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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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mitsamt den Zäunen. Kein Haus war noch ganz, nirgends eine heile Fensterscheibe zu sehen.
    Als der Schweber über eine zweite, lange verlassene Stadt dahintrieb, ließ Cargill die Bodenplatte wieder über die Öffnung gleiten und zog sich nachdenklich in seine Koje zurück. Er kam aus einer Welt, in der praktisch jeder Morgen bestellbaren Landes jemandem gehörte und genutzt wurde. Er war deshalb zutiefst erschüttert, daß sich hier ganze Landstriche in eine Wildnis hatten zurückverwandeln können. Er versuchte, sich aus dem Gesehenen und aus allem, was er von dem Mädchen erfahren hatte, ein Bild zu machen, wie es hatte soweit kommen können. Aber das war unmöglich. Er fragte sich, ob die Entwicklung der Maschinentechnik die Landwirtschaft etwa unnötig gemacht hatte. War das der Fall, so konnte man den Zerfall und die Verlassenheit vielleicht als Übergangsstadium betrachten. Die Zeit mochte demnach kommen, da diese verlassenen Farmen und Kleinstädte ganz von dem Boden verschluckt würden, auf dem sie dereinst in vielfältiger Form entstanden waren, die Zeit würde kommen, wenn diese kostspieligen Monumente einer früheren Zivilisation genauso verschwunden und in Vergessenheit geraten waren wie die Städte des Altertums.
    Auch die beiden folgenden Nächte verbrachten sie mit dem Einfangen von Meerestieren. Am vierten Tag hörte Cargill die laute Stimme einer Frau aus dem Wohnzimmer. Die Stimme war ihm sofort unsympatisch, und sie erschreckte ihn. Komischerweise war es ihm bisher nie in den Sinn gekommen, daß die Schweber untereinander in Verbindung standen. Zweifellos erteilte die Frau den Bouvys Befehle.
    Kaum war ihre Stimme verstummt, änderte das Schiff den Kurs.
    Als die Sonne unterging, trat Lela in seine Kammer. »Wir werden heute abend an einem Ort niedergehen, wo viele andere Schweber ebenfalls die Nacht verbringen. Sieh dich also vor!« Sie war offensichtlich schlechtester Laune und verließ die Kammer wieder, ehe er auch nur einen Ton hatte hervorbringen können.
    Cargill dachte mit zusammengekniffenen Augen über die bevorstehenden Möglichkeiten nach. Seit vier Tagen hatte er jetzt schon die Ketten an seinen Beinen, und es sah nicht so aus, als würde man sie ihm wieder abnehmen. Es war Zeit, daß er etwas dagegen unternahm. Alles, was ich tun muß, sagte er sich, ist, die beiden Bouvys in einem unerwarteten Augenblick zu überwältigen. Und er gedachte nicht, besonders sanft mit ihnen umzugehen. Aber er durfte seine Hoffnungen nicht zu hoch schrauben. Jedenfalls nahm er an, daß die Anwesenheit vieler Menschen ihm die Flucht erleichtern konnte.
     

 
6.
     
    Durch die offene Tür konnte Cargill sich in etwa ein Bild machen, was draußen vor sich ging. Männer mit Angelruten gingen vorbei. Die Luft, die hereindrang, roch nach frischem Quellwasser und unzähligen Pflanzen. Als es zunehmend dunkler wurde, hielt er es nicht mehr aus. Vorsichtig, damit er ja nicht über seine Ketten fiel, kletterte er hinaus auf den weichen Grasboden. Die Szene um ihn war geradezu idyllisch. Zwischen den weitauseinanderstehenden Bäumen war eine ganze Anzahl von Schiffen gelandet. Er konnte zumindest zwölf zählen, doch hinter dem Buschwerk, den Strand entlang, sah er die Lichter weiterer. Von allen Seiten trug der Wind Stimmen zu ihm, und irgendwie freute er sich, sie zu hören.
    Jemand näherte sich in der Dunkelheit, und gleich darauf setzte sich Lela Bouvy neben ihn ins Gras. »Ein Leben wie unseres ist doch herrlich, nicht wahr?« fragte sie atemlos.
    Cargill zögerte. Er stellte zu seiner eigenen Überraschung fest, daß er ihr innerlich zustimmte. In uns allen, dachte er, ist der Wunsch zur Natur zurückzukehren, sich im weichen Gras zu entspannen, dem Rascheln der Blätter in einer sanften Brise zu lauschen. Ja, er spürte plötzlich dieses Bedürfnis tief in seinem Innern, dieses Verlangen, das die Schweberleute aus der sklavischen Ordnung der Zivilisation vertrieben hatte. Doch mit Wehmut erkannte er, daß diese Rückkehr zur Natur auch eine Rückkehr zur Primitivität darstellte. »Ja, es ist sehr schön«, erwiderte er schließlich.
    Eine große, sichtbar von sich selbst überzeugte Frau trat aus der Dunkelheit ins Licht, das von einem anderen Schweber fiel.
    »Wo ist Bouvy?« fragte sie und leuchtete mit ihrer Taschenlampe Lela und Cargill bedeutend länger an, als nötig gewesen wäre.
    »Ich werd' verrückt«, sagte sie. »Die kleine Lela hat sich einen Mann gekapert!«
    Lela brauste auf:

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