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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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ich war, als ich feststellte, dass sich die Kadetten und ihre Ausbilder mit Vorliebe im Gasthaus aufhielten.«
    »Hattest du keine Angst, dass dich einer von ihnen erkennen würde?« Sie bewunderte Ranons Wagemut und mit welcher Lockerheit er von den Erlebnissen im Winter plauderte.
    Ranon grinste. »Nein, das beste Versteck war schon immer direkt vor der Nase seiner Feinde.«
    Rael wandte sich an Ranon. »Und? Hast du interessante Neuigkeiten erfahren?«
    »Ja, Vater.« Ranon schien es zu genießen, seine Zuhörer auf die Folter zu spannen. Juliane hätte ihm am liebsten einen Tritt verpasst. »Als bevorzugtes Gesprächsthema unter den Schwarzen erwies sich das Phantom in den morvannischen Wäldern. Offenbar treibt sich jemand in Todesreiter-Uniform dort herum und führt einen persönlichen Feldzug gegen die dortigen Soldaten. Sie haben auf den Unbekannten ein Kopfgeld ausgesetzt, aber bisher konnte ihn noch keiner dingfest machen.«
    »Vielleicht ist es ein Morvanne, der sich eine Rüstung der Schwarzen beschafft hat«, überlegte Torus.
    »Oder ein ehemaliger Krieger«, meinte Juliane. Die Anwesenden starrten sie an, als hätte sie etwas Dummes gesagt. Sie zuckte mit den Schultern. »Was?«
    »Die Soldaten sind Kloob treu ergeben. Niemand verlässt die Armee«, erklärte Ranon. »Niemals.«
    »Wie die Klonkrieger aus Star Wars?«, rutschte es ihr hinaus. Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es verstanden. Die Todesreiter sind die hirnlosen Marionetten Kloobs.«
    »Vielleicht nicht hirnlos, aber Marionetten. Ja, so in etwa kann man es ausdrücken«, stimmte Rael zu.
     
    Die Tage vergingen und Juliane verbrachte ihre Zeit weiterhin damit, mit Brack zu trainieren. In den vergangenen Wochen hatte sie begonnen, den Unterricht zu genießen. Die Tatsache, sich jederzeit verteidigen zu können, erfüllte sie mit Stolz. Sie spürte eine ihr bis dahin unbekannte Kraft in sich wachsen, die ihr Selbstsicherheit und Mut verlieh. Das Wissen, gleichzeitig die Fähigkeit zu besitzen, leichter, schneller und gezielter töten zu können, verdrängte sie erfolgreich. Der Gedanke löste Grauen aus. Grundsätzlich friedliebend und mitfühlend schien es ihr unmöglich, einem anderen Menschen das Kostbarste zu nehmen. Das sollte nur die allerletzte Konsequenz sein. Sie kannte Wege, zu verletzen, den Gegner kampfunfähig zu machen. Das war es, was sie anwenden würde. Nur so wollte sie ihre neu gewonnenen Talente einsetzen.
    Brack legte das Schwert beiseite. Er hatte Juliane bereits den ganzen Morgen gefordert, sodass sie nun verschwitzt und außer Atem war. »Wir machen eine kurze Pause. Du bist unkonzentriert«, tadelte er. »Deine Schwerthand ist miserabel. Daran musst du dringend noch arbeiten.« Der Krieger ließ sie zurück und ging in die Höhle.
    Juliane setzte sich auf einen der Felsblöcke und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Gequält starrte sie in die Luft. Sie dachte, den Schwertkampf endlich für Bracks Ansprüche zufriedenstellend zu beherrschen.
    Während sie grübelte, kam zuerst Kalira und kurze Zeit später Ranon aus der Höhle. Kaliras Haar leuchtete rotgolden im Sonnenlicht, was zu ihren zornig funkelnden Augen passte. Mit einem Satz stellte sich Kalira Ranon in den Weg und brüllte ihm ins Gesicht. Er ließ ihre Schimpftirade scheinbar stoisch über sich ergehen. Juliane beobachtete die beiden Streitenden, erkannte das Zucken in Ranons Fingern und verfolgte, wie er Kalira ungestüm beiseiteschob und wütend davonstürmte.
    Kalira hatte die Hände zu Fäusten geballt und zitterte am ganzen Körper, als Juliane sich zu ihr gesellte.
    »Bei den Göttern! Ich schwöre, wäre er nicht unser Verbündeter und hätte ich ein Messer gehabt, ich hätte nicht gezögert, es ihm ins Herz zu stoßen«, stieß Kalira hervor.
    »Warum habt ihr euch diesmal gestritten? Das heißt, gab es einen Grund?« Sie versuchte wenig geschickt, die Ironie in ihren Worten zu verbergen.
    Kalira blickte sie mit verrauchendem Zorn an. Offensichtlich konnte oder wollte sie die Wahrheit in ihren Worten nicht erkennen. »Wenn es diese verfluchte Prophezeiung nicht gäbe, wüsste ich zu verhindern, dass er uns ins Morvannental begleitet«, erklärte sie.
    »Und was ist so schlimm daran?«, wollte Juliane wissen.
    Kalira schnaubte verächtlich. »Kannst du dir vorstellen, mit jemandem wie Ranon so viel Zeit zu verbringen, wie wir es nun müssen? Der ehrenwerte Ranon, Meisterspitzel der Rebellen, der nie einen Fehler macht, immer ein Vorbild

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