Der Zeitdieb
waschen«-Schild über einem gesprungenen Becken zu entfernen. Er sah auf.
»Oh, du bist’s«, sagte er. »Seife? Ich werd’s ihnen zeigen!«
ICH HABE DEN RUF GESCHICKT, meinte Tod.
»Oh. Ja. Natürlich. Ja«, erwiderte Pestilenz mit offensichtlicher Verlegenheit.
HAST DU NOCH DEIN PFERD?
»Ja, sicher, aber…«
DU HATTEST EIN GUTES PFERD.
»Hör mal, Tod… Ich, äh… Weißt du, ich verstehe deinen Standpunkt durchaus, aber… Entschuldige.« Pestilenz trat beiseite, als eine in Weiß gekleidete Nonne an ihnen vorbeitrat, ohne die beiden Reiter der Apokalypse zu sehen. Er nutzte die Gelegenheit, ihr ins Gesicht zu hauchen.
»Nur eine leichte Grippe«, sagte er, als er Tods Miene bemerkte.
WIR KÖNNEN AUF DICH ZÄHLEN?
»Du meinst, äh, den Ritt?«
JA.
»Die Große Sache…«
ES WIRD VON UNS ERWARTET.
»Wie viele der anderen hast du?«
DU BIST DER ERSTE.
»Äh…«
Tod seufzte. Es hatte natürlich schon Krankheiten gegeben, bevor sich der Mensch entwickelte. Aber die Menschen hatten Pestilenz erschaffen. Sie waren wirklich genial, wenn es darum ging, sich zusammenzudrängen, in Dschungeln herumzuschnüffeln und den Misthaufen direkt neben dem Brunnen anzulegen. Deshalb gehörte die menschliche Natur zum Wesen von Pestilenz, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergaben. Er fürchtete sich.
ICH VERSTEHE, sagte Tod.
»Wenn du es so ausdrückst…«
HAST DU ANGST?
»Ich, äh… denke darüber nach.«
JA, DA BIN ICH SICHER.
Tick
Ziemlich viel Brandy schwappte in Frau Oggs Glas. Sie hob die Flasche und richtete einen fragenden Blick auf Susanne.
»Nein, danke.«
»Na schön, na schön.« Nanny Ogg stellte die Flasche beiseite und trank den Brandy wie Bier.
»Ein Mann klopfte an die Tür«, sagte sie. »Dreimal in meinem Leben kam er. Zum letzten Mal vor, oh, zehn Tagen. Immer der gleiche Mann. Er suchte eine Hebamme…«
»Vor zehn Tagen?«, fragte Susanne. »Aber der Junge ist mindestens sech…« Sie unterbrach sich.
»Ah, du hast es begriffen«, sagte Frau Ogg. »Wusste gleich, dass du ein helles Köpfchen bist. Er wollte die beste Hebamme. Offenbar hatte er von mir gehört, bekam aber zunächst das Datum nicht richtig hin. Genauso gut könnten wir beide an die falsche Tür klopfen. Verstehst du, was ich meine?«
»Ich verstehe es besser, als du glaubst«, erwiderte Susanne.
»Beim dritten Mal…« Nanny Ogg trank erneut einen großen Schluck Brandy. »…war er ziemlich nervös. Dadurch wusste ich, dass es sich trotz allem nur um einen Mann handelte. Er schien der Panik nahe zu sein. Bei werdenden Vätern ist das oft der Fall. Er meinte, ich sollte sofort mitkommen, und es gäbe keine Zeit mehr. Meine Güte, er hatte die ganze Zeit der Welt. Aber er dachte einfach nicht mehr richtig. Männer können nie richtig denken, wenn es soweit ist. Sie geraten in Panik, weil die Welt plötzlich nicht mehr ihnen gehört.«
»Und was geschah dann?«, fragte Susanne.
»Nun, er hatte einen dieser alten Streitwagen, und damit brachte er mich zu…« Frau Ogg zögerte. »Ich versichere dir, dass ich in meinem Leben viele seltsame Dinge gesehen habe«, sagte sie, als wollte sie die junge Frau auf eine Überraschung vorbereiten.
»Das glaube ich gern.«
»Er brachte mich zu einem Schloss aus Glas.« Frau Ogg legte eine neuerliche Pause ein, und etwas in ihrem Gesicht verriet, dass sie mit Skepsis rechnete.
Susanne beschloss, die Dinge ein wenig zu beschleunigen.
»Frau Ogg, eine meiner frühesten Erinnerungen ist, dass ich das Weiße Pferd füttere. Du weißt schon. Das Pferd draußen. Tods Pferd. Es heißt Binky. Du brauchst dich also nicht dauernd zu unterbrechen. Den Dingen, die ich normal finde, sind praktisch keine Grenzen gesetzt.«
»Eine Frau erschien in dem Schloss… Ich meine, sie erschien nach einer Weile «, sagte die Hexe. »Kannst du dir vorstellen, wie etwas explodiert und Millionen von Splittern davonfliegen? Ja, ich schätze, das kannst du dir tatsächlich vorstellen. Nun, in diesem Fall geschah es genau umgekehrt. Es gab eine Dunstwolke, die sich verdichtete, und dann – wusch! – stand plötzlich eine Frau da. Und wenig später – wusch! – wurde sie wieder zu Dunst. Und die ganze Zeit über erklang ein sonderbares Geräusch…« Frau Ogg strich mit dem Finger über den Rand des Brandyglases, und es summte leise.
»Eine Frau nahm… Gestalt an und verschwand dann wieder? Warum?«
»Weil sie sich fürchtete. Ist doch ganz klar. Es war das erste Mal für sie.«
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