Der Zauberhut
fertig, zwei Kilo Schmutz in die gute Stube zu tragen.
Die Liste ließe sich fortsetzen.
»Darum geht es ja gerade! Was ist mit dem magischen Krieg?«
Mörtelstaub rieselte von der hohen Decke herab und traf Rincewinds Hut.
»Irgend etwas wirkt sich auf die Steine aus«, sagte der Zauberer leise. »Sie versuchen, sich aus den Wänden zu lösen.«
»Hier gibt es jede Menge davon«, bemerkte Krösus. »Und die meisten befinden sich über uns.«
Oben knirschte etwas, und helles Tageslicht schimmerte zu ihnen herab. Rincewind hob erstaunt die Brauen, als er nicht sofort unter unbarmherzigem Granit zermalmt wurde. Ein dumpfes Knacken folgte, und das Loch in der Decke vergrößerte sich. Die Steine lösten sich wirklich aus den Mauern, aber sie fielen nach oben.
»Vielleicht sollten wir jetzt den Teppich ausprobieren«, schlug Rincewind zaghaft vor.
Die Wand neben ihm schüttelte sich wie ein nasser Hund und glitt auseinander. Einzelne Brocken trafen den Zauberer an Armen und Schultern, als sie emporsausten.
Vier Personen sprangen auf den blau und goldfarben gemusterten Teppich, während das Gestein beschloß, die Flucht zu ergreifen. »Wir müssen die Kammer so schnell wie möglich verlassen«, sagte Nijel und bewies einmal mehr erstaunlichen Scharfsinn.
»Einen Augenblick«, warf Rincewind ein. »Ich versuche, den Teppich…«
»Du wirst überhaupt nichts versuchen«, unterbrach ihn Conina. »Das übernehme ich. Was deine Fähigkeiten betrifft, sind zumindest einige Zweifel angebracht.«
»Aber du…«
»Sei still«, zischte Conina. Behutsam strich sie über den Teppich. »Steig auf.«
»Ich soll aufsteigen?« fragte Rincewind verwundert.
Die junge Frau rollte mit den Augen. »Ich meine den Teppich.«
»Offenbar hat er dich nicht gehört.«
»Hoch mit dir.«
»Äh…«, begann Rincewind.
Conina bedachte ihn mit einem finsteren Blick.
Eine Zeitlang herrschte Stille.
»Vielleicht versteht er unsere Sprache nicht«, sagte Nijel.
»Schweb empor. Flieg. Zur Decke.«
»Möglicherweise reagiert er nur auf eine besondere Stimme… «,
überlegte Rincewind laut.
»Auf deine bestimmt nicht.«
»Versuch es mit ›schweben‹ oder ›segeln‹«, murmelte Nijel. »Oder mit ›gleiten‹«, fügte Krösus hinzu. Eine mehrere Tonnen schwere Steinplatte raste zur Decke und verfehlte den Serif nur um Haaresbreite.
»Wenn das die richtigen Befehle sind, hätte sich der Teppich längst bewegt, nicht wahr?« erwiderte Conina. Die Staubwolken wurden immer dichter, als fliehende Steine übereinanderschabten und Mörtel abschüttelten. Conina erhob sich und sprang auf dem Teppich hin und her.
»Flieg endlich, du verdammtes Mistding! Arrgh!«
Ein Karniessplitter traf sie an der Schulter. Zornig rieb sie sich die schmerzende Stelle und sah Rincewind an. Er saß mit bis zum Kinn angezogenen Knien da und trachtete danach, sich unter seinem Hut zu verstecken.
»Warum gehorcht der Teppich nicht?« fragte Conina.
»Weil du die falschen Worte an ihn richtest«, entgegnete er. »Muß man ihm die Anweisungen in einer anderen Sprache erteilen?«
»Sprachen spielen überhaupt keine Rolle. Du hast einen wichtigen Punkt übersehen.«
»Nun?«
»Nun was?« brummte Rincewind.
»Hör mal, dies ist wohl kaum der geeignete Zeitpunkt, um auf deiner Würde zu bestehen.«
»Wie du meinst. Versuch ruhig, den Teppich zu steuern. Achte überhaupt nicht auf mich.«
»Sorg dafür, daß er fliegt!«
Rincewind zog sich den Hut tiefer in die Stirn.
»Bitte?« fügte Conina hinzu.
Der Hut neigte sich ein wenig zur Seite.
»Wenn du uns nicht hilfst, sitzen wir ganz schön in der Tinte«, sagte Nijel.
»Hört, hört«, bestätigte Krösus.
Der Hut rutschte nach hinten. »Seid ihr sicher?« fragte Rincewind. »Ja!«
Rincewind räusperte sich.
»Nach unten«, befahl er.
Der Teppich hob ab und wartete einen halben Meter über dem Boden. »Wie…«, begann Conina, aber Nijel kam ihr zuvor.
»Sicher liegt es daran, daß Zauberer über okkulte Kenntnisse verfügen«, erklärte er. »Wahrscheinlich ist es ein… ein bokkiger Teppich: Wenn man irgend etwas von ihm verlangt, macht er genau das Gegenteil. Kannst du ihn noch weiter aufsteigen lassen?«
»Ja, aber darauf möchte ich lieber verzichten«, sagte Rincewind. Der Teppich glitt langsam zur Seite, und wie es unter solchen Umständen geschieht, traf ein großer Stein genau die Stelle, wo er eben noch gelegen hatte.
Einige Sekunden später flog er durch die Deckenöffnung und trug seine Passagiere
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