Der zehnte Richter
lassen?« Lisa zeigte auf sich selbst. »Und was ist mit dir?«
»Es ist mir ganz egal, ob es Nathan war oder nicht«, erklärte Ben. »Oder einer von euch beiden. Eigentlich ist es mir momentan sogar egal, ob es meine eigene verdammte Mutter war. Das Fazit lautet lediglich, daß am Montag alles vorbei ist.«
Ober zog sein Jackett von der Couch. »Ben, wir reden später darüber, wenn sie weg ist. Ich muß jetzt wirklich wieder ins Büro.«
»Na endlich«, rief Lisa, als Ober die Tür hinter sich zuschlug. »Hör mal, ich sollte eigentlich auch los. Reden wir später noch mal darüber?« »Klar«, sagte Ben. »Laß mich jetzt einfach allein. Ist schon in Ordnung.«
»Komm schon, Ben, gib bloß nicht mir die Schuld. Du weißt ja, daß wir mit diesen Eingaben fertig werden müssen. Und so wird wenigstens einer von uns beiden daran arbeiten.«
»Ja, du hast schon recht. Es wird mir guttun, eine Weile allein zu sein. Dann muß ich meinen Kummer wenigstens nicht mit jemand anderem teilen.«
»Jetzt hör mal auf«, protestierte Lisa. »Du weißt doch, wie sehr ich -«
»War bloß ein Scherz«, unterbrach Ben sie. »Geh schon. Wir reden später darüber.«
Um die Eingangshalle des Washington Hilton zu umgehen, steckte Rick seine kodierte Karte in das computergesteuerte Schloß des Seiteneingangs, der zum Parkplatz führte. Mit eiligen, selbstbewußten Schritten ging er auf die Aufzüge zu. Im zehnten Stock stieg er aus, wandte sich gleich nach rechts und erreichte Zimmer 1014. Wieder steckte er seine Karte ins Türschloß, drehte den Knopf und trat ein.
»Wo bist du denn gewesen, verdammt noch mal? Ich warte seit einer halben Stunde.«
»Wo ich gewesen bin, geht dich gar nichts an.« Ein leichtes Lächeln huschte über Ricks Gesicht.
»Du hast also einen Haufen Geld gemacht. Phantastisch.«
»Es war tatsächlich ein phantastisches Geschäft.« Rick machte es sich auf einem der kanariengelben Sofas gemütlich und legte die Füße auf den Couchtisch. Die Suite war luxuriös: drei Zimmer, Ölgemälde an der Wand, ein dicker beiger Teppichboden und eine gut bestückte Bar. »Wußtest du, daß Präsident Reagan in diesem Hotel angeschossen wurde?«
»Nein, bisher nicht. Aber bestimmt wird mir diese Information eines Tages sehr nützlich sein.«
»Es stimmt«, sagte Rick. »Der Volksmund spricht noch immer vom Hinkley Hilton.«
»Ist ja toll. Ich bin begeistert.«
»Was ist dir denn über die Leber gelaufen?«
»Hör mal, ich hab' jetzt keine Zeit für so was. Ich muß wieder an die Arbeit. Ist das Geld inzwischen auf dem Konto oder nicht?«
»Die letzten fünfhunderttausend werden heute mit Geschäftsschluß eingetroffen sein.« Rick griff in die Tasche seines Jacketts, fischte einen Zettel heraus und warf ihn auf den Couchtisch. »Da ist die Kontonummer. Ich hoffe, du genießt deinen Profit.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Wenn ich mir vorstelle«, sagte Rick, »daß all dies geschehen ist, weil du deinen Freund nicht leiden kannst ...«
»Das hast du total falsch verstanden. Bloß weil ich ein Urteil aus Bens Aktentasche genommen habe, heißt das noch lange nicht, daß ich ihn nicht leiden kann. Ich hab' bloß eine lukrative Chance gesehen, die ich einfach nicht auslassen konnte.«
»Klar, klar. Sonst bist du das Musterbeispiel eines Freundes. Das ist ja auch der eigentliche Grund, warum du mir die Sache mit dem Lügendetektor und den Jahrbüchern und -«
»Ach ja, das wollte ich dich sowieso noch fragen: Wieso hat Ben dich in den Jahrbüchern eigentlich nicht finden können? Das hab' ich nämlich wirklich für einen todsicheren Plan gehalten.«
»Dann bist du genauso ein Trottel wie er«, spottete Rick. »Der Fehlschluß an der Sache mit den Jahrbüchern liegt in der Annahme, ich sei auf eine Eliteuni gegangen. Weil ihr intellektuell derart versnobt seid, kommt ihr einfach nicht auf die Möglichkeit, daß es auch außerhalb dieser Unis intelligente Menschen gibt.«
»Stimmt. Da hab' ich mich täuschen lassen.« Ricks Gesprächspartner schlug sich aufs Knie, um im nächsten Moment aufzustehen. »Na ja, manchmal greift man eben daneben.«
»Wobei du diesmal eher in die Vollen gegriffen hast.«
»Da hast du recht.«
»Es war mir ein Vergnügen, mit dir Geschäfte zu machen.« Rick streckte seine Hand aus.
»Ganz meinerseits«, erklärte Eric, während er auf den Flur trat. »Vielleicht treffe ich dich ja mal irgendwo am Strand.«
FÜNFZEHNTES KAPITEL
Am Montagmorgen machten Lisa und Ben
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