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Der Zeitläufer

Der Zeitläufer

Titel: Der Zeitläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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neuer Job?«
    »Der Himmel der Kartographen«, erwiderte sie lachend und fügte hinzu, hier gebe es keine Pfuscherei, und alles werde ordentlich und sehr gründlich getan. Aber sie habe das Gefühl, daß sie erst die Spitze des Eisbergs gesehen habe. Vor ihrer Ankunft sei schon eine Menge Arbeit geleistet worden, und sie genieße jetzt den prickelnden Sonnenschein.
    »Deena, ich habe dich doch gefragt, wie dir der Job gefällt.«
    »Ja.« Sie drehte ihm ihr Gesicht zu. »Hast du je auf deinen Fersen gehockt und die schillernden Farben öligen Wassers beobachtet? Oder hast du je einen Skunk überrascht, wenn die Sonne sehr niedrig stand und der hohe Fächer seines Schwanzes schwarz und weiß und golden schimmerte? Hattest du je ein gieriges Verlangen nach den Pralinen deiner Mutter?«
    »Mir scheint, du hast sehr gemischte Gefühle.«
    »Ich habe das indianische Gefühl. Diese vielen tausend Farbfotos, das Ablagesystem, der Zeichensaal, die großen Auslegetische, die gebogenen Abschnitte für den Zusammenbau. Es ist alles wunderbar vernünftig und logisch – bis du dir überlegst, warum das alles? Und ich dachte, du wolltest nach Montana gehen und Cowboy werden«, fügte sie ein wenig scheu hinzu.
    »Ah, ich dachte mir, ich könnte vielleicht doch noch eine Weile hier herumhängen. Im Juni ist's oben an der Grenze wundervoll. Ein prächtiger Monat, dieser Juni.«
    Sie trennten sich in San Francisco und verabredeten sich zum späten Lunch im Mark Hopkins.
    Dort saß sie dann an einem Fenster, von dem aus sie einen herrlichen Blick hatte. Sie war sehr zufrieden mit Marty Sanderson, der in ihren Augen elegant wie ein Falke war. Wie gut kannte sie ihn eigentlich?
    »Was kostet das hier alles?« flüsterte sie.
    »Ein paar Kartons 38.6er Patronen«, wisperte er zur Antwort. »Und eine Kiste 10/30er Öl.« Er zwinkerte sie vergnügt an. »Und ein kleines Ferkelchen.«
    Sie flogen in kameradschaftlichem Schweigen die Küste entlang. Deena runzelte die Stirn, als sie bemerkte, daß sie nicht auf dem Streifen hinter der Mundy Foundation niedergingen. »Ich dachte, du würdest vielleicht ganz gerne die Humboldt-Bucht und Eureka sehen«, meinte er. »Vor etlichen hundert Jahren wurden da viele Indianerfrauen und Kinder massakriert.« Sein Gesicht war undurchdringlich, als sie die Sägemühlen und den langen Küstenstreifen überflogen. »Hier gibt es viel Regen. Man sieht sich das also besser einmal bei schönem Wetter an.«
    Über Arcata bogen sie wieder nach Süden ab. »Ich habe auch indianische Gefühle«, sagte er. »Wenn du irrtümlich einem Bären begegnest, tust du am besten gar nichts. Und wenn das nichts nützt, mußt du davonlaufen.« Er sah sie dabei nicht an. »Deena, wir haben uns mit einem verrückten Bleichgesicht eingelassen. Vielleicht sollten wir doch nach Montana davonlaufen.«
    »Warum all dieses Hin und Her?« fragte sie bedächtig. »Die beste aller Welten ist kaum gut genug für uns, selbst wenn es darum geht, die Ordnung in einem Gebiet zu erhalten, das keiner Kontrolle unterliegt.«
     
    In den folgenden Tagen war Deena sehr beschäftigt. Sie rationalisierte. Was sie nicht vergessen wollte, behielt sie, was sie vergessen wollte, schrieb sie ab. Die Erinnerungen wurden zu einem Mosaik, das sie behutsam in ihrem Geist herumdrehte, um zu sehen, ob ein Muster daraus wurde.
    »Mrs. Mundy mietete sechs Constellations und flog im vergangenen Jahr vor dem Winter her«, erzählte ihr Marty Sanderson.
    »Komm mal mit, Deena«, riet ihr Paul Maniatti. »In den Bergen hinter uns sind Höhlen. Drei Jahre lang könnten wir dort essen, ehe wir auch nur einen Sack Mais oder Bohnen öffnen. Alles ist tiefgekühlt, und das meiste ist versiegelt. Kontrollierte Atmosphäre, Stickstoff, Helium oder dergleichen. Willst du noch ein Stück Kuchen?«
    Mesi Stevens bestätigte ihre Meinung über die Luftaufnahmen. »Ich war zwölf Jahre bei der ESSA, der geodätischen Küstenwache. Solche Serien haben sie nie zusammengestellt. Für die Planung brauchte man achtzehn Monate. Vier Leute saßen im Nachrichtenzentrum mit Radio und direkten Fernschreibern zu den Feldstationen. Ergebnis: erstklassige Negative, gute Überschneidungen, keine Wolkendecken.«
    »Die Zeichenbrücke arbeitet jetzt sehr schön«, bemerkte Doc Crowell. »Wenn du einmal spät nachts zurückkommst, brauchst du nur deine Karte einzustecken und den Schlüssel zu drehen. Das ist ziemlich sicher. Wenn du deine Sardinenbüchse am Landestreifen parkst, brauchst du

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