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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Fremden zu identifizieren. Er schien so groß wie Rick zu sein, aber schwerer. Das konnte aber auch der dicke Mantel sein. Während sein Herz heftig zu schlagen begann, versuchte Ben sich einzureden, daß alles nur Einbildung war. Beruhige dich, sagte er sich. Es gibt keinen Grund, verrückt zu werden. Als sie noch drei Meter voneinander entfernt waren, streifte Ben seinen rechten Handschuh ab und ballte die Faust, entschlossen, auf jede verdächtige Bewegung des Mannes zu reagieren. Der war noch drei Schritte entfernt, und Ben war schweißgebadet. Panisch vor Angst machte er sich auf alles Erdenkliche gefaßt.
    Ben hielt den Atem an, als der Mann an ihm vorbeiging; dann mußte er den Drang bezwingen, sich nach ihm umzudrehen. Erst als er ein ganzes Stück an dem Fremden vorbei war, atmete er erleichtert aus. So viel Schweiß für nichts, fuhr es ihm durch den Kopf, und er lachte gezwungen. Gerade wollte er sich doch umdrehen, um dem Mann noch einmal hinterherzusehen, als er von hinten gepackt wurde. Er spürte, wie ein Arm sich fest um seinen Hals legte, während eine Hand in einem dunkelblauen Ärmel ihm ein beißend riechendes Taschentuch ins Gesicht drückte. Instinktiv warf Ben den Kopf zurück, so daß er in das Gesicht des Angreifers schlug.
    »Verdammte Scheiße!« brüllte der Mann, ließ Ben los und faßte sich an seine blutende Nase.
    Hustend und nach Atem ringend rannte Ben weiter. Als er am Supermarkt vorbeikam, blickte er sich um und sah, daß der Fremde ihn wieder verfolgte. Ben ließ seine Aktentasche fallen und entriß dem Angestellten des Supermarkts seine Schneeschaufel. Wild schwang er sie vor dem herannahenden Angreifer. »Bleiben Sie stehen, verdammt noch mal!«
    »Beruhigen Sie sich«, sagte der Mann. »Ich tu Ihnen schon nichts.« Während er versuchte, Bens Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, kam Rick um die Ecke und schlich sich langsam von hinten an Ben heran.
    »Wer sind Sie?« fragte Ben. »Wer hat Sie geschickt?«
    »Ich bin auf Ihrer Seite«, sagte der Mann. »Das schwöre ich. Ich bin vom Justizministerium.« Sein Blick richtete sich auf etwas hinter Bens Schulter.
    Ben wirbelte herum und schwang blindlings seine Schaufel. Zu seiner Überraschung traf er mit der flachen Seite Rick, der ihn fast schon gepackt hatte. »Das ist ja nicht zu fassen.« Als Rick zu Boden fiel, hob Ben die Schaufel, um noch einmal zuzuschlagen. »Für wen hältst du dich eigentlich?« brüllte er. »Das ist mein Leben!«
    Dann sah Ben den Supermarktangestellten. »Rufen Sie die Polizei!« schrie er ihn an.
    »Wir sind von der Polizei«, verkündete Ricks Komplize. »Sie brauchen niemanden zu rufen.«
    »Jetzt packen Sie ihn doch, Claremont!« brüllte Rick, der sich das blutverschmierte Ohr hielt.
    Ben warf dem Fremden die Schaufel ins Gesicht, drehte sich um und stürzte davon.
    »Hinterher!« schrie Rick, obwohl Claremont schon losgelaufen war.
    Schneller und athletischer als seine beiden Verfolger, hetzte Ben in das Wohngebiet des Viertels zurück. Er sprang über Zäune, hastete durch Hinterhöfe und verschwand hinter Hausmauern, so daß seine Verfolger ihn nie länger als ein paar Sekunden im Blickfeld hatten. Am Ende einer Einfahrt wandte er sich im Hinterhof nach links, sprang über einen Zaun in den Nachbargarten und von dort in den nächsten Hinterhof, um über eine andere Einfahrt wieder auf die Straße zu gelangen. Dabei wußte er, daß das einzige Haus des Viertels, das er meiden mußte, sein eigenes war, denn wenn seine beiden Verfolger sich trennten, würde ihm einer von ihnen mit Sicherheit dort auflauern. Während die kalte Luft seine Lungen füllte, arbeitete er sich langsam wieder zum Supermarkt vor, wobei er die Straßen mied und sich seinen Weg durch die mit Abfall übersäten Gassen suchte. In der Hoffnung, seine Verfolger abgehängt zu haben, lief er auf Boosin's Bar zu, den einzigen Ort, der seiner Kenntnis nach ein Münztelefon und - noch wichtiger - eine Hintertür besaß. Ein letzter Blick, dann verschwand er in der Kneipe.
    Ben ging sofort nach hinten, stieß die Tür zur Herrentoilette auf, betrat eine Kabine und verschloß die Tür. Vornübergebeugt versuchte er, Atem zu schöpfen. Die Wärme des Raums stand in scharfem Gegensatz zur Kälte draußen, und Ben spürte ein Brennen in seinen Lungen. Er zog seinen Mantel aus, klappte die Klobrille hoch und erbrach die Banane und den Bagel. Als sein Magen schon leer war, mußte er noch immer würgen, als ob sein Körper damit auf die

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