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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Mutter.«
    Ihre Argumentation leuchtete mir ein. Damit hatten sich meine Theorien erledigt. »Sie führen doch bestimmt eine DNA-Analyse durch, oder?«
    Dr. Nichols trank einen Schluck Wasser, dann antwortete sie: »Der Leichnam ist in gutem Zustand, von daher dürfte es keine Probleme geben. Die Frage ist eher, wie wir anschließend vorgehen. Falls es noch Verwandte von Miss Bleverton gibt, die wir ausfindig machen können, werden wir sie um Mundschleimhaut-Abstriche bitten. Was nicht heißt, dass die Leute immer bereitwillig mitmachen. Hier liegt zwar zweifelsfrei ein Verbrechen vor, aber noch lässt sich keine eindeutige Verbindung zwischen Miss Bleverton und diesem Haus herstellen. Ich weiß, ich weiß …«, sie hob die Hand, weil ich widersprechen wollte. »Du hast erzählt, dass es ein Gemälde gibt, das Miss Bleverton hier im Wintergarten zeigt. Andererseits war diese prächtig ausgestattete Villa zu ihrer Zeit sicherlich bekannt und Maler halten immer Ausschau nach ausgefallenen Standorten für ihre Porträts. Vielleicht hat auch Miss Bleverton selbst den Wintergarten als Hintergrund für ihr Porträt vorgeschlagen. Oder Mordechai Witek hat den Raum aus der Erinnerung gemalt, beziehungsweiseeine Skizze davon angefertigt, das Porträt dann aber im Atelier ausgeführt.«
    Ich war ganz sicher, dass es so nicht gewesen war, aber ich konnte es nicht begründen.
    »Und man kann die Angehörigen nicht zwingen, Speichelproben abzugeben?«
    »Nein. Ich würde auch Mr Eisenmann nicht ohne Weiteres um einen Abstrich bitten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die früheren Besitzer der Villa, die Zieglers, oder irgendwelche Mieter etwas mit dem toten Baby zu tun haben. Mir wär’s auch lieber, wenn der Fall schon so gut wie gelöst wäre, aber …« Sie zuckte die Achseln.
    Onkel Hank meldete sich wieder zu Wort. »Ich wüsste auch nicht, wie man Eisenmann zwingen sollte, eine DNA-Probe abzugeben. Am besten wäre es, wenn man den Geburtszeitpunkt des Babys näher eingrenzen könnte. Noch wissen wir ja nur, dass es irgendwann nach 1941 eingemauert wurde.«
    Ich nickte zustimmend, aber im Stillen dachte ich: Und wenn Charles Eisenmann gar nicht der Vater war?
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    Wir blieben noch so lange, bis Dr. Nichols und ihr Team das Stück Wand mit dem mumifizierten Baby herausgesägt hatten. Sie nahmen fast den halben Kamin mit, weil Dr. Nichols einerseits die Baumaterialien noch einmal umfassend analysieren wollte und sie andererseits ganz sicher gehen wollten, dass, wie Dr. Nichols sich ausdrückte, »nicht noch etwas anderes mit eingemauert ist.«
    Als Dr. Rainier das hinterlassene Chaos musterte, bemerkte sie trocken: »Ich mache mir sowieso nichts aus Ziegelkaminen.«
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    Als Onkel Hank und ich nach Hause kamen, blinkte der Anrufbeantworter. Onkel Hank drückte auf Wiedergabe.
    Guten Tag. Dies ist eine Nachricht für Mr Christian Cage. Es geht um Ihre Mail an das Jüdische Museum in Milwaukee.
    Ich heiße David Saltzman. Der Archivar des Museums hat Ihre Nachricht an mich weitergeleitet. Ich rufe an, weil ich nicht weiß, wie oft Sie in Ihre Mails schauen. Ich bin nämlich der Enkel von Albert Saltzman und würde mich sehr gern mit Ihnen über die Synagoge Beit Tikwa und den Mord an Mr Brotz unterhalten. Es ist jetzt kurz vor zwölf, und ich bin heute noch bis halb fünf zu erreichen. Sonst geht es erst wieder Samstagabend oder Sonntagvormittag.
    Er nannte seine Telefonnummer, und ich schrieb mit. Onkel Hank meinte: »Wir haben viertel nach vier. Wenn du gleich zurückrufst, erwischst du ihn bestimmt noch.«
    Ich wählte und hörte es klingeln, dann nahm eine Frau ab. »Ja?«
    Ich stellte mich vor und fragte: »Kann ich bitte Mr Saltzman sprechen?«
    »Einen Augenblick.« Sie hielt offenbar die Hand über den Hörer, denn ich hörte nur dumpfe Stimmen. Dann wurde der Hörer auf den Tisch gelegt, eilige Schritte ertönten und schließlich meldete sich die Stimme vom Anrufbeantworter: »Rabbi Saltzman am Apparat.«
    Rabbi? »Äh … guten Tag, hier ist … äh … ChristianCage? Ich rufe aus Winter an?« Unwillkürlich ging meine Stimme am Ende jedes Satzes nach oben, was unsere Englischlehrerin nicht ausstehen kann. Ich riss mich zusammen. »Sie hatten mich wegen Mr Witek angerufen.«
    »Ja richtig. Leider kann ich heute nicht mehr lange telefonieren. Gleich ist nämlich Schabbes, und dann darf ich bis Samstagabend kein Telefon mehr benutzen.«
    »Ach so.«
    »So viel kann ich Ihnen aber schon sagen, dass ich

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