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Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme

Titel: Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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Und dann ging er los, seine langsamen Schritte schlurften über die zerbrochenen Fliesen der Bücherei.
    »Der Ausgang ist nah«, warnte er. »Dann erinnert euch an die Stufen bis zur Straße hinunter. Vertraut nach Kräften auf eure Sinne, dann wird das nicht so schwierig sein.«
    »Meine Sinne?«, stammelte Elli, während sie zögernd hinter ihm ging. »Ich habe jetzt keine Sinne.«
    »Oh, die hast du schon, junge Frau. Vertrau ihnen und sie werden stärker.«
    Sie schnaubte ungläubig und schüttelte ihre Lockenmähne.
    Nur an der andersartigen Struktur unter den Füßen erkannte sie, dass sie durch den Ausgang kamen. Dann schlichen sie die Steinstufen der Bibliothek hinunter. Elli befühlte jede Kante mit den Zehen, bevor sie hinunterging. Nun führte Grikkolo sie durch das Straßenlabyrinth inder zerstörten Stadt des Lichts. Die Biegungen kamen so schnell, dass Elli sie bald nicht mehr zählte und sich nur fest an Grikkolos Gürtel klammerte. Bis auf das gelegentliche Knirschen von Knochen hörte sie beim Gehen keinen Laut aus der Verwüstung, die sie umgab.
    Schließlich nahm sie eine Art Verhärtung in der Finsternis vor sich wahr. Die Stadtmauer! Durch einen Spalt gingen sie hinaus – doch nicht bevor Elli über den Steinbrocken einer umgefallenen Säule stolperte. Sie verlor fast den Halt und Nuic hatte Glück, dass er auf ihrem Arm blieb. Sie ließ den Gürtel los.
    Panik stieg in ihr auf. Die Dunkelheit bedrängte sie von allen Seiten.
    Doch kaum hatte sie heftig nach Luft geschnappt, da gab ihr Grikkolo wieder den Stoffstreifen in die Hand. Er sagte nichts, tätschelte nur sanft ihr Handgelenk. Sie spürte durch einen Sinn, der nichts mit Sicht oder Gehör zu tun hatte, dass er fast so erleichtert war wie sie.
    Weiter gingen sie, jetzt auf dem vertrauten struppigen Moos, das so stark nach Minze roch. Einen langen, allmählich bergan führenden Weg stiegen sie hinauf, wobei sie ab und zu stehen blieben, damit der alte Elf Atem holen konnte. In diesen Momenten bückte sich Elli und pflückte eine Handvoll Moos, genug zum Kauen für sich und Nuic.
    Als der Hang in eine Ebene überging, hörte sie das unverkennbare Plätschern eines Bachs. Wie ein unsichtbarer Faden im Stoff der Dunkelheit floss er die Hügelseite hinab. Grikkolo führte sie zu einem flachen Felsen, den sie unter sich nur fühlen konnten. Hier knieten sie sich neben denBach und tranken, während sie hörten, wie das Wasser ständig rauschte und gurgelte.
    Dann gingen sie weiter. Das Gelände stieg an und senkte sich in wiederholten Wellen, während der Boden fester und härter wurde. Bald war das Moos ganz verschwunden und die Beine der Wanderer streiften an Pflanzen mit faserigen Blättern. Elli versuchte sich vorzustellen, wie diese Pflanzen aussahen und welche Blattformen sie haben mochten. Schließlich gab sie es auf und beschloss, sie einfach für Farn zu halten – vor allem, weil ihr nichts Besseres einfiel.
    Zu ihrer eigenen Überraschung schritt sie bald zuversichtlicher aus. Obwohl sie immer noch Grikkolos Gürtel hielt, packte sie ihn nicht mehr so fest wie zuvor. Die Finsternis erschien ihr weniger bedrückend. Und sie stellte fest, dass sie mehr Geräusche hörte – das ferne Flattern von Vogelflügeln, das Piepsen eines winzigen Froschs, das leise Nagen der Raupen an den Blättern bei ihren Knöcheln.
    Im Weiterwandern atmete sie ruhiger und regelmäßiger. Ihre Sinne wurden langsam empfindsamer, genau wie Grikkolo es vorausgesagt hatte. Jetzt fühlte sie sich weniger wie eine Erblindete, eher war ihr, als könne sie weit in alle Richtungen hören und riechen. Ihr Geruchssinn glich einem Heer von luftigen Händen, die überallhin griffen, nach einem Hauch von Heidelbeeren oder dem Duft von rauchigem Zimt, dem Geruch einer abgeworfenen Schlangenhaut oder einem Aroma von etwas, das fast so würzig wie Hagebutten war.
    Diese Art zu gehen, stellte sie fest, war eine Form von Meditation. Wie damals auf dem Drumanergelände, als siesich zwischen den Säulen des großen Tempels versteckt hatte und sich den sieben konzentrischen Kreisen und den sieben heiligen Elementen öffnete, die sie darstellten, so öffnete sie sich jetzt den Mysterien dieses Landes.
    Horch, wie in der Früh die Schöpfung ringsumher erwacht
, so begann der wunderbare Segen von Rhia.
    War es möglich, fragte sich Elli, dass selbst ein Land der Finsternis eine Art Morgen kannte? Ein Erwachen, das überhaupt nichts mit der Wiederkehr des Lichts zu tun hatte?

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