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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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öffnete. Ben trat ein und ging wortlos in die Küche.
    »Was ist dem denn über die Leber gelaufen?« fragte Nathan.
    »Er hat's uns nicht verraten«, sagte Eric. »Ich glaube, im Büro ist was schiefgelaufen.« Er setzte sich auf das kleine Sofa. »Wartest du schon lange?«
     »Ich würde dir gerne mal was sagen: Es erstaunt mich immer noch, daß du grundsätzlich fünf Minuten zu spät kommst.« Nathan sah auf seine Armbanduhr. »Es ist schon so, daß ich meine Uhr nach deiner Verspätung stellen kann.«
    Eric rieb sich seine ungewohnt glattrasierte Wange. »Ich komme gar nicht zu spät«, erklärte er. »Du bist durcheinander, weil du deine Uhr zehn Minuten vorgestellt hast.«
    »Fang bloß nicht damit an«, protestierte Nathan. »Nach meiner Uhr bist du fünfzehn Minuten zu spät dran, aber das macht noch immer fünf Minuten Echtzeit.«
    »Das werde ich nie kapieren«, sagte Ober. »Was soll es dir eigentlich bringen, wenn du weißt, daß deine Uhr immer zehn Minuten vorgeht?«
    »Im Gegenteil, mein einfältiger Freund. Ich achte nicht auf die -«
    »Wer hat meine Post geöffnet?« unterbrach ihn Ben, der in der Tür stand und einen Stapel Umschläge präsentierte.
    »Sie war schon so im Briefkasten«, erklärte Nathan.
    »War die Post von jemand anderem auch geöffnet?« fragte Ben.
    »Nein, bloß deine. Glaubst du, es war Rick?«
    Ben löste seine Krawatte und knöpfte den Kragen auf. »Was anderes kann ich mir nicht vorstellen. Heute hat er mich gerade in dem Moment angerufen, als ich aus der Tür wollte. Und er wußte von unserer Einladung heute Abend.«
     »Sind irgendwelche wichtigen Briefe dabei?«
    »Nein. Bloß Rechnungen und Werbung.«
    »Ich will ja nicht taktlos sein, aber wenn wir zu spät zum Essen kommen, wird meine Tante Katie uns gehörig die Leviten lesen«, mahnte Eric.
    »Ich komme nicht mit«, erklärte Ben.
    »Warum denn?« fragte Eric. »Bloß weil jemand deine Post geöffnet hat?«
    »Nein, weil es mir wirklich Angst einjagt, daß Rick mir hinterherspioniert.« Ben legte seine Post auf die Küchentheke und goß sich ein Glas Wasser ein. »Vielleicht hat er vor, hier einzubrechen, wenn wir alle weg sind.«
    »Wenn er einbrechen wollte, hätte er's doch schon gemacht, als er deine Post geöffnet hat«, erklärte Eric. »Laß ihn doch nicht dein ganzes Leben ruinieren. Er versucht bloß, dich verrückt zu machen.«
    »Dann bin ich eben verrückt«, sagte Ben. »Geht jetzt ohne mich und entschuldigt mich bei Katie. Heute Abend wäre sowieso nicht viel mit mir los.«
    »Bist du sicher?« fragte Eric.
    »Nun geht schon. Ich bin hier besser aufgehoben.«
    Als den drei Freunden klar wurde, daß Ben seine Meinung nicht mehr ändern würde, gingen sie zur Tür. »Bis später also.«
    Sobald die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, nahm Ben sich wieder seine Post vor. Er blätterte die Umschläge durch, bis er den einzigen ohne Absender gefunden hatte, zog den Brief heraus und las noch einmal die sechs mit dickem schwarzem Filzstift geschriebenen Worte: Traust du deinen Freunden? Gru ß, Rick. Ben starrte die knappe Botschaft an und fragte sich, ob es eine höhnische Warnung oder eine einfache Frage war. Dann zerknüllte er das Blatt in der Faust, voll Schuldgefühl und Bedauern, daß er seinen Mitbewohnern nichts davon erzählt hatte. Warum zum Teufel habe ich zugelassen, daß er mir so etwas antut? fragte er sich. Jetzt hat er mich sogar schon so weit, daß ich meine besten Freunde verdächtige.
    Ben warf den Rest der Post wieder auf die Küchentheke, ging ins Wohnzimmer und lehnte sich an den großen Glastisch. Du darfst nicht einmal daran denken, daß einer von ihnen dabei sein könnte, redete Ben sich ein. Das ist ganz unmöglich. Denn wenn ich ihnen nicht mehr traue, auf wen kann ich mich dann überhaupt noch verlassen? Er starrte auf sein Spiegelbild in dem nicht mehr sauberen Glas des Tisches und ließ alle wichtigen Ereignisse noch einmal Revue passieren. Er dachte an alle Fakten, von denen Rick wußte, und an alle Personen, die dieselben Informationen besaßen. Schließlich kam er auf eine logische Erklärung dafür, wie Rick alles erfahren haben konnte. Wenn eine Wanze in unserem Haus ist, überlegte er, konnte er gehört haben, wie wir über die Einladung bei Tante Katie sprachen. Von den Blumen habe ich Nathan erzählt. Das kann er also auch gehört haben. Ja, mit einem gut versteckten Mikrophon hätte Rick alles hören können. Ben nickte seinem Spiegelbild zu. Das ist die

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