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Der Zeitenherrscher

Titel: Der Zeitenherrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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Schilde? Was auch immer es war, Simon wollte ehrlich mit ihm sein. „Es ist nicht leicht, mit all dem umzugehen“, sagte er daher. „Wir alle sind geschockt, wenn wir sehen …“
    „… wozu der Mensch fähig ist?“, fragte der Schattengreifer, und seine Stimme änderte sich augenblicklich. Er sprach betonter, nachdrücklicher. So, als wolle er sichergehen, dass die Jugendlichen den tieferen Sinn seiner Worte verstanden. „Kriege werden geführt. Die Menschen bekämpfen sich auf immer neue Arten. Die schlimmsten Katastrophen der Geschichte hat der Mensch selbst herbeigeführt. Das gilt für die Vergangenheit, und das gilt auch für die Zukunft.“
    „Ich verstehe nicht, worauf Ihr hinauswollt“, antwortete Simon vorsichtig.
    Der Schattengreifer trat auf ihn zu: „Bist du bereit für eine weitere Reise, Simon? Bist du bereit, dich all deinen Fragen zu stellen? Bist du bereit, Antworten zu erhalten? Möchtest du wissen, was das große Ziel ist?“
    Simon traute seinen Ohren kaum. War das ein ehrliches Angebot? Wollte der Schattengreifer ihn tatsächlich einweihen?
    Simon zögerte. Nefertis Händedruck hatte sich wieder verstärkt.
    „Wollt Ihr mir denn Antworten geben?“, fragte Simon vorsichtig zurück.
    Der Schattengreifer streckte eine seiner Hände aus. Die dünnen Finger winkten Simon zu sich heran.
    „Ich lade dich ein“, sagte der Schattengreifer. „Zu einer Reise, die dir die Augen öffnen wird. Und du solltest dich fragen, ob du wirklich imstande bist, dich diesen Antworten zu stellen.“
    Simon ließ Nefertis Hand los.
    „Nein!“, stieß sie flüsternd hervor. „Geh nicht mit ihm. Es könnte wirklich eine Falle sein.“
    Er sah sich nach ihr um. Der Verdacht war ihm selbst schon gekommen. In Nefertis Augen konnte er die Angst um ihn erkennen.
    „Ich kann nicht anders“, gab er zur Antwort. „Ich muss endlich alles wissen. Vielleicht kann ich erfahren, was sein Plan ist. Warum er euch braucht. Und was meine Rolle in seinem Spiel ist. Vielleicht …“
    „Und wenn es doch eine Falle ist?“, versuchte Neferti, ihn noch einmal zu warnen.
    „Wir haben doch keine andere Wahl, Neferti“, gab Simon zurück. Er wandte sich um, stellte sich dem Schattengreifer gegenüber und ergriff dessen Hand. Sie fühlte sich kalt an.
    „Ich bin bereit.“
    Der Schattengreifer baute sich vor dem Jungen auf, zog seine andere Hand hervor, legte alle Fingerspitzen an Simons Schläfen und sagte nur: „Dann komm mit mir!“
     
    Verzweifelt setzte sich Simons Vater auf die Bettkante. Seine Befürchtungen hatten sich bestätigt. Simons Träume – er hatte den richtigen Verdacht gehabt, doch er hatte Simon zu spät darauf angesprochen.
    Nun saß er hier, in Simons Zimmer, und fürchtete um seinen Sohn.
    Mit der Hand strich er über die inzwischen kalte Bettdecke, während sein Blick abschweifte, durch das Zimmer glitt und an dem Kalender haften blieb, der neben dem Türrahmen an der Wand hing. Ein kalter Schauer jagte ihm über den Rücken, als er das Datum sah, das mit einem roten Plastikrähmchen hervorgehoben war. Christian rechnete zurück, und die Gewissheit war für ihn wie ein Schlag in den Magen. Kein Zweifel: Heute war der Jahrestag der Regatta. Heute genau vor dreißig Jahren hatte Christian seine erste große Regatta gewonnen. Und an diesem Tag, vor dreißig Jahren, war er ihm zum ersten Mal begegnet, dem Schattengreifer. Sollte es jetzt wieder beginnen? Dieses Mal mit Simon im Bann des schwarzen Magiers?
    Christian brauchte Klarheit. Eine letzte Sicherheit.
    Er sprang von dem Bett auf und hechtete die Treppe hinunter, raus aus dem Haus, über die Wiese hin zum Bootshaus. Hier blieb er abrupt stehen.
    Die Tür zum Bootshaus war nur angelehnt. Der Anblick schnürte Christian die Kehle zu. Langsam ging er zu der Tür. Er legte zitternd eine Hand auf die Klinke, atmete noch einmal durch und öffnete die Tür schließlich mit einem Ruck.
    Das Boot war fort.
    Christians Kräfte schwanden. Hier hatte er seine Gewissheit. Simon war mit dem Boot unterwegs. Und Christian konnte sich denken, wohin sein Sohn gerudert war.
    Es war also nicht vorbei, wie er gehofft hatte. Im Gegenteil. Hier stand er, im leeren Bootshaus, und war sich schmerzhaft bewusst, dass alles einen neuen Anfang genommen hatte.
     
    Dunkelheit. Ein kurzes Flackern. Ein Schatten an der Wand. Dann wurde es wieder dunkel.
    Simon atmete die kalte Luft ein. Er konnte das Meer rauschen hören, wie aus weiter Ferne, und doch hatte er das Gefühl, es

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