Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
schloss die Augen. Denn diese Art des Sehens, das wusste er im Herzen, hatte nichts mit normaler Sicht zu tun.
Er sagte: »Elli«, dann verstummte er.
36
Die Dolchklinge
E thaun lehnte sich auf den Samensäcken zurück und schaute Tamwyn über den Holztisch hinweg an. »Weißt du, ich wollte immer Forschungsreisender sein. In die Ferne ziehen, ja! In eine so wunderbare Ferne, dass ich sie mir noch nicht mal vorstellen konnte! Das war mein Traum, obwohl ich nichts anderes gesehen hatte als das Innere der Schmiede meines alten Meisters in Steinwurzel.«
Er zog an seiner rauchgeschwärzten Pfeife. »Und deshalb bin ich einfach davongelaufen, nachdem ich gehört hatte, dass der größte Forschungsreisende von allen, Krystallus selbst, tapfere Leute sammelte, die ihn auf seiner längsten Reise begleiten sollten. Eine Reise, von der die Leute sagten, sie könne ihn bis zu den Sternen führen.«
Tamwyn schaute ihn drängend an. »Ja?«
»Nun, ich war noch so jung, dass Krystallus mich nicht mitnehmen wollte. Sagte, es sei einfach zu gefährlich. Aber ich tat alles, um ihn zu überzeugen, dass er einen guten Schmied brauchte, weil ich von Kindheit an mit Hammer und Zangen gearbeitet hatte. Trotzdem sagte er nein. Aber ich plagte und plagte ihn, ich war einer von denen, die einfach nicht aufgeben.«
Er kaute einen Moment an seiner Pfeife und betrachtete Tamwyn. »Ziemlich wie du, glaube ich.«
Grinsend nickte Tamwyn. »Und was war dann?«
»Nun, schließlich hat er seine Meinung geändert. Sagte, dass ich mitkommen könne als zweiter Schmied und Geschirrspüler, Kleiderflicker und Helfer bei allem. Sagte, bei den zwölf Leuten, die er schon in seiner Gruppe hatte, sei ich der glückliche Dreizehnte.«
Ethaun drehte sich zu der Wand mit den Werkzeugen, er sah wehmütig aus. »Also, ich war glücklicher als ein Schwein im Paradies! Und in den ersten Wochen war es tatsächlich ein großes Abenteuer. Ich sah so ungefähr alles, worauf ich gehofft hatte – Pforten, ausgemalte Tunnel, umgekehrte Wasserfälle, was du dir nur vorstellen kannst.«
Plötzlich runzelte er die Stirn. »Dann, eines Tages, gerade als wir in einer Höhle unser Lager aufschlagen wollten, kamen die Termiten von nirgendwoher! Mächtige, schreckliche Bestien mit Fühlern wie riesige Breitschwerter und hungrig nach Blut. Ich habe sie zuerst gesehen, aber ich
. . .
«
Seine Stimme brach, in der Hütte war es so still, als würden selbst die Lehmwände darauf warten, dass er weiter sprach. Die Rauchwolke, die über der Feuerstelle schwebte, schien dunkler zu werden. Und es war Tamwyn, der als Nächster redete, denn er ahnte, was geschehen war. Ruhig fragte er: »Du bist nicht zum Kämpfen geblieben wie die anderen, stimmt’s?«
»Einfach losgerannt bin ich und habe mich versteckt! Und gezittert wie ein wertloses Blatt im Wind.« Ethaun bissso hart auf seine Pfeife, dass der Stiel brach und Pfeifenkraut auf den Boden fiel. Er spuckte das Ende aus, das in seinem Mund gewesen war. »Nicht gerade wie ein richtiger Forschungsreisender, was?«
Tamwyn presste die Lippen zusammen. »Das ist nichts im Vergleich zu ein paar dummen Sachen, die ich gemacht habe.«
Der Mann knurrte nur und strich seinen lockigen Bart. »Hundert Mal und mehr habe ich mir gewünscht, diese Momente noch einmal zu erleben. Es richtig zu machen für meine Kameraden. Und besonders für Krystallus, einen besseren Mann als alle, die je über die Pfade von Avalon gegangen sind.«
Tamwyns Augen strahlten, doch er sagte nichts.
Ethaun seufzte schwer. »Keiner von ihnen hat überlebt, kein Einziger.«
»Alle sind gestorben?«
»So war’s, Junge. Alle.« Bitter fügte er hinzu: »Außer dem glücklichen Dreizehnten.«
»Aber«, widersprach Tamwyn, »ich habe gehört, dass Krystallus
doch
überlebt hat. Und dass er hier herauf zum Astloch gekommen ist, genau wie du.«
Ethaun schüttelte den Kopf. »Davon weiß ich nichts, Junge. Und ich fürchte, das heißt, dass es nie so geschehen ist.«
»Wie kannst du da sicher sein?« Tamwyn schlug mit der Faust auf den Tisch. »Das kannst du nicht!«
Der große Mann stand auf und holte eine andere Pfeife und einen anderen Sack mit Pfeifenkraut, das wie zerstampfteZedernnadeln roch. Er biss auf den Pfeifenstiel, füllte den Kopf, zündete das Kraut an und paffte. Dann kam er langsam zum Tisch zurück und setzte sich auf die Samensäcke.
»Es war so. Als ich aus dem Versteck kam, ging ich zurück zum Kampfplatz. Und zählte die Leichen, so
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