Der Zauberhut
Zoologe?«
»Ich weiß nicht genau, Benado«, erwiderte der Magier zerknirscht. »Vielleicht in der Kla… in der Klasch… in der Klaschifi…«
»Sei still.«
»Ja, Benado.«
»Du kannst einem wirklich auf die Nerven gehen, Zwerg«, stellte Benimmdich fest.
Er drehte sich um. »Ich bin völlig ruhig«, sagte er, und seine Stimme war so glatt wie ein Sägeblatt. »Mein Kopf ist so kühl wie ein haarloses Mammut. Alle Gefühle sind unter Kontrolle. Die Herrschaft des Intellekts ist unbestritten. Wer von euch hat auf meinem Gesicht gesessen? Nein, ich darf nicht wütend werden. Ich bin nicht zornig. Ich denke positiv. Der Verstand arbeitet wieder einwandfrei – möchte mir irgend jemand widersprechen?«
»Nein, Benado«, antworteten die Zauberer wie aus einem Mund. »Dann holt ein Dutzend Ölfässer und soviel Anzündholz, wie ihr finden könnt! Der Schimpanse soll braten!«
Hoch oben im Gebälk der Bibliothek, Heimat von Eulen, Fledermäusen und anderen Geschöpfen, erklang ein leises Klirren. Möglichst behutsam schufen hornige Hände eine Öffnung in der gläsernen Kuppel.
» S ie wirken nicht sehr beeindruckt«, sagte Nijel beleidigt.
»Nun, wie soll ich das erklären?« erwiderte Rincewind. »Auf der Liste Aller Großen Kampfschreie steht ›Äh, entschuldigt bitte‹ nicht gerade an erster Stelle.«
Er trat zur Seite. »Ich gehöre nicht zu ihm«, wandte er sich ernst an einen grinsenden Wächter. »Ich bin ihm nur zufällig begegnet. In einer Schlangengrube.« Er lachte nervös. »So etwas passiert mir dauernd.«
Die Soldaten beachteten ihn überhaupt nicht.
»Ähem«, sagte er.
Und wartete.
»Na schön«, seufzte er und kehrte zu Nijel zurück.
»Kannst du gut mit dem Schwert umgehen?«
Der junge Mann behielt weiterhin die Wächter im Auge, als er in die lederne Tasche griff, ein Buch hervorholte und es Rincewind reichte. »Ich habe mich gründlich mit dem dritten Kapitel beschäftigt«, sagte er. »Es hat viele Illustrationen.«
Rincewind blätterte besonders vorsichtig, weil er fürchtete, der kleine Band könne endgültig aus dem Leim gehen. Er wirkte so abgenutzt, daß er sich fragte, was ihn überhaupt noch zusammenhielt. Vielleicht eine ganz spezielle Magie. Eine Seite – wahrscheinlich gehörte sie ganz nach vorn – zeigte die nicht sehr künstlerische Darstellung eines überaus muskulösen Mannes. Seine Arme ähnelten mit dicken Bällen gefüllten Säcken, und er stand knietief in üppigen Frauen und erschlagenen Feinden. Das Gesicht zeigte ein zufriedenes Lächeln.
Eine Sprechblase verkündete: In nur sieben Thagen mache ich dich zu ainem barbarischigen Hälden! Unter dem Bild, in kleineren Lettern, stand der Name des Autors: Cohen der Barbar. Rincewind bezweifelte, ob diese Angabe stimmte. Er hatte Cohen kennengelernt und wußte daher, daß er einigermaßen lesen konnte, aber die Schreibkenntnisse des alten Knaben ließen sehr zu wünschen übrig: Für gewöhnlich unterzeichnete er mit einem krakeligen ›X‹, in das sich auch noch Orthographiefehler einschlichen. Andererseits… Wenn es um Geld ging, war Coninas Vater außerordentlich lernfähig.
Rincewind betrachtete die Illustration und richtete seinen Blick dann wieder auf Nijel.
»Sieben Tage?« murmelte er.
»Nun, ich lese nicht besonders schnell.«
»Ah«, sagte Rincewind.
»Das sechste Kapitel habe ich übersprungen, weil ich meiner Mutter versprach, mich mit dem Rauben und Plündern zu begnügen, bis ich das richtige Mädchen finde.«
»Dieses Buch schildert also, wie man zum Helden wird?«
»O ja. Es ist sehr gut.« Nijel musterte den Zauberer besorgt. »Daran gibt es doch nichts auszusetzen, oder? Es hat viel Geld gekostet.«
»Nun, äh. Ich schlage vor, du setzt deine erworbenen Kenntnisse jetzt in die Tat um.«
Nijel straffte etwas, das hier in Ermangelung eines besseren Ausdrucks ›Schultern‹ genannt werden soll. Er wandte sich den Soldaten zu, schwang sein Schwert und hatte Mühe, es festzuhalten.
»Ich rate euch, auf der Hut zu sein«, sagte er. »Laßt eure Waffen fallen, oder…« Nijel zögerte. »Einen Augenblick, bitte«, fügte er freundlich hinzu, nahm Rincewind das Buch aus der Hand, blätterte und fand die gesuchte Stelle. »Oder ›der frostige Wind des Schicksals streicht über eure bleichen Gerippe, und die Legionen der Hölle werden eure elenden Seelen in Salzsäure baden‹. Na, wie gefällt euch das, ihr… ihr…« – erneut knisterte zerfranstes Papier –, »… ihr
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