Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
schmeichelnden Tönen, leicht wie die Luft und lieblich wie das Sternenlicht, mit raunenden Untertönen. Die Musik der Harfensaiten schwoll an, wurde leiser, hob sich dann erneut und trillerte, bevor sie schließlich verklang – und von neuem anstieg.
Elli öffnete wieder die Augen, nur die Harfenmusik schien den Spiralentanz der dunstigen Geschöpfe möglich zu machen. »Es ist
. . .
als würde die Luft
selbst
singen.«
»Das stimmt.« Nuic rutschte nah an ihr Ohr. »Das sind Äolsharfen, weißt du. Sie stehen auf den Hängen der bergähnlichen Wolken dort drüben. Die Sylphen haben sie gebaut und jahrhundertelang gespielt. Als Saiten benutzten sie nur die feinsten Dunstfäden, die sie so fest zwischen Wolken spannten, dass selbst der leiseste Windhauch sie schwingen lässt. Und dann entsteht die schönste Musik – abgesehen von den Klängen der Museos natürlich – in den sieben Reichen.«
Elli seufzte, sie erinnerte sich an die melodische Harfenmusik, die ihr Vater ihr vor Jahren so häufig vorgespielt hatte. Und an die Harfe, die er ihr vor seinem Tod gegeben hatte – und die Tamwyn am ersten Tag ihrer Bekanntschaft unabsichtlich zerschlagen hatte. Doch auch ohne das Instrument hörte sie immer noch seine Musik, spürte immer noch seinen Zauber.
Nuic tippte ihr zart an die Wange. »Und vergiss nicht,diese Musik ist mehr als nur unterhaltend. Sie ist auch nützlich. Die Leute hier sagen nach dem, was sie in den Harfenländern hören, Wetterwechsel voraus. Nicht besonders genau, aber besser als ein Oger-Hühnerauge ist es auf jeden Fall.«
Elli horchte noch einen Moment, dann sagte sie: »Die Musik ist mehr als nur Klang, nicht wahr? Sie ist zugleich Gefühl. Schicht um Schicht Gefühl.«
Nuic horchte ebenfalls, bevor er sagte: »Einige Sylphen haben die Harfen untersucht und festgestellt, dass diese Saiten nicht nur auf den Wind reagieren. Sie können auch die Gefühle von Leuten in der Nähe aufnehmen – Zorn, Liebe, Angst und Ähnliches. Hmmmpff, ich glaube es nicht, aber sie behaupten, dass es manchmal sogar möglich ist, Veränderungen im allgemeinen Gleichgewicht der Dinge zu ahnen. Drohende Gefahr zum Beispiel.«
Noch während er sprach, wurde die Musik ein klein wenig lauter.
Elli hielt den Atem an. Sie machte einen großen Schritt rückwärts auf der wolkigen Anhöhe und überraschte damit Nuic so sehr, dass er fast von ihrer Schulter fiel. Seth beobachtete es ruhig und schweigend.
»Da!«, rief Elli und deutete auf eine riesige, dunkle Gestalt, die sich am Horizont zeigte. »Schau da!«
Die große Gestalt stieg höher und stach durch die umgebenden Wolken. Ein Kopf! Er drehte sich langsam zu ihnen, während ein gewaltiges Maul mit Hunderten glänzender Zähne aufgerissen wurde. Die Edelsteine in seiner mächtigen Krone blitzten, allerdings nicht so hell wie seine zornigengrünen Augen. Zwei Ohren richteten sich auf, enorme Ohrringe aus Perlen und Tang baumelten daran.
»Hargol!«, schrie Elli. »Er ist hier.«
»Moment mal, Elliryanna«, sagte Nuic. »Glaubst du, ein Wasserdrache, der schwimmen, aber nicht fliegen kann, käme sehr weit in Luftwurzel?«
»Aber
. . .
«, sie starrte auf den gigantischen Kopf. »Was ist das?«
»Die Schleier der Illusion«, antwortete der Maryth kühl. »Wolken mit einer verstörenden eigenen Magie. Sie können die Form von Ängsten annehmen, die der Wind herweht.«
Elli schüttelte den Kopf und wirbelte dabei Nebelfetzen auf, die sich in ihren Locken niedergelassen hatten. »Lass uns lieber weggehen, einverstanden?«
»Das können wir machen«, erklärte Nuic. »Aber wenn wir uns an deinen Plan halten – zu dieser Pforte im oberen Luftwurzel gehen und dann nach Schattenwurzel wegen des verdorbenen Kristalls –, werden wir durch einige andere gefährliche Gegenden gehen müssen. Sehr gefährliche.«
Seth, der direkt hinter ihnen stand, grinste bösartig.
Die Musik aus den Harfenländern wurde lauter. Und auch ein wenig misstönend, als ob einige Saiten gerissen wären.
Langsam straffte Seth die gekrümmten Schultern. Seine kleinen Glocken bimmelten, während die fernen Harfen disharmonisch quietschten. »Was mich angeht«, erklärte er, »so ziehe ich
diesen
gefährlichen Ort vor.«
Von seinem plötzlich gehässigen Ton aufgeschreckt, fuhr Elli zu ihm herum. »Was willst du damit sagen?«
»Das.« Der Spaßmacher drückte den verborgenen Knopf an seinem Stock. Sofort fuhr die glänzende Dolchklinge aus der Spitze. Schneller als Ellis Augen
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