Der Zauberhut
Einmachglas gefangene Eidechse waren optionale Extras.
Rincewind spürte einen leichten Druck an seinem Fuß. Wuffel schätzte die Lage falsch ein, schloß sein zahnloses Maul um den Stiefel des Zauberers und saugte kräftig.
Er hob den Hund am Nacken und jenem haarigen Etwas hoch, das hier in Ermangelung eines geeigneteren Ausdrucks als Schwanz bezeichnet werden soll. Einige Sekunden lang sah er skeptisch auf ihn hinab.
»Na gut«, sagte er schließlich und wandte sich an den Bibliothekar. »Erzähl mir jetzt, was hier geschehen ist.«
D ie Knarrigknurrberge boten einen weiten Blick über die kalte StoEbene, in deren Mitte Ankh-Morpork wie ein großer Haufen aus teilweise gesplitterten Murmeln wirkte. Noch vor wenigen Tagen hatte die Stadt den Eindruck erweckt, als habe man sie aus Schlamm, Dung und gewissen Müllresten errichtet (der Geruch bestätigte diese Vermutung), aber jetzt glitzerte sie. Die magische Schlacht tobte nach wie vor: Thaumaturgische Blindgänger und Querschläger sausten hin und her, bildeten eine weit gespannte Kuppel, unter der die Luft gerann. Seltsames Licht blitzte und flackerte.
Tausende von Flüchtlingen eilten über die Straßen, die aus der Stadt führten, und in jeder Schenke am Wegesrand herrschte dichtes Gedränge. Na ja, in fast jeder.
Sonderbarerweise schien sich niemand für die hübsche kleine Taverne zu interessieren, die unter einigen Bäumen stand und Reisenden nach Quirm Speis und Trank anbot. Die Flüchtlinge schreckten nicht etwa davor zurück, das Wirtshaus zu betreten. Nein, sie wanderten daran vorbei, weil sie es gar nicht bemerkten. Dafür gab es natürlich einen guten Grund, über den der Leser bald Aufschluß gewinnen wird.
Etwa eine halbe Meile entfernt flirrte die Luft. Drei Gestalten erschienen aus dem Nichts und fielen auf einige Lavendelbüsche herab. Sie blieben inmitten der duftenden Blätter liegen, und es dauerte eine Weile, bis sie sich von ihrer Überraschung erholten.
»Habt ihr eine Ahnung, wo wir jetzt sind?« fragte Krösus.
»Hier riecht es wie in einem Nachtschränkchen mit Unterwäsche«, stellte Conina fest.
»Meine ist es nicht«, erwiderte Nijel bestimmt.
Er richtete sich auf und fügte hinzu: »Hat irgend jemand die Lampe gesehen?«
»Vergiß sie«, sagte Conina. »Wahrscheinlich hat sie der Dschinn gegen einen Nachtklub eingetauscht.«
Nijel kroch zwischen den Blüten umher und entdeckte einen kleinen Gegenstand aus Metall.
»Ich hab sie gefunden!«
»Reib sie bloß nicht!« platzte es gleichzeitig aus Conina und Krösus heraus. Ihre Warnung kam natürlich zu spät, aber das spielte eigentlich gar keine Rolle. Es entstand nicht etwa die erwartete Tür im Boden; statt dessen formten sich einige Meter über dem Gras Buchstaben aus rosarotem Rauch.
»Hallo, Leute«, las Nijel laut vor. »Stellt die Lampe nicht ab, denn eure Nachricht ist mir sehr wichtig. Bitte hinterlaßt euren Wunsch nach dem Signal; ich werde ihn so rasch wie möglich erfüllen. Bis dahin… Gesegnete Ewigkeit.« Nijel fügte einen eigenen Kommentar hinzu: »Er hat uns ja darauf hingewiesen, die Lampenbranche sei sehr stressig. Wahrscheinlich ist er gerade irgendwo anders beschäftigt.«
Conina schwieg, starrte über die Ebene und beobachtete den magischen Sturm. Gelegentlich löste sich ein bunter Keil aus dem allgemeinen Wogen, raste davon und zielte vermutlich auf einen fernen Turm. Die junge Frau schauderte im warmen Sonnenschein.
»Wir müssen so schnell wie möglich zur Stadt«, sagte sie. »Es ist sehr wichtig.«
»Warum?« fragte Krösus. Ein Glas Wein hatte sein früheres unbekümmertes Wesen nicht wiederhergestellt.
Conina öffnete den Mund – und klappte ihn zu, ohne einen einzigen Ton hervorgebracht zu haben. Es gab keine Möglichkeit zu erklären, daß sie sich von ihren Genen angetrieben fühlte. Jedes einzelne Chromosom verlangte, sie solle sich in den Kampf stürzen. Die Trockenhauben in den Frisiersalons ihrer Hoffnungen verwandelten sich in lange Schwerter und stachelbesetzte Kugeln, die an rasselnden Ketten hingen.
In Nijel fand eine völlig andere emotionale Auseinandersetzung statt. Er ließ sich allein von der Flut seiner Phantasie leiten, aber sie genügte, um eine mittelgroße, kriegsmäßig ausgestattete Galeere zu tragen. Der junge Mann sah ebenfalls zur Stadt, und einmal mehr versuchte er, entschlossen das Kinn vorzuschieben. Es gelang ihm erstaunlich gut, trotz der Grübchen.
Krösus begriff plötzlich, daß man ihn überstimmt
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