Der Zeitdieb
entsinne.«
»Die taktische Entscheidung eines Mannes vor Ort, Hochwürden«, sagte Lu-Tze. »Es war mehr eine Interpretation deiner Anweisungen.«
»Du bist dorthin gegangen, wo du nicht hingehen solltest. Und dort hast du etwas getan, das dir absolut verboten war.«
»Ja, Hochwürden. Manchmal muss man die Wippe bewegen, indem man auf das andere Ende drückt. Als ich tat, was nicht getan werden durfte, an einem Ort, an dem ich mich eigentlich gar nicht aufhalten sollte… Auf diese Weise gelang es mir, alles Notwendige zu erledigen, und zwar an dem Ort, an dem es erledigt werden sollte.«
Der Abt richtete einen durchdringenden Blick auf Lu-Tze; Baby-Augen eignen sich dafür besonders gut.
»Lu-Tze, du wirst nicht nach nmnmnbooboo Überwald gehen und auch keinen Ort in der Nähe von Überwald aufsuchen, verstanden?«, sagte er.
»Ja, Hochwürden. Du hast natürlich Recht. Aber darf ich in meiner Senilität einen anderen Pfad beschreiten, einen Pfad der Weisheit, anstatt der Gewalt? Ich möchte diesem jungen Mann… den Weg zeigen.«
Die anderen Mönche lachten.
»Den Weg der Waschfrau?«, fragte Rinpo.
»Frau Kosmopilit ist Damenschneiderin«, erwiderte Lu-Tze ruhig.
»Und ihre Weisheit verbirgt sich in Redensarten wie ›Es wird nicht besser, wenn du dich kratzt‹?«, fragte Rinpo und zwinkerte den Mönchen zu.
»Nur wenige Dinge werden besser, wenn man sich kratzt«, sagte Lu-Tze, dessen Ruhe jetzt einen See der Gelassenheit bildete. »Es mag ein armseliger Weg sein, aber so klein und unbedeutend er auch ist – er ist mein Weg.« Er sah den Abt an. »So war es früher, Hochwürden. Erinnerst du dich? Lehrer und Schüler gehen in die Welt hinaus, wo der Schüler praktischen Unterricht erhält, mit Prinzipien vertraut wird und an Beispielen lernt. Anschließend findet er seinen eigenen Weg, und am Ende seines Weges…«
»… findet er sich selbst bdum «, sagte der Abt.
»Zuerst findet er einen Lehrer«, meinte Lu-Tze.
»Er kann froh sein, dass du bdumbdum sein Lehrer bist.«
»Hochwürden«, sagte Lu-Tze, »es liegt in der Natur des Weges, dass niemand sicher sein kann, wer der Lehrer ist. Ich kann ihm nur einen Pfad zeigen.«
»Der zur bdum Stadt führt«, vermutete der Abt.
»Ja«, bestätigte Lu-Tze. »Und Ankh-Morpork ist weit von Überwald entfernt. Du schickst mich nicht nach Überwald, weil ich alt bin. Deshalb bitte ich dich, einem Alten seinen Willen zu lassen.«
»Mir bleibt keine Wahl, wenn du es so ausdrückst«, sagte der Abt.
»Hochwürden…«, begann Rinpo, der glaubte, durchaus eine Wahl zu haben.
Der Löffel knallte erneut aufs Tablett. »Lu-Tze genießt einen außerordentlich guten Ruf!«, betonte der Abt. »Ich bin absolut sicher, dass er sich immer richtig verhält! Ich wäre gern ebenso sicher, dass er blumblum meine Anweisungen blumblum befolgt! Ich habe ihm verboten, nach Überwald zu gehen! Soll ich ihm jetzt auch noch verbieten, nicht nach Überwald zu gehen? KEKS ! Ich habe gesprochen! Wenn die Herren nun so freundlich wären zu gehen… Dringende Angelegenheiten warten auf mich.«
Lu-Tze verbeugte sich und griff nach Lobsangs Arm. »Komm, Junge!«, flüsterte er. »Lass uns verschwinden, bevor jemand dahinter kommt!«
Auf dem Weg nach draußen kamen sie an einem jungen Akolythen vorbei, der ein Töpfchen mit aufgemalten lustigen Häschen trug.
»Die Reinkarnation ist keine leichte Sache«, sagte Lu-Tze und eilte durch den Flur. »Wir müssen fort von hier, bevor jemand auf dumme Gedanken kommt. Junge. Hol deine Tasche und das Bettzeug!«
»Aber es würde doch niemand die Anordnungen des Abts rückgängig machen?«, fragte Lobsang, als sie um eine Ecke schlitterten.
»Ha! In zehn Minuten schläft er, und wenn er erwacht, gibt man ihm ein neues Spielzeug, und dann ist er so sehr damit beschäftigt, viereckige grüne Pflöcke in runde blaue Löcher zu hämmern, dass er seine Anordnungen vergisst. Politik, Junge. Zu viele Idioten beginnen zu sagen, was der Abt ihrer Ansicht nach sagen wollte. Los mit dir, beeil dich. In einer Minute erwarte ich dich im Garten der fünf Überraschungen.«
Als Lobsang eintraf, band Lu-Tze einen Bonsai-Berg vorsichtig in einem Bambusgerüst fest. Er knüpfte den letzten Knoten und brachte alles in einem Beutel unter, den er sich über die Schulter warf.
»Wird er nicht beschädigt?«, fragte Lobsang.
»Es ist ein Berg. Wie kann ein Berg Schaden nehmen?« Lu-Tze griff nach seinem Besen. »Bevor wir das Tal verlassen, besuchen wir
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