Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
sich gab. Schließlich hörten die Krämpfe auf, aber nicht die Schmerzwellen, die ihm durch den Körper jagten.
Er schluckte mehrfach Luft, hustete wieder und atmete erneut ein wenig. Er war zwar halb ertrunken, aber lebendig. Wo befand er sich?
In seinem Kopf drehte sich alles, als er sich aufrichtete und auf einen Ellbogen stützte. Es dauerte ihm viel zu lange, bis sich seine Augen auf etwas konzentrieren konnten. Dann hob er trotz der scharfen Schmerzen in den Rippen und im Hals den Kopf gerade genug, um seine Umgebung zu betrachten.
Er war auf einem weiteren Sims neben einem aufwärts strömenden Wasserfall gelandet. Wie das Sims, auf dem er seinen Anstieg begonnen hatte, war es mit smaragdgrünem Moos und flachen Wasserpfützen bedeckt – ein paardavon hatte wahrscheinlich er ausgespuckt. Durch den Dunst- und Tropfenvorhang sah er die Zwillingskaskaden von Wasser und Licht, die eine drehte sich aufwärts, die andere abwärts. Die steigenden Wasser trommelten unaufhörlich – genau wie die Schmerzen in seinem Kopf.
Er schloss die Augen und versuchte, den Schwindel zu vertreiben. Dann fielen ihm die Worte aus dem Brief von Krystallus ein, etwas über die Aussicht von Merlins Astloch – dass sie
fast so verwirrend war wie die Reise
. Nun, er konnte sich nichts Verwirrenderes vorstellen als den Fall, den er gerade hinter sich hatte. War es möglich, dass er seinen Weg näher zum Astloch gefunden hatte?
Schwach nickte er. Vielleicht – mit Hilfe dieses verrückten Hoolahs, der das Hirn eines kopflosen Trolls hatte.
Er öffnete wieder die Augen.
Warte, bis ich dich in die Hände bekomme!
Aber Henni war nirgendwo auf dem Sims. Überhaupt nirgends. Weil er kleiner und leichter war als Tamwyn, hatte ihn der aufsteigende Wasserfall vielleicht höher getragen.
Dann traf ihn mit einem Schlag eine zweite Erkenntnis. Mit einem Blick auf seine Tasche wollte er herausfinden, wie es Flederwisch ging, und sah, dass ein großes Stück aus seiner Tunika herausgerissen war. Die Kaskade hatte viel Tuch mitgenommen – und seinen schrulligen grünäugigen Freund.
Flederwisch!
Tamwyn schüttelte den tropfnassen Kopf.
Ich bin an allem schuld. Ich hätte dich nie auf diese gefährliche Reise mitnehmen sollen. Armer kleiner Kerl . . . Ich hatte dich gerade
erst kennen gelernt. Und noch nicht einmal herausbekommen, wer du wirklich bist.
Fort! Beide. Tamwyn ließ einen langen Moment den Kopf hängen.
Schließlich hob er ihn wieder. »Bei den krummen Zähnen von Babd Catha«, fluchte er mit einer Stimme, die vom Wassertosen gedämpft wurde. »Henni würde ich gerade noch einmal töten, wenn ich könnte.«
Er setzte sich auf und unterzog sich einer genaueren Prüfung. Vorsichtig bewegte er Arme, Beine und Hals. Sie waren zwar steif und schmerzten, aber nichts schien gebrochen. Und er hatte immer noch sein Bündel, seine Wasserflasche und auch den Stock.
Sein Verstand waren ebenfalls nicht fortgespült worden.
Doch davon abgesehen war er jetzt allein.
Völlig allein.
Nur wo? Er wusste, dass er irgendwo innerhalb des weitläufigen Baumstamms war, viel höher als das Niveau jenes Tunnels mit dem geheimnisvollen farbigen Wandbild. Doch sonst wusste er nichts. Er fühlte sich verlorener als je zuvor. Wieder wünschte er sich eine Art Kompass, der ihm helfen könnte festzustellen, wo er war – und wie er zum Astloch kam.
Und danach zu den Sternen. Zu den Sternen, die Rhita Gawr verdunkelt hatte – das würde bald diese seltsamen, bösen Schatten hervorbringen.
Langsam kam er auf die Füße. Dann stand er unsicher schwankend da, bis ihm einfiel, den Stab herauszuziehen. Eine Zeit lang starrte er nur den gewundenen Wasserfallan, der ihn hierher gebracht hatte. Dann drehte er sich um und erkannte, dass dieses Sims zu einem weiteren Tunnel führte. Den musste er erkunden.
Alles tat ihm weh, als er sich in Bewegung setzte. Wie der tiefere Tunnel führte auch dieser waagrecht weiter. Als Tamwyn ihn betreten hatte, verblassten die Moosvorhänge an den Wänden bald, das raue braune Holz darunter wurde sichtbar. Überall waren fasrige Windungen und Knoten, manche standen hervor wie rau behauene Kristalle, die in sich geschraubt waren, manchmal wellten sie sich wie Holzwogen. Tamwyn ging tiefer in den Tunnel, seine Schritte wurden vom
Klack Klack
seines Stabs begleitet.
Plötzlich hörte er einen langen, gequälten Schrei. Nie zuvor hatte er eine solche Stimme gehört, aber sofort wusste er, dass sie von einem Geschöpf am Rand
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