnte von seinem Standpunkt aus nicht sehen, was an den anderen Stellen der Linie vor sich ging, doch er wusste, dass es dort genauso aussehen würde. Sowie sie draußen waren, galt es, durch ihren eigenen Stacheldraht zu kommen, aber er war in der vergangenen Nacht an einigen Stellen aufgeschnitten worden und konnte an anderen mit Lattenrosten als Behelfsbrücken überwunden werden.
    »Wir sind als Nächste dran«, verkündete Bin munter und drückte fast freudig erregt seine Zigarette aus. »Mann, ich bin so was von bereit!«
    In diesem Moment hörten sie das Rattern feindlicher Maschinengewehre. Nicht nur ein paar, sondern Hunderte, und alle auf einmal. Bins Grinsen verblasste, und Donkey warf Jimmy einen Blick zu. »Ich dachte, wir hätten sie ausgeschaltet.«
    »Klingt schlimmer, als es ist«, sagte Jimmy, aber ihm war flau im Magen, als er vortrat und die anderen aufforderte, seinem Beispiel zu folgen.
    Das Warten innerhalb der hohen Wände des Schützengrabens war am schlimmsten. Das Rattern der Maschinengewehre, die schweren Lasten auf ihren Schultern und das beklemmende Gefühl, es nicht einmal über das Niemandsland hinaus zu schaffen – es war furchtbar. Männer, die eben noch gelacht hatten, waren jetzt blass und angespannt, und Jimmy sah einen jungen Burschen, der sich ein Stück weiter unten im Graben übergab.
    Viel zu schnell kam der Befehl. Als sie den Wall erreichten, sah Jimmy, dass die feindliche Frontlinie vollständig bemannt war und die Deutschen einige ihrer Geschütze direkt auf die Öffnungen im Stacheldrahtverhau der Briten richteten. Es war ein einziges Gemetzel. Männer hingen tot im Stacheldraht, und ihre Kameraden waren gezwungen über die Toten hinwegzusteigen.
    Weiter vorn war es offenbar noch schlimmer. Jimmy hatte den Eindruck, dass mehr als die Hälfte der ersten Angriffswelle tot oder verwundet war, und noch in der Sekunde, als er sprang, sah er weitere Männer fallen.
    Er schaffte es durch den Stacheldraht, wartete einen Moment, um sich wie angewiesen mit den Kameraden neu zu gruppieren, und stürzte sich dann mit Donkey zur Rechten und Bin zur Linken entschlossen in den Kugelhagel.
    Donkey erwischte es auf den ersten zehn Metern. Sein Körper bäumte sich auf, als hätte er einen Stromstoß erhalten, und fiel dann reglos zu Boden. Ein Blick sagte Jimmy, dass er tot war. Er war in die Brust getroffen worden, und Blut schoss wie eine Fontäne aus der klaffenden Wunde.
    »Weiter, Red!«, drängte Bin ihn, als er zögerte. »Du kannst nichts mehr für ihn tun. Wir schaffen es!«
    Sie liefen weiter dem feindlichen Feuer entgegen. Jimmy sprach ein stummes Gebet für sein Überleben, als er ringsum andere Männer, die er kannte, taumeln und zu Boden gehen sah. Der Rauch, das Stakkato der Maschinengewehre und die Schreie der Verwundeten waren grauenhaft, doch er durfte nicht wanken. Sie mussten die feindlichen Linien um jeden Preis

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