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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sein. Herr Ludd glaubt offenbar, machen zu können, was er will. Außerdem ist er… gescheit.«
    Der Akolyth nickte. Gescheit. Dieses Wort hatte hier im Tal eine besondere Bedeutung. Ein gescheiter Junge glaubte, mehr zu wissen als seine Lehrer, gab freche Antworten und störte den Unterricht. Ein gescheiter Junge war schlimmer als ein dummer.
    »Widersetzt er sich der Disziplin?«, fragte der Akolyth.
    »Als ich die Klasse gestern für Temporale Theorie ins Steinerne Zimmer führte, starrte er einfach nur an die Wand. Er passte ganz offensichtlich nicht auf. Als ich von ihm verlangte, die an der Tafel dargestellte Aufgabe zu lösen, obwohl er dazu eigentlich nicht in der Lage sein konnte… Er kam der Aufforderung nach und präsentierte mir die korrekte Lösung.«
    »Und? Du hast ihn eben als gescheiten Jungen bezeichnet.«
    Der Novizenmeister wirkte verlegen. »Allerdings… Es war nicht die richtige Aufgabe. Zuvor fand eine Lektion für die Sonderbeauftragten des Fünften Djim statt, und ein Teil des Tests stand noch an der Tafel: ein extrem komplexes Phasenraum-Problem mit Restschwindungen in n-Geschichtsstrukturen. Niemand von ihnen hat alles richtig gelöst. Um ganz ehrlich zu sein: Ich selbst musste im Buch nachschlagen.«
    »Ich nehme an, du hast ihn bestraft, weil er nicht die richtige Frage beantwortet hat?«
    »Natürlich. Aber solch ein Verhalten stört sehr. Ich glaube, die meiste Zeit über ist er in Gedanken ganz woanders. Er passt nie auf, weiß immer die Antworten und kann nicht erklären, woher er sie weiß. Wir können ihn nicht dauernd verprügeln. Er bietet den anderen Schülern ein schlechtes Beispiel. Ein gescheiter Junge lässt sich einfach nicht richtig erziehen.«
    Der Akolyth beobachtete nachdenklich einige weiße Tauben, die über den Dächern des Klosters kreisten. »Wir können ihn nicht fortschicken«, sagte er schließlich. »Soto hat gesehen, wie er den Stand des Koyoten vollführte! Auf diese Weise wurde er entdeckt! Stell dir das einmal vor ! Er hatte überhaupt keine Ausbildung. Und jetzt stell dir vor, was passieren würde, wenn wir jemanden mit solchen Fähigkeiten frei herumlaufen ließen. Zum Glück war Soto wachsam.«
    »Aber er hat ihn in mein Problem verwandelt. Der Junge stört.«
    Rinpo seufzte. Er kannte den Novizenmeister als einen guten, gewissenhaften Mann, aber sein letzter Besuch in der Welt lag schon eine ganze Weile zurück. Leute wie Soto verbrachten jeden Tag in der Welt der Zeit. Sie lernten Flexibilität, denn wenn man dort draußen steif wurde, war man tot. Leute wie Soto… Plötzlich hatte er eine Idee.
    Er sah zum anderen Ende der Terrasse, wo zwei Bedienstete zu Boden gefallene Kirschbaumblüten zusammenfegten.
    »Ich sehe eine harmonische Lösung«, sagte er.
    »Ach, ja?«
    »Ein ungewöhnlich talentierter Junge wie Ludd braucht nicht die Disziplin eines Klassenzimmers, sondern einen Meister.«
    »Möglich, aber…«
    Der Novizenmeister folgte Rinpos Blick.
    »Oh«, sagte er und lächelte auf nicht ganz freundliche Art. Dieses spezielle Lächeln enthielt ein erwartungsvolles Element, einen Hinweis darauf, dass sich Schwierigkeiten für jemanden ankündigten, der sie seiner Meinung nach voll und ganz verdiente.
    »Mir fällt ein Name ein«, sagte Rinpo.
    »Mir auch«, erwiderte der Novizenmeister.
    »Ein Name, den ich zu oft gehört habe«, fügte Rinpo hinzu.
    »Ich schätze, entweder bricht er den Jungen, oder der Junge bricht ihn«, meinte der Novizenmeister. »Oder vielleicht brechen sie sich gegenseitig.«
    »Also ganz gleich, aus welchem Blickwinkel man die Sache betrachtet: Es gibt keine Nachteile«, sagte Rinpo.
    »Wäre der Abt damit einverstanden?«, fragte der Novizenmeister und untersuchte eine willkommene Idee auf schwache Stellen. »Er begegnet dem… Kehrer immer mit einer gewissen Hochachtung.«
    »Der Abt ist ein lieber, netter Mann, aber derzeit hat er Probleme mit seinen Zähnen, und das Gehen fällt ihm schwer«, sagte Rinpo. »Außerdem sind dies schwere Zeiten. Bestimmt geht er auf unsere gemeinsame Empfehlung ein. Eigentlich ist sie ja nur eine kleine Sache in der täglichen Routine.«
    Und so wurde über die Zukunft entschieden.
    Sie waren keine schlechten Männer. Seit Jahrhunderten arbeiteten sie im Auftrag des Tals zusammen. Aber nach einer Weile entstehen manchmal gefährliche Denkmuster. So weiß man zum Beispiel, dass wichtige Unternehmungen organisiert werden müssen, doch man konzentriert sich beim Organisieren vor allem

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