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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bibliothekar bedachte ihn mit jener Art von Blick, die man von einem klugen Professor erwartet, der eine Brille mit halbmondförmigen Gläsern trägt. Wortlos griff er nach einem anderen verletzten Buch.
    »Ich meine, du weißt doch, daß meine magischen Fähigkeiten, äh, eher beschränkt sind.«
    »Uff.«
    »Die kreative Magie, die sich derzeit ausbreitet… Sie ist schrecklich. Ich meine, es handelt sich um pure okkulte Energie, und sie stammt aus dem Morgengrauen der Zeit. Oder vom Frühstückstisch des Universums.«
    »Uff.«
    »Letztendlich wird sie alles zerstören, nicht wahr?«
    »Uff.«
    »Es ist dringend notwendig, daß jemand die Macht der kreativen Magie bricht, stimmt’s?«
    »Uff.«
    »Nun, ich komme dafür nicht in Frage. Auf dem Weg hierher dachte ich zunächst, vielleicht ließe sich irgend etwas ausrichten. Aber der Turm! Er ist so groß! So hoch! Und ganz offensichtlich hat man ihn vor allen thaumaturgischen Angriffen geschützt! Wenn nicht einmal wahrhaft mächtige Zauberer imstande sind, die magischen Schilde zu durchdringen, habe ich sicher nicht die geringste Chance.«
    »Uff«, pflichtete ihm der Bibliothekar bei und nähte einen zerrissenen Buchrücken.
»Deshalb schlage ich vor, daß diesmal jemand anders die Welt rettet. Für so etwas eigne ich mich nicht besonders.«
Der Affe nickte, streckte den Arm aus und nahm Rincewind den Hut vom Kopf.
»He!«
Der Bibliothekar schenkte ihm keine Beachtung und griff nach einer Schere.
»Hör mal, das ist mein Hut, und wenn du so freundlich wärst… Wag es bloß nicht, meinen Hut zu zerschneiden…«
    Rincewind sprang vor, und einen Sekundenbruchteil später traf ihn eine ledrige Hand am Kopf. Der Schlag hätte ihn sicher überrascht, wenn er in der Lage gewesen wäre, darüber nachzudenken. Für gewöhnlich bewegte sich der Bibliothekar wie ein gutmütiger, mit Wasser gefüllter Ballon, aber unter dem einige Nummern zu großen Gewand der Haut erstreckte sich ein außerordentlich stabiles Gerüst aus festen Knochen und dicken Muskeln. Anders ausgedrückt: Der Orang-Utan war kräftig genug, um eine schwielige Faust durch massive Eichenplatten zu rammen, und wer sich auf ihn stürzte, gewann den Eindruck, an harten Stahl zu prallen.
    Wuffel sprang umher und bellte aufgeregt.
    Rincewind schrie einen heiseren, unübersetzbaren Fluch, taumelte an der Wand entlang, schloß die Hände um einen Stein, hob ihn wie eine Keule – und verharrte.
    Der Bibliothekar hockte einige Meter vor ihm, und die Schere deutete drohend auf den Hut.
Er sah den Zauberer an und lächelte.
    Einige Sekunden lang rührten sich die beiden Kontrahenten nicht von der Stelle. Dann warf der Affe die Schere beiseite, strich imaginären Staub fort, rückte die Spitze zurecht und setzte den Hut auf Rincewinds Kopf.
    Es dauerte eine Weile, bis der Zauberer verblüfft feststellte, daß er noch immer einen langen, schweren Stein umklammert hielt. Es gelang ihm, den granitenen Knüppel an die Wand zu legen, bevor sich das Ding an die Gesetze der Schwerkraft erinnern und ihm auf den Fuß fallen konnte.
    »Ich verstehe«, sagte Rincewind, sank an die Mauer zurück und rieb sich die Ellenbogen. »Vermutlich soll ich mich jetzt zu irgendeiner Erkenntnis durchringen, nicht wahr? Eine moralische Lektion: Man konfrontiere Rincewind mit seinem wahren Selbst; man zeige ihm, daß er wirklich bereit ist, für etwas zu kämpfen. Habe ich recht? Nun, es war ein verdammt billiger Trick. Vielleicht interessiert es dich zu erfahren, was ich von dieser Sache halte. Wenn du glaubst, daß du damit durchkommst…« Entschlossen zog er an der Hutkrempe. »Wenn du glaubst, daß ich mich von so etwas überzeugen lasse. Dann hast du dich. Wenn du glaubst. Du solltest nicht zuviel glauben. Hör mal. Ich glaube. Und wenn du glaubst.«
    Er unterbrach sich, und seine Stimmbänder erröteten verlegen. Rincewind warf ihnen einen finsteren Blick zu und zuckte dann mit den Schultern.
    »Na schön. Aber wenn wir Heldentum und ähnlich fatale Dinge beiseite lassen… Was soll ausgerechnet ich gegen den kreativen Magus unternehmen?«
    Der Bibliothekar ruderte mit den Armen – ein Gestenäquivalent seines üblichen ›Uff‹ – und wies darauf hin, Rincewind sei ein Zauberer, auf dessen Kopf ein angemessener Hut ruhe. Außerdem stehe ihm nun ein Turm mit vielen magischen Büchern zur Verfügung. Mit anderen Worten: Er besaß alle Utensilien, die ein Magier brauchte. Der Affe, der kleine Terrier mit Mundgeruch und die in einem

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