Der zehnte Richter
Mirsky.«
»Sehr schön.« Ben gab sich alle Mühe, überrascht zu wirken, obwohl Alcott ihm die Neuigkeit bereits dreimal erzählt hatte.
»Sieht übrigens so aus, als hätten wir eine ganz schöne Nuß zu knacken«, fuhr Alcott fort. »Nach Ostermans Sieg in der Cooper-Sache hat bei euch keiner mehr Glück mit dem Sechsten Zusatzartikel gehabt.«
»Kein Kommentar«, erwiderte Ben kühl. »Sie wissen, daß ich über schwebende Verfahren nicht reden darf.«
»Ach ja, stimmt. Tut mir leid. Ich wollte Ihnen bestimmt nicht -«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Das gehört zu den Vorteilen, wenn man hier arbeitet.«
»Nun, ich hoffe, daß Sie uns einmal demonstrieren lassen, welche Vorteile es hat, bei uns zu arbeiten«, sagte Alcott voll Stolz auf den gelungenen Übergang. »Wir sind zwar nicht der Oberste Gerichtshof, aber uns geht es auch nicht schlecht. Da fällt mir übrigens der zweite Grund meines Anrufs ein: Ich würde Sie gern mal wieder zum Essen einladen. Schließlich haben wir uns schon ziemlich lange nicht gesehen.«
»Mit dem größten Vergnügen. Aber kann ich Sie vielleicht in ein oder zwei Wochen zurückrufen? Ich hab' gerade so viel Arbeit auf dem Tisch, daß ich wahrscheinlich ein schrecklicher Gast wäre.«
»Natürlich«, sagte Alcott. »Tun Sie nur, was Sie tun müssen. Ich melde mich in den nächsten paar Wochen wieder.«
»Das wäre wirklich besser.« Ben warf den Umriß einer Pistole aufs Papier, die auf den Kopf einer männlichen Gestalt im Anzug gerichtet war. »Dann wird es hier hoffentlich ruhiger zugehen.«
Als Ben auflegte, fragte Lisa: »Wayne and Portnoy?« »Ganz recht.«
»Laß mich mal raten - sie hoffen, dir ihren Kopf noch weiter in den Hintern stecken zu können, und sie wollen dir noch mal zehn Riesen mehr bieten?«
»Sie wollen mich bloß zum Essen einladen.« Ben fügte seiner Zeichnung einen weiteren Revolver hinzu.
»Kopf hoch«, sagte Lisa. »Du solltest froh und glücklich sein, daß solche tollen Kanzleien noch Interesse an dir haben. Es gibt Schlimmeres im Leben.«
»Wie beispielsweise einen Irren, der dabei ist, der ganzen Welt deine größte Dummheit auf die Nase zu binden?«
»Genau. Da ist ein Irrer von der Personalabteilung schon viel besser. Übrigens, wirst du deinen Mitbewohnern von der Kassette erzählen, die Rick dir geschickt hat?«
»Wahrscheinlich nicht«, erwiderte Ben. »Sonst muß ich den ganzen Abend so tun, als sei ich völlig durcheinander.«
»Und das bist du gar nicht?«
»Ich bemühe mich wenigstens darum.« Ben fügte seinem Selbstporträt einen weiteren Revolver hinzu. »Hoffentlich läuft alles wie geplant.«
Während Ben auf das Haus zuging, wurde er sich der Stille bewußt, die der Winter in die Stadt brachte. Es war kalt und klar; kein Schnee lag auf den Wegen, und man sah alle Sterne. Tief sog Ben die frische Luft ein, als er vor der Haustür stand. Jetzt ist es bald vorbei, dachte er. Er steckte seinen Schlüssel ins Schloß und drehte den Türknauf.
»Wo warst du denn, verdammt noch mal?« rief Nathan. »Lisa hat uns gesagt, du wärst vor fast einer Stunde losgegangen.«
»Wir stecken tief in der Scheiße«, mischte sich Ober von der großen Couch her ein.
»Das Ding hier liefert mich ans Messer«, brüllte Nathan und wedelte mit einem Blatt Papier vor Bens Gesicht herum. »Ich bin erledigt.«
»Was ist denn los?« Ben ließ seine Aktentasche auf den Boden fallen.
»Lies das.« Nathan gab Ben das Blatt.
»Sehr geehrter Mr. Bachman«, las Ben. »Seit Oktober letzten Jahres hat Nathan Hollister unrechtmäßig folgende Gegenstände zu privaten Zwecken benutzt ...« Ben überflog die Liste mit dem Teleobjektiv, dem Funkmikrophon und sogar dem Prynadolol für den Lügendetektortest, um rasch zum letzten Abschnitt des Briefs zu gelangen. »Ich bin zwar nicht bereit, meine Identität zu offenbaren, Sie können diese Fakten jedoch anhand der Aufzeichnungen Ihrer Sicherheitsabteilung verifizieren. Es gibt keinerlei Gründe, warum ein Mitglied des politischen Planungsstabes Zugang zu solchen Dingen haben sollte. Ich hoffe, Sie werden dieser Angelegenheit nachgehen. Eine Kopie dieses Briefes geht gleichzeitig an Ihre Vorgesetzten wie auch an den Außenminister.«
»Scheiße.« Ben sah seinen Freund an. »Ist dieser Bachman dein Chef?« »Er ist der Justitiar«, sagte Nathan. »Wenn Rick diesen Brief also tatsächlich abgeschickt hat, wurde er sofort nach dem Öffnen in Bachmans Korrespondenzbuch eingetragen. Jetzt
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