Der Zauberhut
Schwertern«, sagte Rincewind.
»Liebe Freunde, die Wächter schwingen ihre Schwerter nur, um in Übung zu bleiben. Greift zu.«
Er wandte sich an eins der Mädchen und schnippte mit den Fingern.
»Äh, vielleicht später«, murmelte Rincewind bestürzt. Aber die junge Frau griff nach einem Tablett mit goldbraunen Stäbchen und bot es ihm an. Er probierte eins und hob überrascht die Brauen. Das Ding war knusprig und schmeckte fast so süß wie Honig. Er nahm zwei weitere.
»Entschuldige bitte«, sagte Conina, »aber wer bist du? Und wo sind wir hier?«
»Ich bin Krösus, Serif von Al Khali«, erwiderte der Dicke. »Und dies ist meine Wildnis. Man gibt sich Mühe.«
Rincewind verschluckte sich fast.
»Doch nicht etwa der Krösus aus ›so reich wie Krösus‹?« fragte er.
»Wahrscheinlich meinst du meinen lieben Vater. Ich bin noch reicher. Tja, wenn man viel Geld hat, fällt es einem schwer, Schlichtheit zu erreichen. Man gibt sich Mühe.« Er seufzte.
»Vielleicht solltest du deine Besitztümer verschenken«, schlug Conina vor.
Der Serif seufzte erneut. »Das ist nicht so leicht, wie du glaubst. Man muß eben versuchen, mit viel wenig anzustreben.«
»Einen Augenblick«, warf Rincewind ein und spürte vertraute Verwirrung. Er schluckte eine klebrige Masse. »Es heißt, ich meine, man behauptet, eine Berührung von dir genüge, um irgendwelche Gegenstände in Gold zu verwandeln.«
»Wodurch der Aufenthalt im Klo mit einigen Schwierigkeiten verbunden wäre«, erklärte Conina heiter.
»Ha, man hört solche Geschichten über sich«, sagte Krösus und ignorierte die letzte Bemerkung taktvoll. »Wie langweilig. Als ob Geld – oder Gold – wichtig sei. Wahrer Reichtum liegt in den Schatzkammern der Literatur.«
»Der Krösus, von dem ich hörte, galt als Oberhaupt einer Bande, äh, heimtückischer Mörder«, verkündete Conina. »Er soll die Ersten Assassinen angeführt haben, die im mittwärtigen Klatsch einen denkbar schlechten Ruf genossen. Womit ich dir keineswegs zu nahe treten möchte.«
»O ja, mein lieber Vater«, entgegnete Krösus junior. »Die Haschischim. 14
Eine tolle Idee. Solange man sie auf die Theorie beschränkt. Was die praktische Umsetzung betrifft, kam es zu einigen Problemen. Deshalb nahmen wir Gemeine Heimtückische in unsere Dienste.«
»Ah«, machte Conina und nickte. »Vermutlich Angehörige einer religiösen Sekte.«
Krösus musterte sie einige Sekunden lang. »Nein«, sagte er langsam. »Das glaube ich eigentlich nicht. Wir nannten sie so, weil sie gemein und heimtückisch waren, sogar regelrecht hinterhältig.«
Er griff nach dem langen Pergament, das er beschrieben hatte. »Ich ziehe geistiges Leben vor, und aus diesem Grund habe ich das Stadtzentrum in eine Wildnis verwandeln lassen. Um in aller Ruhe nachzudenken und literarische Kunst zu schaffen. Man gibt sich Mühe. Darf ich euch mein neuestes Œuvre vorlesen?«
»Ein Ei?« fragte Rincewind, der allmählich die Übersicht verlor. Krösus streckte eine fleischige Hand aus und intonierte: »Ein sommerlicher Palast, errichtet im Nu, eine Flasche Wein, ein Laib Brot, geröstetes Lammfleisch mit Zucchini, gebackene Pfauenzungen, Krabben in Zuckerguß, eisgekühlter Fruchtsaft Gebäck vom Tablett, angeboten vom Du.
Oh, ich singe in prächtiger Wildnis, und die Wildnis ist eine…«
Krösus zögerte und nahm nachdenklich den Federkiel zur Hand. »Vielleicht ist Kuh doch nicht so geeignet, wie ich zunächst glaubte«, sagte er. »Ja, jetzt kommen mir erhebliche Zweifel…«
Rincewind beobachtete den sorgfältig gepflegten, geradezu manikürten Park, die vielen Statuen und Springbrunnen, die hohen Mauern. Eine der Dus winkte ihm zu.
»Dies ist eine Wildnis?« fragte er.
»Ich glaube, meine Landschaftsgestalter haben alle notwendigen Einzelheiten berücksichtigt. Sie brauchten eine Ewigkeit für die kleinen Kurven und Windungen der Bäche. Ja, wie ich aus für gewöhnlich gut unterrichteter Quelle erfuhr, zeichnen sich die Wasserläufe durch wilde Pracht und bemerkenswerte natürliche Schönheit aus.«
»Was ist mit Skorpionen?« erkundigte sich Rincewind und griff nach einem weiteren Honigstäbchen.
»Keine Ahnung«, sagte der Serif. »Um ganz ehrlich zu sein: Skorpione erscheinen mir nicht besonders poetisch. Ich halte mich an das Standardwerk ›Für Angehende Dichter‹ und ziehe Honig und Heuschrecken vor. Obgleich ich noch keinen rechten Geschmack für Insekten entwickelt habe.«
»Ich dachte immer, Bewohner der Wildnis
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