Der Zauberhut
oberen Vorsprung ansehen«, sagte sie. »Falte die Hände, und hilf mir hoch. Wie gelingt es dir nur, so unnütz zu sein?«
»Oh, wenn ich mich nützlich mache, gerate ich dauernd in Schwierigkeiten«, erwiderte Rincewind und versuchte, die warme Haut dicht vor seinem Gesicht zu ignorieren.
Er hörte ein leises Schaben oberhalb der Tür.
»Dachte ich’s mir doch«, sagte Conina nach einer Weile.
»Was hast du gefunden? Teuflisch zugespitzte Speere, die jeden Augenblick herabfallen können?«
»Nein.«
»Ein mit stählernen Stacheln versehenes Gitter, das Eindringlinge aufspießen soll?«
»Hier steht ein Eimer«, sagte Conina schlicht und klopfte an den Behälter.
»Gefüllt mit siedendem Öl oder brodelnder Säure?«
»Nein, mit getrockneter Tünche.« Conina sprang zu Boden. »Typisch für meinen Großvater«, brummte Krösus. »Er war ständig zum Scherzen aufgelegt.«
»Nun, mir reicht’s jetzt«, sagte Conina fest und deutete zum anderen Ende des Tunnels. »Kommt mit.«
Sie hatten die Passage fast durchquert, als Rincewind eine Bewegung über sich spürte. Conina gab ihm einen Stoß und schob ihn in eine Kammer. Der Zauberer verlor das Gleichgewicht, fiel und rollte sich ab. Irgend etwas streifte seinen Fuß, und gleichzeitig erklang ein schier ohrenbetäubendes Donnern.
Eine anderthalb Meter dicke Steinplatte stürzte aus der Decke und blockierte den Korridor.
Rincewind kroch durch eine wallende Staubwolke und starrte auf die Buchstaben an der einen Seite des granitenen Blocks.
»Ist euch immer noch zum Lachen zumute?« las er.
Verwirrt wich er zurück.
»Typisch für meinen Großvater«, sagte Krösus fröhlich. »War immer für eine Überraschung…«
Er bemerkte Coninas Blick, der ihn mit der Wucht eines schweren Bleirohrs traf, und hielt es daraufhin für besser, den Mund zuzuklappen und zu schweigen.
Nijel wankte heran und hustete.
»Was ist geschehen?« fragte er. »Wurde jemand verletzt? Als ich durch die Tür gegangen bin, passierte überhaupt nichts.«
Rincewind suchte nach einer passenden Antwort, und als er keine fand, entgegnete er nur: »Ach, tatsächlich nicht?«
Trübes Licht filterte durch einige vergitterte Fenster in der hohen Decke des Raums. Um das Gewölbe zu verlassen, mußte man durch die vielen Tonnen Gestein marschieren, die den Tunnel blockierten, woraus Rincewind den klugen Schluß zog, daß sie gefangen waren. Er entspannte sich ein wenig.
Wenigstens hatten sie den fliegenden Teppich gefunden: Er lag auf einem niedrigen Podest in der Mitte des Zimmers. Daneben stand eine kleine, schmale Öllampe, und als Rincewind den Hals reckte, sah er auch einen goldenen Ring. Er stöhnte leise. Ein matter oktariner Glanz ging von den drei Gegenständen aus und wies auf ihre magische Natur hin.
Als Conina den Teppich entrollte, kamen einige Objekte zum Vorschein, unter ihnen ein Messinghaken, ein hölzernes Ohr, mehrere große Pailletten und ein Bleikästchen, das eine konservierte Seifenblase enthielt.
»Was hat es denn damit auf sich?« fragte Nijel erstaunt.
»Nun…«, erwiderte Rincewind. »Wahrscheinlich handelte es sich um Motten, die den fliegenden Teppich mit einem Leckerbissen verwechselten.«
»Donnerwetter!«
»In diesem Zusammenhang macht ihr euch völlig falsche Vorstellungen«, fuhr Rincewind fort. »Ihr glaubt, man brauche einfach nur nach der Magie zu greifen, um sie zu benutzen wie… wie…«
»Wie eine Pastinake?« fragte Nijel.
»Wie eine Weinflasche?« vermutete der Serif.
»So ungefähr«, bestätigte Rincewind vorsichtig und faßte sich wieder.
»Doch in Wirklichkeit…«
»Hinkt der Vergleich mit einer Pastinake?«
»Ich weiß nicht genau, ob er hinkt…«
»Vielleicht kommt doch eher eine Weinflasche in Frage?« erkundigte sich Krösus hoffnungsvoll.
»Magie benutzt Menschen«, sagte Rincewind hastig. »Es kommt zu beiderseitigen Wechselwirkungen zwischen ihr und demjenigen, der sie einsetzt. Wenn man sich mit magischen Dingen befaßt, muß man damit rechnen, von ihnen beeinflußt zu werden. Nun, ich wollte euch nur warnen.«
»Aha«, murmelte der Serif. »Wie eine Weinflasche…«
»… die dich austrinkt«, betonte Rincewind. »Ich rate euch also, sowohl die Lampe als auch den Ring zu ignorieren. Und kommt bloß nicht auf die Idee, irgend etwas zu reiben.«
»Bei meinem Großvater bildeten sie den Grundstein seines Vermögens«, erklärte Krösus nachdenklich. »Sein gemeiner Onkel lockte ihn in eine Höhle, und er mußte sich mit dem
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