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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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zuvor?«
    »Sicher.«
    »Nun«, sagte Duk, »dann können wir einen Teil der Geschichte zu Ende bringen, den ihr bereits kennt: Lucius’ Sturz.«
     

     
    »Was mit Stiefelchen – der sich in Bragi verwandelt hatte - geschehen war, kam einer Auferstehung gleich: Ein Wesen, das in den Tiefen einer längst vergangenen Zeit existiert hatte, erwachte in neuer Gestalt wieder zum Leben, allerdings auf eine Weise, die den bereits vorhandenen Geist nicht gefährdete. Eine Art Reinkarnation in fortgeschrittenem Stadium, nur dass er in sich selbst reinkarniert wurde.«
    »Für mich klingt das mehr nach geistiger Besessenheit«, sagte Fisch.
    »Guter Vergleich«, sagte Bragi, »allerdings hat Duk es ganz gut beschrieben: Ich habe von mir selbst Besitz ergriffen. Es war, als hätte ich lange, lange Zeit geschlafen und als wäre ich dann in einem anderen Körper aufgewacht – einem Körper, der eben eigene Erinnerungen und Erfahrungen gesammelt hatte.«
    »Genau«, sagte Duk. »Und als er auf dem howe erwachte, war er allein. Die Reisenden und seine geheimnisvolle Beraterin, Z, waren verschwunden. War es nicht so, B?«
    »Oh, äh, ja«, stotterte Bragi. »Ich war allein, bis ich Lucius begegnete.«
    »Du sagtest, Romulus hätte Lucius geopfert, um eine Galder- Umkehrung auszulösen«, sagte Fischmehl. »Wie kam es, dass er beinahe tausend Jahre später immer noch in Europa herumlief?«
    »Die Verankerung«, erwiderte Duk. »Als sie Wirkung zeigte, wurden die grundlegenden Ereignisse der vorhergehenden Woche ungeschehen gemacht. Die Zeit wiederholte die Ereignisse nicht einfach nur, sondern die Fäden wurden entflochten, damit ein neues Muster daraus gewebt werden konnte. Lucius war am Leben, seine Opferung aufgehoben und Romulus’ Plan zunichte gemacht. Aus Rache vertrieb Romulus Lucius. Er verbannte ihn aus Rom und jedem anderen Teil des Reiches. Es sollte fast tausend Jahre dauern bis Lucius das Land, das er einmal regiert hatte, wieder betreten konnte, und als er das tat, traf er auf der Straße einen Reisenden – Bragi. Lucius wusste von den Ankoriten und der Bibliothek, hatte aber vor seiner Begegnung mit Bragi noch keinen von ihnen persönlich kennen gelernt – mit Ausnahme von Romulus. Und schon gar keinen, der wie er ein Erlkönig gewesen wäre. Er geriet mit Bragi ins Gespräch und da wurde ihm klar, dass er nun über etwas verfügte, das Romulus nicht gehabt hatte: einen der ältesten Schreiber der Bibliothek und vielleicht einen der ersten Erlkönige der Geschichte.«
    »Was hat Lucius denn in diesen beinahe tausend Jahren getan?«, fragte Ham. »Ist er einfach nur umhergewandert?«
    »Ganz genau«, sagte Duk. »Er suchte nach der Bibliothek.«
    »Romulus beging den Fehler zu glauben, er könne mit dem Wissen, das er besaß, seine eigenen neuen Geschichten schaffen. Die Informationen und Techniken, die er den von ihm angeworbenen Mönchen vermittelte, reichten jedoch nicht aus. Lucius vermutete, dass er die nächste Umkehrung aus dem Inneren der Bibliothek heraus beeinflussen könnte, wenn es ihm nur gelänge, ihren Eingang zu finden und sich Zutritt zu verschaffen. Er glaubte, man würde ihn einlassen, wenn er die fehlenden neun Bücher zurückbrächte. Sollten diese Bücher eine Geschichte enthalten, die seinen eigenen Interessen zugute kam – umso besser.«
    »Nachdem wir einige Abende gemeinsam gegessen und uns unterhalten hatten, wusste Lucius, wer ich wirklich war«, sagte Bragi. »Ich für meinen Teil erkannte in ihm einen Erlkönig und vertraute ihm deshalb. Naives und bedingungsloses Vertrauen – ein Charakterzug, den Bragi und Stiefelchen gemeinsam hatten. Er bot mir an, mich auf dem Weg zur Bibliothek zu begleiten, und mir war seine Gesellschaft willkommen.«
    Duk fuhr mit der Geschichte fort. »Es gelang Lucius, Bragi davon zu überzeugen, dass er ein Ankorit auf dem Weg zur Bibliothek sei, um die Geschichten zurückzubringen, die er bei sich trug – die drei Bände. Außerdem erzählte er ihm, dass er unterwegs sechs zusätzliche Bände fertig stellen musste. Da B nicht ganz auf dem Laufenden war, was die Belange der Bibliothek anging, nahm er an, es würde sich um einfache Restaurierungsarbeiten handeln und bot Lucius seine Hilfe an.«
    »Wir hatten den Berg, in dem sich die Bibliothek befindet, fast erreicht, als ich feststellte, dass sich die Geschichten, die ich für Lucius schrieb, nicht wirklich ereignet hatten«, sagte Bragi mit einem Anflug von Reue in der Stimme. »Also traf ich eine

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