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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Garner
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ganz wie es in seiner Absicht lag. Es hat jedoch Hand und Fuß, was du sagst: Der Stein ist auf Gedeih und Verderb in seinem Besitz.
    Wir können nur wachsam sein und warten, obwohl ich fürchte, dass uns das keinen Erfolg bescheren wird.»
    Er sah zu den Kindern, die niedergeschlagen in der Mitte der Höhle standen.
    «Colin, Susan, ihr seid Zeugen bei der Abfassung eines finstren Kapitels im Buch der Welt geworden, und was noch folgen wird, vermag niemand zu sagen. Doch dürft ihr euch auf keinen Fall Vorwürfe machen wegen dem, was geschehen ist. Auch die Elfenstraße hätte euch nur mangelnden Schutz bieten können vor dem, der sich heute mit euch angelegt hat –
    Grimnir, der Kapuzenmann.»
    «Aber wer ist das denn?», fragte Susan, ganz bleich bei der Erinnerung an die Begegnung.
    «Er ist, oder war, ein Mensch. Dereinst studierte er unter den Weisesten der Weisen und wurde ein großer Lehrmeister. In seiner Gier nach Wissen jedoch betrieb er die verbotenen Künste, und die schwarze Magie entstellte sein Herz und machte ein Ungeheuer aus ihm. Er verließ die Pfade des Tags und lebte fortan, wie Grendel in alten Zeiten, im Wasser des Sees Llyndhu, des Schwarzen Sees. Dort ward er machtvoll im Bösen, nur noch von den alten Wesen der Nacht übertroffen, die im Gefolge ihres Herrn in Ragnarök stehen. Dieser war es, mein Erzfeind, der euch heute überfallen hat.»
    «Seit undenklichen Zeiten hat niemand sein Gesicht gesehen oder seine Stimme gehört», fügte Fenodyree hinzu. «Die Sagen der Zwerge sprechen davon, dass er gezeichnet ist von einer großen Schmach, einem Kainsmal, das ihn daran erinnert, was er ist und was er hätte sein können. Doch dies ist nur ein altes Märchen, das wir auf dem Schoß unserer Mütter vernommen haben, und nichts für diese ernste Stunde.»

    «Uns fehlt auch die Zeit fürs Märchenerzählen», sagte Cadellin. «Wir müssen tun, was wir können, und das schnell.
    Nun sagt mir, wer kann den Stein gesehen und erkannt haben?»
    «Hm, niemand…», sagte Colin.
    «Selina Place!», rief Susan. «Selina Place! Bei ihr ist mein Tropfen ganz trüb geworden! Weißt du nicht mehr, Colin? Sie muss meinen Tropfen gesehen haben, und da hat sie angehalten, um sich zu vergewissern.»
    «Ha!», lachte Fenodyree bitter. «Die alte Gestaltwandlerin und ihre Tricks! Wenn wir nur gewusst hätten, dass sie dahinter steckt, hätten wir uns denken können, was auf uns zukommt.»
    «Oh, warum habt ihr mir das nicht schon bei unserer ersten Begegnung erzählt?», schrie der Zauberer.
    «Ich hatte es ganz vergessen», sagte Colin bedrückt. «Es schien mir nicht wichtig. Ich dachte, die wäre nicht ganz richtig im Kopf.»
    «Wichtig? Nicht richtig im Kopf? Hört euch das an! Ha, Selina Place, wie sie bei euch heißt, ist die Oberhexe der Morthsippe! Schlimmer noch, sie ist Morrigan, die Dritte Plage von Logris!»
    Einen Augenblick lang schien es so, als wolle ihn die Wut übermannen, doch stattdessen seufzte er nur und schüttelte den Kopf: «Was hilft’s. Es ist geschehen.»
    Susan war den Tränen nahe. Sie konnte es nicht ertragen, den alten Mann in solcher Verzweiflung zu sehen, zumal sie sich für seinen Zustand verantwortlich fühlte. «Können wir irgendetwas tun?»
    Der Zauberer blickte zu ihr auf, und ein müdes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. «Tun? Meine Liebe, ich denke, keiner von uns kann jetzt allzu viel tun. Und in dem kommenden Kampf haben Kinder nichts zu suchen. Ich weiß, es wird euch schwer fallen, doch ihr müsst fort von hier und alles vergessen, was ihr gesehen und erlebt habt. Nun, da der Stein nicht mehr in eurer Obhut ist, werdet ihr sicher sein.»
    «Aber», rief Colin, «aber das könnt Ihr doch nicht wollen!
    Wir möchten Euch helfen!»
    «Das weiß ich wohl. Doch seid ihr am Weiteren nicht mehr beteiligt. Hohe Magie und niedre Arglist werden die Waffen in diesem Gefecht sein und die Tapferkeit von Kindern würde hier nichts ausrichten können. Am besten könnt ihr mir helfen, wenn ihr mich von der Sorge um euch befreit.»
    Und ohne den Kindern eine weitere Möglichkeit zur Widerrede zu geben, nahm er sie bei der Hand und führte sie aus der Höhle. Sie gingen in bedrückter, stummer Trübsal, und bald standen sie an der Stelle über dem Sumpf, wo sie vor drei Nächten dem Zauberer zum ersten Mal begegnet waren.
    «Dürfen wir Euch wirklich nicht wieder sehen?», fragte Colin. Noch nie hatte er sich so elend gefühlt.
    «Glaubt mir, es muss sein. Auch mich schmerzt es,

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