Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
Männer und Sklaven. Zugleich breitete der Adlermann die silbernen Flügel aus und landete neben Tamwyn. Wieder schauten die beiden einen zeitlosen Moment lang einander an.
»Nun, kleiner Bruder«, sagte Scree schließlich, »es sieht aus, als wärst du hier in einige Schwierigkeiten geraten.«
Tamwyn nickte grimmig.
»Bist du völlig im Nachteil?«
Wieder Nicken.
»Fast keine Hoffnung?«
Wieder Nicken.
Scree streifte mit dem Flügel die Schulter seines Bruders. »Es klingt fast wie früher.«
Tamwyn grinste. »Du hast lange genug gebraucht mich zu finden. Hast du gewartet, ob mir eigene Flügel wachsen?«
»Nein. Ich habe vermutlich nur auf eine gewartet, die den Stab stiehlt.« Er kniff die Adleraugen zusammen. »Aber ich hätte nie vermutet, dass sie mich zu dir führt. Wo ist der Stock denn jetzt überhaupt? Weißt du das?«
»Dort drüben.« Tamwyn deutete auf den Hexer im Umhang, der nun fast beim Boot war. »Geh und hol ihn, Scree – solange noch Zeit ist. Aber sei vorsichtig! Der Mann ist ein Hexer.«
Die Augen des Adlermanns leuchteten, als er den gestohlenen Stab sah. Dann wandte er sich wieder seinem Bruder zu und drängte: »Komm mit! Wenn er Magie gebraucht, müssen wir zu zweit sein. Wenn ich dann den Stab nicht nehmen kann – machst du es.«
»Nein, Scree.« Tamwyns Kehle brannte von mehr als denWunden in seinem Hals. »Ich kann ihn nicht berühren. Ich kann es einfach nicht.«
»Jetzt ist keine Zeit für Bescheidenheit, Tam! Du bist . . .«
»Das Kind der dunklen Prophezeiung«, ergänzte Tamwyn mit heiserer Stimme. »Wenn ich ihn anfasse, könnte etwas Schreckliches geschehen.«
Scree schaute ihn aus zusammengekniffenen gelb gerän derten Augen an. »Komm schon, überlege doch! Dass du das dunkle Kind bist, ist so wahrscheinlich wie dass ich der wahre Erbe Merlins bin!«
Tamwyn hielt den Atem an. »Soll das heißen . . . du bist es
nicht
?«
Der Adlermann zuckte zusammen. »Nein, so gern ich es auch wäre. Ich habe sogar die Worte gesagt:
Ich bin Merlins wahrer Erbe.
Aber nichts ist geschehen! Also nehme ich an, dass ich nur der Hüter des Stabs bin.« Ein Schatten schien über sein Gesicht zu ziehen. »Obwohl ich allerdings bei dem, äh, Fehler, den ich vor einiger Zeit gemacht habe, ein ziemlich schlechter bin.«
Tamwyn drückte die Flügelspitze seines Bruders. »Was du auch getan hast, so dumm kann es nicht gewesen sein wie die Dinge, die ich angestellt habe.«
Scree brummte nur. »Wir werden sehen. Jetzt gehen wir lieber zu diesem . . .«
»Hah, du bist also dieser widerliche Adlermann!«
Sie fuhren herum und standen Harlech gegenüber. In einem Arm hielt er die Pickelkeule, von der frisches Blut und Fellfetzen tropften. Im anderen schimmerte gefähr lich sein Breitschwert, auch wenn es an der Spitze abgebrochenwar. Zwei Dolche und ein Rapier hingen an seinem Gürtel.
Er trat nach den Krallen eines toten Ghoulacas. »Ich hab gesehen, wie du gerade meine Ghoulacas umgebracht hast. Du glaubst wohl, du bist groß und tapfer? Na«, zischte er, »dann zeig mal, wie du mit einem echten Gegner umgehst.«
Die Narbe an seinem Kinn leuchtete violett. »Kämpf mit mir, Adlermann! Oder hast du Angst?« Er verzog das Gesicht und spuckte auf Screes Flügelfedern.
Die gelben Augen blitzten. Aus dem Mundwinkel zischte Scree: »Geh jetzt, Tam! Tu, was du kannst. Ich komme, sowie ich mit diesem Scheusal fertig bin.«
Unschlüssig zögerte Tamwyn. Er schaute von den beiden Kämpfern zum Ufer unterhalb des Damms – wo der Hexer gerade in sein weißes Boot steigen wollte.
»Geh!«, befahl Scree und duckte sich, um Harlechs erstem Schwertschwung auszuweichen.
Tamwyn rannte, seine nackten Füße trommelten über die Steine. Als er sich der unbefestigten Rampe auf der anderen Seite näherte, wusste er, dass er keine Zeit hatte, zur Wasserkante hinunterzusteigen. Der Hexer würde schon auf dem See sein, bevor er unten war. Es gab keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten! Außer einer. Tamwyn bog zur Seite des Damms direkt über dem Boot. Gerade als der Hexer den Fuß hob, um in das Schiff zu steigen, sprang Tamwyn.
Er flog durch die Luft und kickte dabei mit den Beinen. Wind heulte ihm in den Ohren. Und im selben Moment, in dem der Hexer etwas über sich spürte und aufschaute, landete Tamwyn direkt auf ihm.
40
Ein ganz schwacher Herzschlag
O ben auf dem Damm kämpften Dutzende mutiger Pferde, Hirsche, Rehe und Wölfe in der Schlacht mit ihren früheren Meistern. Peitschen knallten durch die
Weitere Kostenlose Bücher