Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
dem ersten Urteil ausgetrickst. Ich hab' es ihm nicht mit der Absicht verraten, Geld damit zu machen. Ich war nicht mehr als eine Schachfigur. Ein Trottel. Ein Bauer. Selbst in meinen wüstesten Träumen hab' ich mir nicht ausgemalt, daß Rick mit dieser Information Schindluder treiben könnte. Ich war der Meinung, ein absolut vertrauliches Gespräch zu führen. Wenn also jemand das Opfer ist, dann ich.«
    »Das war eine wirklich schöne Rede«, sagte Lisa applaudierend. »Du solltest sie dir irgendwo aufschreiben.«
    »Und weshalb?«
    »Weil - wenn du bei dem Test morgen durchfällst, wirst du sie dringend für das erste Plädoyer bei der Anhörung über deine Entlassung benötigen.« Nach der Arbeit gingen Lisa und Ben vom Gericht aus die First Street entlang und bogen dann an der C Street nach rechts ab. Als sie am Bürogebäude des Senats vorbeikamen, sahen sie eine Gruppe junger Angestellter herausströmen, ausnahmslos im hellbraunen Mantel und mit lederner Aktentasche in der Hand. Ben zählte die Monate bis zum Frühling. Es hatte zwar seit einer Woche nicht mehr geschneit, doch der verbliebene Matsch bedeckte - geschwärzt von Autoabgasen und sonstiger Luftverschmutzung - Capitol Hill wie ein schmutziges Winterlaken. Zehn Minuten später erreichten die beiden Kollegen Sol &CEwy's Drugstore, die älteste Apotheke der Stadt. »Bist du sicher, daß sie hier so ein Ding haben?« fragte Ben, während er die Tür öffnete, von der schon der weiße Lack abblätterte.
    »Bestimmt«, sagte Lisa und trat ein.
    Die Wände des kleinen, vollgestopften Verkaufsraums waren mit ausgeblichenen Landkarten und Jahrzehnte alten Anzeigen geschmückt. »Hier riecht es wie bei meiner Großmutter«, sagte Ben.
    »Dies ist ein historischer Ort«, verkündete Lisa auf dem Weg zur Theke. »Zeig ein bißchen Ehrerbietung.«
    »Glaub mir, ich liebe solche Orte. Wo sonst findet man Verfallsdaten, die mit dem eigenen Geburtsjahr übereinstimmen?«
    »Schau dir bloß mal diese Landkarten an.« Lisa deutete auf die Wände. »Ich glaube, daß auf keiner einzigen Alaska oder Hawaii als Bundesstaaten eingezeichnet sind.« »Kann schon sein. Die neben dem Eingang hatte noch nicht mal Louisiana drauf. Ach, unsere guten, alten dreizehn Staaten.«
    Als Ben und Lisa die Theke erreichten, erhob sich der Apotheker dahinter von seinem verrosteten Klappstuhl. »Was für Beschwerden haben Sie?«
    »Bloß sie hier.« Ben zeigte auf Lisa.
    »Wir kommen schon zurecht, danke.« Lisa deutete auf das vor der Theke stehende Blutdruckmeßgerät. »Da ist es. Ich hab' dir ja gesagt, daß sie eins haben.«
    »Glaubst du wirklich, daß es funktioniert?« Ben reichte Lisa Mantel und Jackett.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Muß ich mich dafür ausziehen?« Ben rollte seinen Ärmel hoch.
    »Lies einfach die verdammte Gebrauchsanweisung.«
    Nach einem Blick auf das entsprechende Schild fischte Ben fünfundzwanzig Cent aus der Hosentasche, rollte seinen Ärmel wieder nach unten, legte den Arm in den Bügel und warf die Münze ein.
    »Geht das wirklich durchs Hemd durch?« fragte Lisa.
    »Laut Gebrauchsanweisung, ja.« Unvermittelt schloß sich der Bügel um Bens Arm. Tief atmend und schweigend wartete Ben, bis er sich wieder lockerte. Dann erschien eine Reihe roter Zahlen auf dem Bildschirm: 122 zu 84.
    »Scheiße«, sagte Ben.
    »Wie hoch ist er normalerweise?« »Hundertfünfundzwanzig zu fünfundachtzig. Die verdammten Pillen haben fast keine Wirkung. Mein Puls ist ebenso unverändert wie mein Blutdruck. Ich bin erledigt.«
    »Jetzt laß mal. Außerdem hast du sie erst vor zwei Stunden genommen. Vielleicht hat ihre Wirkung einfach noch nicht eingesetzt.«
    Ben zog sein Jackett und seinen Mantel wieder an und griff nach seiner Aktentasche. »Vielleicht. Aber aus irgendeinem Grund bezweifle ich das.«
    »Jetzt laß dich dadurch bloß nicht aus der Ruhe bringen«, mahnte Lisa, als sie die Apotheke verließen. »Wenn du den Test bestehen willst, mußt du dich darauf konzentrieren, ganz ruhig zu sein.«

VIERZEHNTES KAPITEL
    Es war zehn Uhr am Mittwochmorgen. Ben streckte sich auf dem dunkelroten Sofa des Büros aus. Mit geschlossenen Augen streichelte er seine Lieblingskrawatte mit Pünktchenmuster. »Wie fühlst du dich?« flüsterte Lisa.
    »Ganz gut.« Ben setzte sich auf und tat einen langen, tiefen Atemzug. Dann sah er auf seine Uhr. »Ich glaube, es ist Zeit.«
    »Bleib einfach ganz ruhig. Denk an lange Waldspaziergänge, ans Tauchen - an alles, was dich

Weitere Kostenlose Bücher