Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
Vom Netzwerk:
es verpflichtend war. Und selbst wenn er sich freiwillig gemeldet hatte, war es wahrscheinlich, dass das Schicksal zwei Männer, die dieselbe Frau liebten, in einem abgelegenen Estaminet in Frankreich zusammenführen würde?
    Er hatte Jimmy nur ein Mal an jenem Tag, als er nach Blackheath gefahren war, gesehen, und das nur flüchtig und von Weitem. Alles, woran er sich erinnerte, war, dass der Mann groß und rothaarig gewesen war; sein Gesicht hatte er nicht genau erkennen können. Der Gedanke, dass es ihm bekannt vorkam, konnte nur bedeuten, dass ihm sein Verstand einen Streich spielte und all die Monate in der Hölle schließlich Wirkung zeigten. Reilly war ein weit verbreiteter Name in England; allein in London musste es Hunderte geben.
    »Was ist los, Kumpel? Siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen!«
    Die Bemerkung des Korporals brachte Etienne wieder zu sich, und er zwang sich zu einem Lächeln. »Hab bloß darüber nachgedacht, wie ich reagieren würde, wenn mir ein Schwein die Eier abbeißen will«, meinte er.
    Das Gespräch wandte sich den Giftgasangriffen zu. »Wir hatten Glück, dass wir an dem Tag keinen Dienst hatten«, sagte Bin. »Die, die es erwischt hat, hatten ganz blaue Gesichter und packten sich dauernd an der Kehle. Furchtbar war das.«
    Der Korporal berichtete, dass man ihnen geraten hatte, Mundund Nase mit einem in Wasser oder dem eigenen Urin getränkten Lappen zu bedecken, und fügte hinzu, dass ihr Captain ihnen erzählt hatte, dass die Männer, die an dem Gas gestorben waren, im Grunde durch den Schaum in ihren Lungen ertrunken waren.
    »Habt ihr das Zeug hier auch gehabt?«, fragte er.
    Etienne wollte gerade sagen, dass er selbst noch keinen Giftgasangriff erlebt, doch viel darüber gehört hatte, als die Aufmerksamkeit des Korporals durch den Anblick eines Mannes abgelenkt wurde, der gerade mit einem Teller voll Essen aus dem Estaminet kam.
    »He, hier gibt’s Spiegeleier und Bratkartoffeln!«, rief er. »Davon muss ich unbedingt was haben!«
    Der Korporal sprang auf, dicht gefolgt von Bin und Donkey. Red bat sie, ihm auch etwas mitzubringen, und blieb bei Etienne.
    Mit Red allein zu sein, schien Etienne die ideale Gelegenheit zu sein, seine abwegige Idee abzutun. »Bist du zu Hause auch schon Red genannt worden, oder hast du den Namen erst hier bekommen?«
    Der andere grinste. »In Etaples hat mich der Feldwebel ›Karottenkopf‹ genannt. Als ich gelernt hatte, geradeaus zu schießen, wurde daraus Red. Das ist hängen geblieben, aber eigentlich heiße ich James und zu Hause Jimmy.«
    Etienne lief es kalt über den Rücken. »Was hast du gemacht, bevor du dich gemeldet hast?«, brachte er heraus.
    »Mit meinem Onkel ein Wirtshaus geführt«, antwortete Jimmy. »Mittlerweile glaube ich, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hatte, als ich mich freiwillig gemeldet habe. Meine Frau erwartete ein Kind, und ich war noch in Etaples, als ich erfuhr, dass sie das Baby verloren hat. Ich durfte nach Hause, weil sie so krank war, und ich kann dir sagen, ich war stark versucht, nicht wieder herzukommen.«
    »Sympathisierst du deshalb mit Deserteuren?«
    »Kann sein. Belle ging es sehr schlecht. Sie war in dem Laden, den sie zu diesem Zeitpunkt hatte, überfallen und zusammengeschlagen worden, und ich hatte das Gefühl, ich hätte sie nie alleinlassen dürfen. Doch sie hat sich erholt und eine Weile sogar wieder ihr Geschäft geführt. Aber jetzt hat sie es aufgegeben und arbeitet als Freiwillige im Militärlazarett.«
    Etienne wünschte, er wäre bei seinem Baum geblieben und nicht diesen Männern zu Hilfe geeilt. Dann hätte er immer noch glauben können, dass Belle das glückliche Leben führte, das sie verdiente. »Als Krankenschwester?«
    »Na ja, sie ist auf ihrer Station eher Mädchen für alles, doch sie hat das Zeug zu einer richtigen Krankenschwester. Sie hat sich in die Idee verrannt, dass sie ins Rote Kreuz eintreten und hierherkommen und einen Krankenwagen fahren kann, wenn sie ein bisschen Erfahrung gesammelt hat.«
    »Das ist keine Arbeit für eine Frau«, sagte Etienne. Er hatte erst ein paar weibliche Rettungsfahrer gesehen, und das waren herbe Erscheinungen mit Nerven aus Stahl gewesen. »Es ist gefährlich, weil sie oft ganz dicht an die Front herankommen. Erlaub ihr das bloß nicht!«
    Jimmy schnitt eine Grimasse. »Wenn meine Belle sich etwas in den Kopf setzt, ist nicht dran zu rütteln«, erklärte er. »Aber in dem Militärlazarett in London sind so viele

Weitere Kostenlose Bücher