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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Aufmerksamkeit.«
    Herr Weiß zögerte. Aber er passte sich schnell an.
    »Es ist gegen unsere Religion!«, behauptete er. »Korrekt!«
    Ein erstaunlicher Sprung. Er verriet Einfallsreichtum. Und Herr Weiß war von ganz allein darauf gekommen. Lady LeJean musste zugeben,
    dass sie beeindruckt war. Die Revisoren hatten versucht, das Konzept der Religion zu verstehen, weil so viele unsinnige Dinge in seinem
    Namen angestellt wurden. Zum Beispiel Völkermord. Im Vergleich dazu
    spielte die Weigerung, Tee zu trinken, kaum eine Rolle.
    »Ja, genau!« Herr Weiß wandte sich an die anderen Revisoren. »Stimmt das nicht?«
    »Ja, es stimmt nicht, in der Tat!«, erwiderte Herr Grün.
    »Oh?« Dr. Hopkins runzelte die Stirn. »Ich wusste gar nicht, dass es eine Religion gibt, die das Teetrinken verbietet.«
    »Ja, genau!«, sagte Herr Weiß. Lady LeJean glaubte fast zu spüren, wie seine Gedanken rasten. »Es ist… ja, es ist ein Getränk, das… korrekt…
    es ist ein Getränk, das… extrem schlechte und negative göttliche
    Bedeutung hat. Außerdem… korrekt… ist es ein Gebot unserer
    Religion, auf… ja… Ingwerkekse zu verzichten.« Schweiß perlte auf
    seiner Stirn. Nach den Maßstäben der Revisoren entfaltete er die
    Kreativität eines Genies. »Außerdem«, fuhr er langsam fort, als läse er die Worte von einem für alle anderen unsichtbaren Blatt Papier ab, »verlangt unsere Religion… korrekt!… dass die Uhr jetzt sofort in Betrieb
    genommen wird! Denn… wer weiß, welche Stunde geschlagen hat?«
    Lady LeJean hätte fast applaudiert.
    »Ja, wer weiß das schon«, entgegnete Dr. Hopkins.
    »Ich, ich bin ganz deiner Meinung«, sagte Jeremy, der Lady LeJean
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    angestarrt hatte. »Ich verstehe nicht, wer du… was die ganze Aufregung soll… Ich verstehe nicht, warum… oh, meine Güte… Jetzt bekomme
    ich Kopfschmerzen…«
    Dr. Hopkins verschüttete seinen Tee, weil er ganz plötzlich aufstand und in die Tasche seines Mantels griff.
    »ZufälligerweisebinichaufdemWeghierheranderApothekevorbeigekom
    men…«, stieß er in einem Atemzug hervor.
    »Meiner Ansicht nach ist dies nicht der geeignete Zeitpunkt, um die
    Uhr in Betrieb zu nehmen«, sagte Lady LeJean und schob sich vorsichtig an der Werkbank entlang. Der Hammer lockte.
    »Ich sehe die kleinen Lichtblitze, Dr. Hopkins«, sagte Jeremy und
    blickte in die Ferne.
    »Nicht die Lichtblitze! Nicht die Lichtblitze!«, erwiderte Dr. Hopkins.
    Er nahm einen Teelöffel von Igors Tablett, blickte darauf hinab, warf ihn über die Schulter, leerte seine Tasse, öffnete die Flasche mit der blauen Medizin, indem er ihren Hals an der Kante der Werkbank
    aufschlug, füllte dann so hastig die Tasse, dass er einen großen Teil verschüttete.
    Nur noch wenige Zentimeter trennten Lady LeJeans Hand vom
    Hammer. Sie wagte es nicht, den Kopf zu drehen und einen Blick in die entsprechende Richtung zu werfen, aber sie spürte seine Präsenz.
    Während die Revisoren den zitternden Jeremy anstarrten, krochen die
    Finger der Lady über die Werkbank. Sie brauchte nur nach dem Hammer
    zu greifen und den Arm herumzuschwingen…
    Sie sah, wie Dr. Hopkins versuchte, die Tasse an Jeremys Lippen zu
    setzen. Der junge Mann schlug die Hände vors Gesicht und stieß die
    Tasse mit dem Ellenbogen beiseite. Die Medizin spritzte auf den Boden.
    Lady LeJeans Finger ertasteten den Stiel. Einen Sekundenbruchteil später schwang ihr Arm herum und schleuderte den Hammer in Richtung Uhr.

    Tick

    Der Krieg lief schlecht für die schwächere Seite. Sie hatte die falschen Positionen bezogen, ging mit einer uneinheitlichen Taktik und einer
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    hoffnungslosen Strategie vor. Die rote Armee setzte sich an der ganzen Front durch und versprengte die Reste des gegnerischen Heeres.
    Auf diesem Rasen gab es nur Platz für einen Ameisenhaufen…
    Tod fand Krieg zwischen den Grashalmen. Er schätzte dessen
    Aufmerksamkeit für das Detail. Krieg trug eine volle Rüstung, doch die menschlichen Schädel, die er normalerweise am Sattel festgebunden
    hatte, waren durch Ameisenköpfe und Fühler ersetzt worden.
    GLAUBST DU, DASS SIE ETWAS BEMERKEN?, fragte Tod.
    »Ich bezweifle es«, erwiderte Krieg.
    WIE DEM AUCH SEI: WENN SIE IN DER LAGE WÄREN,
    ETWAS ZU BEMERKEN, WÜSSTEN SIE ES BESTIMMT ZU
    SCHÄTZEN.
    »Ha! Heutzutage gibt es nur noch einen anständigen Kriegsschauplatz«, meinte Krieg. »Das gefällt mir so an Ameisen. Die Burschen lernen
    einfach nicht.«
    IN LETZTER ZEIT IST ES TATSÄCHLICH RECHT

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