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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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verzweifelt.
    »Wir sind Freunde und ich spüre, dass du jemanden brauchst, dem du vertrauen kannst. Jemanden, der dir zuhört. Du hast deine Geschichte schon sehr lange niemandem mehr erzählt. Habe ich recht?«
    »Ich habe seit dem Tod meiner Eltern keinem mehr vertraut.«
    Sie streckte die Hand nach ihm aus und er zuckte zusammen, als wollte sie ihn schlagen. Unbeirrt berührte sie seinen Unterarm. »Ich kenne dich. Ich weiß nicht, warum oder woher; aber ich weiß, wie du fühlst. Ich spüre deinen Schmerz und deine Trauer.«
    Aran griff nach ihrer Hand. Die Berührung seiner warmen Finger ließ Julianes Herz schneller schlagen, unter seinem intensiven Blick krabbelte ein Ameisenvolk durch ihren Bauch.
    Sie blickte ihm tief in die Augen und erkannte das Vertrauen, das seit Anbeginn der Zeit zwischen ihnen herrschte.
    Juliane seufzte. Wie zwei Magneten zogen sie sich an, Arans Lippen befanden sich nur noch wenige Millimeter von ihren entfernt und sie erwartete seinen Kuss voll freudiger Erregung, da riss ein erschrockener Aufschrei sie aus ihrer Trance.
    Aran zog sie plötzlich an sich und rollte sich mit ihr aus der Gefahrenzone. Er sprang auf. Ein wild gewordener Hengst tänzelte aus dem Wald auf sie zu. Das Tier trug ein Halfter, aber keinen Sattel. Aran ging langsam zu dem Pferd und ergriff es an seinen Zügeln. Das Tier bäumte sich auf und riss ihn in die Luft. Panik durchzuckte Juliane. Aran klammerte sich fest an die Zügel und schwang sich auf den Rücken des Hengstes. Eine Weile bockte der riesige Kerl, bis er bemerkte, dass er keine Gelegenheit bekam, seinen Reiter abzuwerfen. Das Pferd beruhigte sich.
    Aran stieg ab und reichte die Zügel einem herbeieilenden Morvannen. Der Mann war außer sich und überschüttete ihn mit einem Wortschwall.
    »Was hat er gesagt?«, wollte Juliane wissen. Jetzt, wo sie den ersten Schreck überwunden hatte, hätte sie am liebsten frustriert geschrien. Aran hätte sie beinahe geküsst!
    »Er fragt, ob wir in Ordnung sind.«
    »Mehr nicht?« An dem großen, muskulösen Morvannen wirkte die Zerknirschung belustigend. Sie lächelte ihm zu, um ihm zu zeigen, dass sie nicht böse war.
    Aran wechselte ein paar Worte mit dem Mann, ehe dieser sich umdrehte und das Pferd auf eine Koppel zurückführte.
    Die Stimmung war dahin, dennoch fragte sie keck: »Machen wir dort weiter, wo wir aufgehört haben?«
    Aran starrte sie an, als wüsste er nicht, wovon sie redete. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ließ sie allein zurück. Sie blickte ihm sprachlos hinterher. Super! Sie hatte von Männern mit Bindungsproblemen gelesen, aber Aran erwies sich als absolutes Paradebeispiel. Heiß wie Feuer und im nächsten Moment kalt wie Eis.

10. Kapitel – Das Geschenk der Morvannenkönigin
     
     
     
    J uliane grübelte am Bach, bis die Dunkelheit sie aus ihrer Versunkenheit weckte. Fassungslos überblickte sie die Umgebung. Friedliche Stille hing über dem Dorf. Der unruhige Fackelschein in Talnas kleiner Hütte verriet, dass noch jemand wach war. Sie erhob sich langsam.
    Ob sie nach Ranon und Kalira sehen sollte? Sie verwarf den Gedanken. Sie hatte Ranon bereits am Morgen besucht, ihm ging es zusehends besser, und mit Kalira war sie wenig später im Dorf umhergeschlendert. Und Aran, sie sehnte sich nach ihm, aber ihn wollte sie an diesem Abend in Frieden lassen.
    Juliane, raunte eine Stimme, sowohl in ihrem Kopf als auch außerhalb.
    Überrascht blickte sie sich um.
    Juliane!
    Angestrengt versuchte sie, die Richtung zu bestimmen, aus der die Stimme kam, doch es schien, als würde sie von allen Seiten an ihre Ohren dringen. Ein blauweißes Flirren hing in der Luft. Kurz verspürte sie Angst, doch dann überwog der Drang, diese Stimme zu finden.
    Komm zu mir, Juliane! Komm!
    Sie versuchte, den Zwang in sich zu unterdrücken, doch es war unmöglich, der Stimme zu entkommen. Sie musste dem Ruf folgen, ob sie wollte oder nicht. Sie konnte nicht anders.
    Sie schob das Schwert in die Scheide und ging zum Pferdegatter. In aller Eile sattelte sie ihren Grauschimmel, schwang sich auf seinen Rücken und ritt zielsicher in die Wildnis. Obwohl ihr die geheimnisvolle Stimme nicht verriet, wohin sie sich wenden musste, kannte Juliane den Weg, als wäre sie ihr schon viele Male gefolgt.
     
    *
     
    »Aran, Juliane ist weg!«
    Aran setzte sich abrupt im Bett auf. »Himmel, Kalira!« Sonnenstrahlen malten goldene Streifen auf den Bretterboden der Gästehütte. Es war früher Morgen. »Vielleicht macht sie

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