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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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etwa zehn Zentimetern.
    Die Luft um ihn herum brutzelte, schien langsam gebraten zu werden.
    »Neulich Ludd?«
    »Lu-Tze?«, fragte er. »Das Mandala ist…«
    Aber wo waren die Farben? Warum fühlte sich die Luft feucht an, und weshalb roch sie nach der Stadt? Und dann verblassten die geisterhaften Erinnerungen. Während sie verschwanden, flüsterten sie: Wie können wir Erinnerungen sein, wenn wir erst noch geschehen müssen? Du erinnerst dich bestimmt daran, dass du auf das Dach der Bäckergilde geklettert bist, um dort festzustellen, dass jemand die Schlusssteine gelockert hat, denn das ist gerade passiert.
    Und eine letzte sterbende Erinnerung raunte: He, das liegt Monate zurück…
    »Nein, wir sind nicht Lu-Tze, geheimnisvoller fallender Junge«, sagte die Stimme, die seinen Namen genannt hatte. »Kannst du dich umdrehen?«
    Neulich drehte den Kopf, was ihm sehr schwer fiel. Er schien in Teer zu stecken.
    Ein dicker junger Mann in einer schmutzigen gelben Kutte saß einen Meter entfernt auf einer Kiste. Er sah ein wenig wie ein Mönch aus, abgesehen von seinem Haar, das wie ein separater Organismus wirkte. Es war nicht nur schwarz und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, sondern auch enorm. Es war Haar mit einer eigenen Persönlichkeit.
    »Hauptsächlich ist mein Name Soto«, sagte der Mann darunter. »Marco Soto. Bevor ich mir deinen merke, sollten wir herausfinden, ob du überlebst oder nicht, einverstanden? Hast du jemals über die Vorzüge des geistlichen Lebens nachgedacht?«
    »Derzeit erscheinen sie mir besonders erstrebenswert«, erwiderte… Neulich, dachte er, so lautet mein Name. Aber warum fällt mir »Lobsang« ein? »Äh, ich habe in Erwägung gezogen, einen neuen Beruf zu ergreifen.«
    »Dafür hast du einen guten Zeitpunkt gewählt«, sagte Soto.
    »Ist dies eine Art von Magie?« Neulich versuchte, sich zu bewegen, aber er hing weiterhin in der Luft, dicht über dem wartenden Boden.
    »Nicht unbedingt. Offenbar hast du die Zeit geformt.«
    »Ich? Wie soll ich das angestellt haben?«
    »Du weißt es nicht?«
    »Nein!«
    »Ha, hör dir das an«, sagte Soto, als spräche er mit einem genialen Begleiter. »Vermutlich braucht es die gesamte Zeit eines ganzen Zauderers, um zu verhindern, dass dein kleiner Trick der Welt enormen Schaden zufügt, und du weißt nicht, wie du es angestellt hast?«
    »Nein!«
    »Dann bilden wir dich aus. Es ist ein gutes Leben mit hervorragenden Aussichten.« Soto schniefte und fügte hinzu: »Sie dürften zumindest besser sein als diejenigen, die du derzeit zu erwarten hast.«
    Neulich versuchte, den Kopf noch ein wenig weiter zu drehen. »Was für eine Art von Ausbildung meinst du?«
    Der Mann seufzte. »Stellst du noch immer Fragen, Junge? Kommst du mit oder nicht?«
    »Wie denn?«
    »Hör mal, ich biete dir die Chance eines Lebens.«
    »Warum ist es die Chance eines Lebens, Herr Soto?«
    »Nein, das hast du falsch verstanden. Ich – und damit meine ich mich – biete dir, Neulich Ludd, die Chance, ein Leben zu haben. Und das ist mehr, als du gleich haben wirst.«
    Neulich zögerte und spürte ein sonderbares Prickeln. In gewisser Weise fiel er noch immer. Er wusste nicht, woher er das wusste, aber das Wissen war ebenso real wie das Kopfsteinpflaster dicht unter ihm. Wenn er die falsche Entscheidung traf, würde sich der Sturz fortsetzen. Bisher hatten sich kaum Probleme ergeben, aber die letzten Zentimeter würden ziemlich hart werden.
    »Ich muss zugeben: Die Richtung, in die sich mein Leben derzeit entwickelt, gefällt mir nicht sonderlich«, sagte er. »Es könnte vorteilhaft sein, eine neue Richtung einzuschlagen.«
    »Gut.« Der Mann mit dem unglaublichen Haar holte etwas unter seiner Kutte hervor. Es sah nach einem zusammengeklappten Abakus aus, aber als er das Objekt öffnete, verschwanden einige Teile mit kleinen Lichtblitzen – sie schienen einen Ort aufzusuchen, wo man sie nicht mehr sehen konnte.
    »Was machst du da?«
    »Weißt du, was kinetische Energie ist?«
    »Nein.«
    »Das ist etwas, wovon du zu viel hast.« Sotos Finger tanzten über die Perlen, verschwanden manchmal und erschienen dann wieder. »Ich schätze, du wiegst etwa fünfundfünfzig Kilo.«
    Er verstaute den kleinen Apparat in einer Tasche und ging zu einem nahen Karren. Dort verrichtete er etwas, das Neulich nicht sehen konnte, und anschließend kam er zurück.
    »In einigen Sekunden wirst du deinen Fall beenden«, sagte er, bückte sich und stellte etwas unter dem Jungen auf den

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