Der zehnte Richter
beruhigen kann.«
»Ich bin konzentriert.« Ben stand auf. »Ich bin ein Bild der Ruhe. Ich bin Zen in Person.«
»Viel Glück«, rief Lisa ihm hinterher, als er aus der Tür ging.
Um den am wenigsten benutzten Weg ins Unterge scho ß zu nehmen, ging Ben zur marmornen Wendeltrep pe. Langsam stieg er in den Bauch des Gebäudes hinab und zählte jeden seiner Schritte, um sich von seinem Ziel abzulenken. Im Untergeschoß angekommen, ging er ge radewegs zum Sicherheitsbüro und erklärte der Emp fangsdame, er habe einen Termin bei Carl Lungen.
»Sie können gleich reingehen. Er erwartet sie.«
Als Ben Lungens Büro betrat, schlug ihm Zigarrengestank entgegen. »Schön, Sie zu sehen, Ben.« Lungen lehnte sich in seinem Ledersessel zurück. »Setzen Sie sich doch.« »Ich dachte, wir wären in einem rauchfreien Gebäude«, sagte Ben, ohne Lungen in die Augen zu sehen. »Es handelt sich um ein historisches Bauwerk, wissen Sie.«
»Na, Sie wissen ja, wie es ist.« Lungen rieb sich den Bart und zeigte auf den Stuhl vor seinem Tisch. »Setzen Sie sich.«
»Nehmen Sie's mir nicht krumm, aber können wir die Sache hinter uns bringen?« fragte Ben. »Ich habe viel zu tun. Außerdem läßt Zigarrenrauch meinen Blutdruck steigen.«
Lungen stand auf und ging zur Tür. Ben folgte ihm zurück zum Empfangstisch. »Ich bin im Vernehmungszimmer, falls mich jemand brauchen sollte«, erklärte Lungen. Dann führte er Ben in den zentralen Bereich des Geschosses zurück, ging auf eine als Lagerraum gekennzeichnete Tür zu, zog einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und schloß auf.
Der große, fensterlose, muffige Raum war ungefähr fünfzehn Meter lang und breit. An den Wänden stapelten sich überzählige Schreibtische, Stühle, Aktenschränke und andere Büromöbel. Neonröhren erleuchteten die staubige Luft. »Ich schätze, das ist die meiste Zeit des Jahres ein Lagerraum, der nur dann zum Vernehmungszimmer wird, wenn Sie jemand einschüchtern müssen«, bemerkte Ben.
»Genau«, bestätigte Lungen. »Sie haben uns erwischt.«
In der Mitte des Zimmers standen ein Holztisch und drei Holzstühle. Auf dem Tisch stand der Lügendetektor, der Ben an den Laserdrucker in seinem Büro erinnerte, nur daß er mehr Kabel hatte. Dennis Fisk war damit beschäftigt, den Kabelsalat zu entwirren. Er beachtete die Neuankömmlinge erst, als sie näher traten.
»Bist du fertig?« fragte Lungen.
»Fast.« Fisk sah Ben mit einem schiefen Grinsen an. »Setzen Sie sich.«
Ben tat es, schlug die Beine übereinander und schwieg.
»Na, dann erzählen Sie uns doch mal, was es Neues bei Ihnen gibt«, forderte Lungen ihn auf. »Wie geht es Ihrem Freund Eric?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Ben. »Ich hab' schon wochenlang nicht mehr mit ihm gesprochen.«
»Das ist aber traurig.« Lungen ließ sich auf einen der beiden Stühle hinter dem Tisch nieder und beugte sich vor, so daß seine Ellbogen auf seinen Knien ruhten. »Aber ihr beide wohnt doch noch zusammen, oder?«
»Nicht mehr lange. Er zieht zum Jahresanfang aus.«
»Ich schätze, er nimmt sich eine größere Wohnung, wo er jetzt doch einer der Stars bei seiner Zeitung ist. Ich hab' gesehen, daß er sämtliche Artikel über uns verfaßt.«
»Er zieht aus, weil ich ihn dazu gezwungen habe.« Ben hatte Mühe, seine Haltung zu bewahren.
»Ich weiß schon, was Sie meinen«, erklärte Fisk, der noch immer an den Kabeln nestelte. »An Ihrer Stelle würde ich fuchsteufelswild sein, wenn mein Freund was über meine Verstrickung in die CMI-Sache geschrieben hätte.«
»Hören Sie mal, halten Sie bloß Ihren Kollegen im Zaum«, sagte Ben zu Lungen. »Wenn er eine derartige Anschuldigung machen will, sollte er Beweise vorlegen. Sonst brenne ich geradezu darauf, Ihr Büro wegen Belästigung am Arbeitsplatz und Verleumdung zu verklagen.«
»Fisk hat ja gar nichts sagen wollen«, wehrte Lungen ab. »Wir sind bloß alle ein bißchen nervös.«
»Ich habe es Ihnen bereits gesagt, und ich sag' es Ihnen heute wieder, daß ich genauso über das Fiasko mit CMI überrascht war wie Sie.«
»Aber daß Sie Eric über Blakes Rücktritt informiert haben, geben Sie doch weiterhin zu?« fragte Lungen.
»Ganz gewiß«, erwiderte Ben mit gleichmäßiger, ruhiger Stimme. »Und soweit mir bekannt ist, war da nichts Illegales dran. Ich habe bloß versucht, meinem Freund zu helfen.«
»Also ist Eric wieder Ihr Freund?« warf Fisk ein.
»Nein, keineswegs. Die Sache mit Blake war gelaufen, bevor Eric den Artikel über
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