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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Erwachen, ihr Klagen hörte auf, sie sagte: »Schluß jetzt. Ich bin kaputt.«
      Michilino war es zwar noch nicht vergangen, nur daß es ihm nicht mehr so weh tat, seit er in Marietta war, und daher sagte er, ohne ihn herauszuziehen: »Können wir eine halbe Stunde ausruhen in der Stellung, die wir jetzt haben?«
    Marietta antwortete nicht, sie schlief halbtot vor Müdigkeit.

    Als Marietta aufwachte, begann es zu tagen.
      »Los, verschwinden wir von hier, Onkel Giugiù kann jeden Augenblick zurückkommen.«
      Michilino sah mit Zufriedenheit, daß er keinen Ständer mehr hatte.
      Marietta stand mit Mühe vom Boden auf und ging mit breit auseinandergestellten Beinen.
    »Tut mir das weh, ich bin ganz geschwollen.«
      Sie legten sich ins Bett und sanken in tiefen Schlaf. Bis sie durch Papàs Geschrei aufgeweckt wurden.
    »Was ist denn hier los gewesen in der Nacht?«
      Sie standen auf. Papà stand im Eßzimmer und betrachtete sich die Zerstörung von Tellern, Gläsern, Flaschen und Besteck auf dem Boden.
    »Entschuldige, Onkel Giugiù«, sagte Marietta. »Als ich ins Bad ging, ist ein Schwindel über mich gekommen, da hab' ich mich am Tischtuch festgehalten und …«
      Sie hielt inne, denn Onkel Giugiù hörte gar nicht mehr auf, sie anzusehen, sie, Marietta, im Nachthemd, war wirklich eine Augenweide. Verschämt bedeckte sie ihre Brüste mit der Hand. Papà lächelte sie an, sie lächelte ebenfalls. Papà ging zu ihr, führte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf.
    »Ist dir nicht wohl?«
    Marietta hatte unter ihren Augen zwei schwarze Ringe.
      »Doch, nur daß ich diese Nacht kein Auge zugetan habe, vielleicht, weil ich zuviel gegessen und getrunken habe und daher …«
      »Ich hab' auch nicht gut geschlafen«, schaltete sich Michilino ein.
    Keiner kümmerte sich darum, weder Papà noch Marietta.
    »Nur deshalb?« fragte Papà maliziös.
    Marietta wurde ganz rot.
      »Aus welchem anderen Grund denn sonst, deiner Ansicht nach?«
      »Na ja«, sagte Papà immer noch maliziös. »Der eine oder andere Gedanke …«
    »An was?«
    »An den einen oder anderen Jungen.«
    »Ich habe keinen Jungen«, sagte Marietta hart.
      »Hast du heute nacht gewonnen oder verloren, Papà?« fragte Michilino.
    »Verloren.«
    »Viel oder wenig?«
    »Viel.«
    »O du Armer«, sagte Marietta.
    Sie ging zu ihrem Onkel und streichelte sein Gesicht. Papà
    nahm ihre Hand und küßte ihre Handfläche. In diesem Augenblick spürte Michilino wegen der Bewegung, die Marietta gemacht hatte, den Duft. Er kam von Mariettas Körper, ein Schweißduft, ein Puderduft, Oreganoduft und noch ein anderer Duft, den er vorher noch nie wahrgenommen hatte. Auch Papà hatte ihn bemerkt, denn er stand mit weit geöffneten Nasenflügeln neben Marietta und genoß diesen herrlichen Duft einer Frau.

    Am Abend des vierten Tags im Januar sagte Papà, daß er am nächsten Morgen früh nach Palermo fahren müsse und erst am Epiphaniastag wieder komme, um die Essenszeit. Sie gingen bald schlafen. Es schlug fünf Uhr in der Frühe, als Michilino wach wurde, weil er spürte, daß Marietta aufstand.
    »Wohin gehst du?«
      »Ich geh' deinen Vater verabschieden, der wegfährt, ich mache ihm einen Mokka.«
      Was war das denn? Fühlte sie sich jetzt plötzlich nicht mehr wie eine Magd? Michilino schlief wieder ein, zufrieden über die Wandlung der Cousine.
      »Begleitest du mich zum Einkaufen? Ich muß auch die Sachen für morgen einkaufen, da ist Feiertag«, fragte Marietta, nachdem sie die Betten gemacht und die Wohnung gesäubert hatte.
      Als sie im Geschäft von Don Pasquale Vesuviano waren, einem Neapolitaner, der Käse und Salami verkaufte, die Papà sehr mochte, wollte es das Unglück, daß die Witwe Sucato eintrat, Signora Clementina. Sie lächelte Michilino an und streichelte ihm über den Kopf. Dann, während der Neapolitaner in den hinteren Raum gegangen war, um Mortadella zu holen, fragte sie halblaut und lächelnd Marietta: »Bist du es jetzt, Mariè, die Giugiù Sterlini die Hörner abraspelt?«
    »Reden Sie nicht in dieser Weise vor dem Kleinen!«
      »Kleinen? Michilino? Wenn du wüßtest, was er mir einmal unter dem Eßzimmertisch gemacht hat!«
    »Das ist nicht wahr! Sie sind es gewesen, die …«
      Michilino wollte erklären, doch Marietta gab ihm keine Zeit dafür. Sie ließ die Packung, die sie in der Hand hielt, auf den Boden fallen und verpaßte der Witwe einen kräftigen Schlag ins Gesicht, die mit diesem

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