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Der Zeitenherrscher

Titel: Der Zeitenherrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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selbstverständlich nicht sehen, was sich hinter meinem Rücken tut.“ Damit trat er aus dem Tor heraus und ging auf Nefertis Stirnband zu.
    Caspar und Moon huschten rasch durch den Spalt. Auch Nin-Si schlüpfte hektisch hindurch. Nur Neferti beobachtete den Wächter, wie er sich Schritt um Schritt ihrem Schmuck näherte. Sie seufzte leise.
    Simon griff sacht nach ihrer Hand. „Komm.“
    Sie ließ sich von ihm durch das Tor führen, wo die anderen bereits warteten. Sie standen dicht gedrängt in einer Nische der Stadtmauer, um sich Schutz zu suchen.
    Neferti und Simon eilten zu ihnen. Plötzlich hielt sich Simon beide Hände vor das Gesicht.
    „Oh, was für ein Gestank!“
    Caspar kicherte unterdrückt. „Da, wo du herkommst, riecht es anders, oder?“
    Auch Neferti hielt sich ein Tuch vor die Nase. „Das ist ekelhaft!“
    „Caspar kicherte noch einmal so leise, wie er nur konnte. „Stinkt nicht jede Epoche auf ihre Art?“
    „Hier ist es noch immer so still“, unterbrach Nin-Si die anderen. „Vielleicht haben wir ja doch einen Fehler gemacht.“
    „Das haben wir bestimmt nicht. Ich bin mir sicher, dass wir Salomon hier finden werden“, beruhigte Moon sie. „Kommt!“
    Er schlich vorsichtig aus der Nische heraus und führte die anderen entschlossen an.
    Sie duckten sich hinter dem Indianer in die Schatten dieser düsteren Stadt und huschten zwischen zwei hohen Gebäuden in eine schmale Gasse.
    „Und jetzt?“ Caspar blickte sich aufmerksam um. Aber bis jetzt schien niemand die Freunde bemerkt zu haben.
    „Salomon sprach doch von einem jüdischen Viertel“, gab Simon zur Antwort. „Das müssen wir finden.“ Moon führte sie wieder an, durch die Gassen und Straßen hindurch. Sie huschten geduckt von Winkel zu Winkel, um nicht doch noch gesehen zu werden. Doch ihre Vorsicht war unbegründet. Nicht ein Mensch war auf der Straße zu sehen. Hinter den Fenstern der Häuser war es dunkel. Die Stadt schlief.
    „Wir sind hier falsch!“, beharrte Nin-Si. „Wir haben uns in der Richtung geirrt, als wir vom Schiff …“
    „Pst!“, mahnte Caspar. An einer Hausecke ging er in die Hocke. Etwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt. „Ich glaube nicht, das wir hier falsch sind“, sagte er. Dann erhob er sich, trat zur Seite und gab den Blick frei auf das, was er entdeckt hatte: Im Graben neben dem Haus lag eine tote Ratte. Ihre Augen waren weit geöffnet, ihr ganzer Körper war merkwürdig verdreht, und die Zunge hing aus ihrem Maul. Sie war schwarz.
    „Hatte Salomon nicht gesagt, dass es mit den Ratten begann? Hatten sie nicht die Pest in die Städte gebracht?“
    Alle blickten erschrocken auf das tote Tier. Nun glaubten sie schon eher, dass sie in der richtigen Stadt waren. Vielleicht waren sie bereits in Salomons Nähe. Und vielleicht waren sie schon von der Pest umgeben.
    Ein unbehagliches Gefühl.
    Wiederum war es Moon, der seine Freunde aufrüttelte: „Wir müssen weiter. Kommt!“
    Mit bangen Gefühlen folgten sie ihm durch die Stadt.
    Bald schon entdeckten sie eine zweite Ratte an einer Hauswand, dann eine dritte. Alle waren so entstellt und verkrümmt wie das erste Tier, das sie gesehen hatten.
    Plötzlich vernahmen sie ein Geräusch. Moon blieb stehen und gebot seinen Freunden mit einem Handzeichen, ebenfalls zu verharren. Sie spitzten die Ohren. Erst war es nur ein leises Summen, das sich monoton über die Stille der Nacht legte. Doch als Moon ihnen ein Zeichen gab, sich weiterzubewegen, wurde das Geräusch lauter, mit jedem Schritt, den sie wagten. Es waren Stimmen. Menschliche Stimmen, die alle gemeinsam wie in einem Chor sprachen.
    Vorsichtig schlichen die Freunde näher. Als sie um eine Hauswand bogen, fiel ihr Blick sofort auf einen Lichtschein aufdem Straßenpflaster. Das Licht kam von einer Kerze, die in einem Fenster stand, und nun wurden auch die Stimmen lauter und lauter. Sie kamen aus dem Haus, in dessen Fenster die Lampe stand.
    Simon und die Zeitenkrieger stellten sich eng beieinander unter das Fenster, dann reckten sie ihre Köpfe und blickten in den Raum. Menschen knieten auf dem Boden. Sie hatten die Augen geschlossen und die Hände vor der Brust ineinandergeschlungen. Sie beteten.
    In der Mitte des Raumes stand ein Bett, in dem ein Mensch lag. Ebenfalls mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen. Die schwarzen Flecken auf seiner Haut waren unübersehbar. Finger, Hände und auch das Gesicht waren übersät mit den typischen dunklen Malen der Pest.
    Rasch duckten sich die

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