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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schnürsenkeln.
    »–«, begann er und brach ab. Münze hielt noch immer eine Kugel, und in ihrem Innern… Der Quästor hatte den Eindruck, durch ein dickes Vergrößerungsglas oder den Boden einer Flasche zu sehen, als er den Großen Saal der Unsichtbaren Universität betrachtete.
    Der Junge richtete seinen Blick auf die Bäume und kniff nachdenklich die Augen zusammen, als er zu den fernen, schneebedeckten Bergen starrte. Schließlich wandte er sich an die sprachlosen Zauberer und nickte.
    »Wirklich nicht übel«, sagte er. »Hier könnte es mir gefallen.« Er vollführte eine komplizierte Geste, die alles umzustülpen schien.
    Einen Sekundenbruchteil später standen die Magier wieder im Saal, und in den Händen des Knaben ruhte die Kugel mit dem Wundervollen Garten. Schockierte Stille herrschte, als er sie Billias zurückgab und sagte: »Das war recht interessant. Nun, jetzt zeige ich dir meine Magie.«
    Er hob die Arme, musterte Billias – und ließ ihn einfach verschwinden.
    Bei solchen Gelegenheiten bricht häufig Chaos aus, und das geschah auch diesmal. Münze stand völlig ruhig und gelassen in dem allgemeinen Durcheinander, und vor ihm zerfaserte eine Wolke aus dichtem Rauch.
    Spelzdinkel ignorierte den Lärm, bückte sich langsam und hob vorsichtig eine Pfauenfeder auf. Tief in Gedanken versunken drehte er sie hin und her, sah zur Tür, beobachtete den Knaben und blickte auf den leeren Stuhl des Erzkanzlers. Schließlich seufzte er hoffnungsvoll, und ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen.

    E ine Stunde später, als in der Ferne Donner grollte und die weißen Wolken über der Stadt flohen, um ihren grauen und schwarzen Verwandten Platz zu machen, als Rincewind leise zu singen begann und alle Kakerlaken vergaß, als eine vielbeinige Matratze durch die Straßen von Ankh-Morpork wanderte… verließ Spelzdinkel das Arbeitszimmer des Erzkanzlers, schloß die Tür und setzte sich zu den anderen Zauberern.
    Es waren insgesamt sechs, und sie machten sich Sorgen.
    Sie machten sich solche Sorgen, daß sie Spelzdinkel zuhörten, obgleich er nur erst die fünfte magische Stufe erreicht hatte.
»Er ist zu Bett gegangen«, sagte er. »Und vorher hat er ein Glas warme Milch getrunken.«
    »Milch?« wiederholte einer der Thaumaturgen. In seiner Stimme erklang so etwas wie müdes Entsetzen.
»Kinder vertragen keinen Alkohol«, erklärte Spelzdinkel.
»O ja. Natürlich. Milch. Hat viele Vitamine, nicht wahr? Ist gut fürs Wachstum. Ich meine…«
Neben ihm hockte ein hohlwangiger Zauberer mit tief in den Höhlen liegenden Augen und fragte: »Hast du gesehen, was er mit der Tür im Großen Saal anstellte?«
    »Ich weiß, was er mit Billias gemacht hat!«
    » Was hat er mit ihm gemacht?«
    »Ich will es gar nicht wissen.«
    »Brüder, Brüder«, warf Spelzdinkel beschwichtigend ein. Er musterte die sorgenvollen Gesichter und dachte: zu viele Mahlzeiten; zu häufiges Warten darauf, daß die Diener den Nachmittagstee bringen; zu viele Stunden in muffigen Zimmern und in Gesellschaft von alten Büchern, die von Toten geschrieben wurden. Höchste Zeit für einige tiefgreifende Veränderungen in der Universität.
Für einen umfassenden Wandel, überlegte der Quästor und fand Gefallen an diesen Vorstellungen. Für eine Modifikation. Um nicht zu sagen: für eine magisch-politische Metamorphose.
Da keine weiteren geeigneten Fremdwörter in seinem mentalen Vokabular verzeichnet waren, brummte er:
»Ich frage mich, ob wir es tatsächlich mit einem, hm, Problem zu tun haben.«
Ernstlich Heiter von den Weisen des Unbekannten Schatten schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Beim kosmischen Gram!« entfuhr es ihm. »Irgendein Kind betritt mitten in der Nacht den Großen Saal, schlägt zwei der besten Zauberer in dieser Universität, nimmt auf dem Stuhl des Erzkanzlers Platz… Und du fragst dich, ob wir ein Problem haben? Der Junge ist ein Naturtalent! Was wir heute abend sahen, deutet darauf hin, daß es kein Magier auf der Scheibenwelt mit ihm aufnehmen kann.«
    »Warum sollte uns daran gelegen sein, es mit ihm aufzunehmen?« erwiderte der Quästor geduldig.
»Weil er mächtiger ist als wir!«
    »Ach?« Im Vergleich zu Spelzdinkels Stimme sah glattes Glas wie ein gepflügter Acker aus und gewann Honig die Qualität von grobem Kies.
»Es ist doch ganz logisch, daß…«
Ernstlich zögerte, und Spelzdinkel bedachte ihn mit einem aufmunternden Lächeln.
»Ähem.«
Der Räusperer war Marmaric Krempel, Oberhaupt der Hereinleger.

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