Der Zeitdieb
einen alten Freund von mir. Vielleicht nehmen wir das eine oder andere mit.«
»Was ist los, Kehrer?«, fragte Lobsang und folgte ihm.
»Nun, die Sache sieht so aus, Junge. Der Abt, der Bursche, dem wir jetzt einen Besuch abstatten, und ich – wir sind alte Freunde. Allerdings ist die Situation inzwischen etwas komplizierter geworden. Der Abt kann nicht einfach sagen: ›Lu-Tze, du alter Gauner, du hast bewirkt, dass alle an Überwald denken, aber bestimmt planst du etwas. Na schön, zieh los und lass dich von deinem Instinkt leiten.‹«
»Aber ich dachte, er sei hier der oberste Herrscher!«
»Genau! Und es kann sehr schwierig sein, Dinge erledigt zu bekommen, wenn man der oberste Herrscher ist. Es gibt zu viele Leute, die im Weg stehen und das eine oder andere vermasseln. So wie’s jetzt aussieht… Sollen die Mönche ruhig nach Überwald ziehen und sich dort vergnügen, indem sie mit einem eindrucksvoll klingenden ›Hai!‹ herumspringen. Wir, mein Junge, gehen nach Ankh-Morpork. Der Abt weiß das. Besser gesagt: Er weiß es fast .«
»Woher willst du wissen, dass die neue Uhr in Ankh-Morpork gebaut wird?«, fragte Lobsang. Er folgte Lu-Tze über einen moosigen Pfad, der zur Klostermauer führte.
»Ich weiß es. Ich sage dir: An dem Tag, an dem jemand den Stöpsel aus dem Universum zieht, reicht die Kette nach Ankh-Morpork und dort zu jemandem, der erklärt: ›Ich wollte nur sehen, was passiert.‹ Alle Straßen führen nach Ankh-Morpork.«
»Ich dachte, alle Straßen führen von Ankh-Morpork weg. «
»Nicht aus unserem Blickwinkel betrachtet. Ah, da sind wir.«
Lu-Tze klopfte an die Tür eines einfachen, aber recht großen Schuppens direkt an der Mauer. Gleichzeitig gab es im Innern eine Explosion. Jemand – beziehungsweise die Hälfte von jemand, verbesserte sich Lobsang – flog sehr schnell durch ein unverglastes Fenster und prallte mit großer Wucht auf den Pfad. Als das Etwas nicht mehr rollte, erkannte Lobsang es als eine Holzpuppe in einer Mönchskutte.
»Qu vergnügt sich prächtig, wie ich sehe«, sagte Lu-Tze. Er hatte sich nicht von der Stelle gerührt, als die Puppe an seinem Ohr vorbeigeflogen war.
Die Tür sprang auf, und ein dicklicher alter Mönch sah aufgeregt nach draußen.
»Habt ihr das gesehen? Habt ihr das gesehen?«, stieß er hervor. »Und es war nur ein Löffel voll!« Er nickte ihnen zu. »Oh, hallo, Lu-Tze. Ich habe dich erwartet und einige Dinge vorbereitet.«
»Welche Dinge?«, fragte Lobsang.
»Wer ist der Junge?« Qu führte sie in den Schuppen.
»Das ungeschulte Kind heißt Lobsang«, sagte Lu-Tze und sah sich im Schuppem um. Ein rauchender Kreis zeigte sich auf dem steinernen Boden, umgeben von geschwärztem Sand. »Neue Spielzeuge, Qu?«
»Ein explodierendes Mandala«, erklärte Qu fröhlich und eilte voraus. »Streue den speziellen Sand auf irgendein einfaches Muster, und der erste Feind, der darauf tritt… Bamm, sofortiges Karma! Rühr das nicht an !«
Lu-Tze griff nach dem Bettelnapf, den Lobsangs neugierige Finger gerade vom Tisch genommen hatten.
»Denk an Regel Nummer Eins«, sagte er und warf den Napf durchs Zimmer. Verborgene Klingen fuhren aus, als sich die kleine Schüssel drehte, und bohrten sich in einen Balken.
»… drei, vier, fünf…«, sagte Qu. »Duckt euch… jetzt !«
Lu-Tze zog Lobsang mit sich auf den Boden, und einen Sekundenbruchteil später explodierte der Napf. Metallsplitter rasten über ihre Köpfe hinweg.
»Ich habe nur ein kleines Extra hinzugefügt, seit du den Napf zum letzten Mal gesehen hast«, sagte Qu stolz, als sie wieder aufstanden. »Ein sehr vielseitiger Apparat. Und man kann natürlich auch Reis daraus essen. Oh, und kennst du das hier?«
Er griff nach einer Gebetstrommel. Lu-Tze und Lobsang traten einen Schritt zurück.
Qu drehte die Trommel einige Male hin und her. Die Gewichte am Ende der Schnüre pochten gegen die Bespannung.
»Die Schnur kann im Nu entfernt und als Garotte verwendet werden«, erklärte Qu. »Die Trommel selbst lässt sich öffnen – für den Fall, dass man diesen Dolch hier braucht.«
»Und natürlich kann man mit der Gebetstrommel auch beten«, spekulierte Lobsang.
»Gut beobachtet«, erwiderte Qu. »Bist schnell von Begriff. Ein Gebet kann als letztes Mittel recht nützlich sein. Übrigens arbeiten wir gerade an einem viel versprechenden Mantra mit besonderen Tönen, die eine besondere Wirkung auf das menschliche Nervensystem haben und…«
»Ich glaube, solche Sachen brauchen wir
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