Der Zauberer von Linn
war, hatten sich Gerüchte erhoben, das alles wäre nicht geschehen, wenn der Mutant nicht von seiner Familie unterstützt worden wäre. Die Bestrebungen besonders jener Patrone, die den jungen Calaj zum Lordführer erwählt hatten, gingen dahin, alle Gesetze, die Clane in der Regierungszeit Jerrins erwirkt hatte, für null und nichtig zu erklären. Die Bevölkerung hatte sich in zwei Lager gespalten, und so tobten Unruhen durch die Straßen Linns.
Aufgestört durch die Uneinigkeit des Volks planten die Freunde Clanes, diesen noch vor der Ankunft Calajs zum Lordführer zu erheben. Er müsse, so entschieden sie, noch vor der offiziellen Amtseinführung des jungen Thronfolgers handeln.
Clane hatte von all diesen Vorkommnissen nur ungenaue Meldungen erhalten, doch sie veranlaßten ihn zu seiner nächtlichen Reise nach Linn. Ein Staatsstreich war geplant, und er mußte ihn unter allen Umständen verhindern.
Die heimliche Versammlung tagte im Palast des Patrons Saronatt. Clane versuchte, seinen Freunden klarzumachen, daß seine Machtergreifung zu diesem Zeitpunkt sehr unklug wäre. Seine Aufgabe wäre es, das Reich vor den äußeren Feinden zu schützen und somit vor dem Untergang zu retten.
Sie antworteten ihm heftig und mit schweren Vorwürfen. Er hätte die Pflicht, die Regierung zu übernehmen, denn nur als Lordführer könne er das Reich schützen und erhalten. Es waren fast die gleichen Argumente, die auch Czinczar hervorgebracht hatte.
Es war bereits drei Uhr morgens, als sich einer der Patrone erhob und sagte:
»Ich wurde aufgefordert, mich der Gruppe Lilidels anzuschließen. Ich werde dieses Angebot nun annehmen. Clane ist ein Feigling und überläßt uns der schwachen Hand eines Knaben.«
Das war der Beginn. Die Ratten verließen das sinkende Schiff. Als Clane endlich um vier Uhr zu sprechen begann, war die Versammlung auf eine Handvoll Männer zusammengeschrumpft. Die meisten von ihnen waren Offiziere, Veteranen, die mit ihm gegen Czinczar gekämpft hatten. Knapp und sachlich machte er ihnen klar, wie der bevorstehende Angriff der Riss seiner Meinung nach ablaufen werde, allerdings ohne ihnen seinen eigenen Plan zu verraten.
»Unsere Gegner auf der Erde«, schloß er, »sind sich nicht bewußt, was sie anstellen, wenn sie einen Knaben zum Lordführer ernennen, der nur nach seinem Gefühl handelt und kein Urteilsvermögen besitzt. Trotzdem bleibt uns keine andere Wahl, als Calaj anzuerkennen. Es liegt bei uns allen, ihn in seinen Entschlüssen in unserem Sinne zu beeinflussen. Damit haben wir eine Macht in den Händen, obwohl wir Herr unserer eigenen Angelegenheiten bleiben. Überlegt euch das einmal in aller Ruhe.«
In Gedanken versunken begab er sich zu seiner eigenen Residenz. Er war müde, und schwere Sorgen bedrückten ihn. Als er sein Schlafgemach aufsuchen wollte, entsann er sich des Mädchens, das gefangengenommen worden war. Er gab seinem Adjutanten den Befehl, Madelina Corgay zu ihm bringen zu lassen.
Sie betrat den Raum erhobenen Hauptes und stieß die Soldaten verächtlich zur Seite, die sie wie eine Gefangene vorführen wollten. Im Schein der Öllampe sah sie älter aus als im ungewissen Licht der Fackeln. Sie mochte zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre zählen. Ihre Schönheit war beeindruckend, ihre Züge verrieten festen Willen und Intelligenz. Sie war es auch, die zuerst sprach.
»Wenn Sie glauben, Lord Clane, ich sei nur eine ganz gewöhnliche Attentäterin, so irren Sie sich.«
Clane verbeugte sich ironisch.
»Ich bin sogar sicher, daß alle Attentäter als ungewöhnlich zu bezeichnen sind.«
»Ich habe nur auf Sie geschossen, um Ihre Aufmerksamkeit zu erregen.«
Der Pfeil war kaum eine Handbreit über seinen Kopf hinweggeflogen – für einen geübten Schützen ein erbärmlicher Schuß. Blieb nur die Frage, wie geübt sie war?
»Ich bin Mitglied des Bogenschützenklubs«, fuhr sie fort. »Bei den letzten Wettbewerben wurde ich Sieger. Ich hoffe, Sie glauben mir, daß ich Sie hätte töten können, wenn ich es gewollt hätte.«
»Gab es denn keine andere Möglichkeit, meine Aufmerksamkeit zu erregen?« fragte Clane sarkastisch.
»Nicht dann, wenn die Wirkung nachhaltig sein sollte.«
»Ich fürchte, das geht über mein Begriffsvermögen«, sagte er. »Und ich fürchte auch, daß wir eine etwas orthodoxere Methode des Verhörs anwenden müssen. Also, warum wollten Sie meine Aufmerksamkeit auf sich lenken?«
»Ich möchte Sie heiraten, Lord Clane.«
Clane, der bisher
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