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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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ein Versteck sucht.
    Im dritten Kellerraum stößt sie gegen die Wand. Hier geht es nicht mehr weiter, man kann sich nur hinter dem Heizkessel verstecken. Sie kauert sich auf den schmutzigen Boden. Ihr Herz schlägt Pa-bamm-pa-bamm-pa-bamm, und sie unterdrückt das Schluchzen, das ihr im Hals sitzt. Aber sie hat solche Angst, dass sie leise Piepstöne von sichgibt wie Cookie. (Wenn Cookie schläft, träumt sie wunderschöne Hamsterträume, nur ganz manchmal macht sie Piep-piep-piep. Aber wenn Cookie mal schlecht träumt und Angst kriegt, kann sie einfach aufwachen. Dann hört der schlechte Traum auf, die Monster verschwinden und alles ist wieder gut.)
    Nein – nichts wird wieder gut, niemals! Denn das Monster, das in Helens Daddy schlummert, ist aufgewacht. Das Monster wacht immer auf, wenn er trinkt. Diesmal hat er noch viel, viel mehr getrunken als sonst. Jetzt hat sich das Monster endgültig in ihm breitgemacht, und er IST das Monster.
    Deswegen ist Helens Mama die Treppe hochgerannt. Lauf weg! , hatte Mama geschrien. Lauf weg, Helen!
    Aber dafür war es schon zu spät. Viel, viel zu spät.
    Das Daddymonster hat Mama ganz doll gehauen, und Mama ist gegen die Wand geknallt. Helens Bücher sind aus dem Regal gefallen, und Mama ist Blut übers Kinn gelaufen. Mamas Zähne waren ganz verschmiert, und sie rief immer wieder: Lauf weg, Helen, lauf, lauf, lauf!
    Aber Helen konnte nicht weglaufen, weil sie zu viel Angst hatte: Angst um Mama und um Cookie. Und vor allem um Daddy, weil das Monster ihn gepackt hat und nicht mehr hergibt. Daddy hat auf einmal riesige Zähne, seine Augen sind gelbgrün mit dunklen Schlitzen wie die Augen von Schlangen und Eidechsen. Das Daddymonster hat Cookie aus dem Käfig geholt. Helen fing an zu schreien. Das Daddymonster hat bloß gelacht. Aber es hat nicht lustig geklungen oder so, wie wenn man sich freut, weil Schmetterlinge oder Löwenzahnsamen umherfliegen oder weil sich Cookie soviele Körner in die Backen gestopft hat, dass sie wie pelzige Luftballons aussehen. Das Daddymonster hat ein richtiges Monsterlachen gelacht.
    Dann hat das Daddymonster Cookie auf den Boden geschleudert. Die arme Cookie hat Piep-piep-piep gemacht und wollte weglaufen. Helen hat geschrien: Nicht, Daddy, nein Daddy, NEINNEINNEIN! Aber das Daddymonster kümmerte sich nicht um Helens Geschrei. Es trampelte auf Cookie herum, bis Cookie nur noch ein blutiger Klumpen aus rosa Eingeweiden und Fell war.
    Da ist Helen in den Keller gerannt. Dort versteckt sie sich jetzt und wartet auf den Tod.
    Gelbes Licht blinkt auf, als das Daddymonster die Tür zu den Kellerräumen aufreißt. »Helen?« Die Monsterstimme trieft vor Mordgier. »Ich weiß, dass du da drin bist. Komm raus, Helen! Mach es nicht noch schlimmer.«
    Neinneinnein … Ein dumpfer Schlag, ein Scharren, und Helen begreift, dass das Monster im vordersten Kellerraum die Waschmaschine wegschiebt und nachschaut, ob sie sich dahinter versteckt hat.
    Bitte … Bitte … Helen betet nicht – Gott hat Besseres zu tun, als ihr zu helfen, denn bestimmt ist sie an allem schuld. Aber Mama sagt immer, dass Helen Gott um Hilfe bitten kann, wenn es mal ganz schlimm kommt. Und viel schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen.
    Das Licht im zweiten Kellerraum flammt auf. Das Daddymonster ruft weiter nach Helen, verspricht, dass es ihr nichts tun wird. Es will nur, dass sie rauskommt, weil es ihr alles erklären will. Gläser landen Krach-Splitter auf dem Boden, Kartons fliegen Rumms-Bumms durch die Gegend. Helenrührt sich nicht vom Fleck. Sie weiß ja, das ist nicht ihr Daddy, das ist das Monster in ihm drin.
    Dann macht es KLACK ! Zwei nackte Glühbirnen leuchten auf, denn jetzt hat das Daddymonster den dritten Kellerraum betreten, den mit der Heizungsanlage. Es riecht nach Schweiß, so wie Helens Daddy immer riecht, wenn er im Sommer den Rasen mäht. Aber da ist auch noch ein anderer Geruch, stechend wie Benzin. Helen riecht auch die WUT des Daddymonsters – und die stinkt wie ein toter, aufgedunsener Waschbär am Straßenrand. Die Monsterschuhe tappen über den Betonboden, Helen sieht den Monsterschatten über die Wand huschen. Dann scheppert die Heizung und dröhnt Bumm-Bumm-Bumm unter wuchtigen Schlägen, und Helen denkt: Axt. Gleich wird das Daddymonster hinter den Heizkessel spähen und …
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    Rette sie!
    Der Gedanke leuchtet auf wie ein Blitz am mondlosen Himmel. Dr. Rainier stößt diesen erstickten Laut aus, und ich begreife, dass der wieder erwachte

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