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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Michilino.
      Papà hörte auf der Stelle auf zu lachen und stellte das Glas auf den Tisch, ohne etwas zu sagen. Sein Gesicht hatte sich verdüstert. Marietta verharrte einen kurzen Augenblick noch mit erhobenem Glas und stellte es dann langsam auf den Tisch. Michilino trank den Spumante im Stehen, und erst, als er ausgetrunken hatte, setzte er sich hin. Marietta legte ihre Hand auf die von Papà.
    »Onkel Giugiù …«
      Später, nachdem Papà eine Flasche fast ganz alleine ausgetrunken hatte, kehrte die Fröhlichkeit wieder zurück.
    »Wünscht mir Glück, heute abend geht's beim Spielen im
    Club zur Sache!«
      Während Marietta ihm ungeschickt den Mantel hielt, weil sie beim Trinken auch kein Waisenkind war, sagte Papà: »Ah, Michilino, fast hätte ich vergessen, dir etwas zu sagen. Erinnerst du dich an den kommunistischen Schneider, den, der Maraventano heißt?«
    »Ja.«
      »Das Gericht hat ihn zum Tode verurteilt, weil er seinen Sohn ermordet hat. Er wird übermorgen erschossen, bei Tagesanbruch.«
      Er setzte den Hut auf, küßte Mairetta noch einmal und ging fort. Den Augenblick nutzend, da die Cousine ihm noch den Rücken zugekehrt hatte, eilte Michilino zurück und setzte sich hin. Die Worte, die Papà ihm gesagt hatte, hatten auf ihn die Wirkung eines elektrischen Schlags. Es kribbelte in seinem ganzen Rücken, er befand sich inmitten einer Feuerlohe.
    Das Vögelchen war steif geworden, hart und stählern, und er
    wollte sich in dieser Situation nicht vor Marietta sehen lassen. Er versuchte an Mamà zu denken, aber das hatte überhaupt keine Wirkung, ja, das Kribbeln und die Feuerlohe waren zwar vergangen, aber das Vögelchen blieb wie es war, genauer gesagt, nein, es war nämlich noch größer und noch härter geworden, der Kopf pochte heftig gegen die Unterhose, es war, als hätte er die Kraft, sie zu durchschlagen und herauszuschießen. Marietta hing einem Gedanken nach, hin und wieder lachte sie und führte das Glas an ihren Mund.
    Michilino begriff, daß sie sich nicht bewegen würde, bevor sie nicht die Flasche Spumante völlig leer getrunken hatte. Dann endlich stand Marietta wankend auf und schloß sich ins Badezimmer ein. Als Michilino alleine war, sprang er hoch, knöpfte sich auf, holte das Vögelchen heraus, öffnete die Fenstertür und ging hinaus in die kühle Nacht, in der Hoffnung, daß es erschlaffen würde. Nichts. Er kam wieder herein, schloß die Fenstertür und setzte sich hin.
    »Hast du das Fenster aufgemacht?«
      »Ja, um frische Luft hereinzulassen. Du und Papà habt an die zehn Zigaretten geraucht!«
      »Ich habe nur eine geraucht. Und ich mag es nicht. Was machst du? Kommst du auch schlafen?«
    »Ich komme sofort.«
      Nackt, im Bad, hielt er ihn unter kaltes Wasser. Wetten, daß ihm der Ständer erst vergehen würde, wenn Maraventano erschossen worden war? Es wäre furchtbar, wenn er bis übermorgen in diesem Zustand aushalten müßte. Schon fing er an, ihm weh zu tun. Er hatte Schwierigkeiten, die Unterhose wieder anzuziehen. Er vertrödelte noch etwas Zeit in der Hoffnung, daß die Cousine, benommen von all dem Spumante, eingeschlafen wäre. Gerade putzte er sich zum dritten Mal die Zähne, als er sie rufen hörte.
    »Michilino! Du bist doch wohl nicht ins Klo gefallen?«
    »Ich komme.«
      Er ließ noch ein paar Minuten verstreichen, dann entschloß er sich, das Bad zu verlassen, denn sonst hätte die Cousine vielleicht Verdacht geschöpft.
      Er ging sachte zur Kammer, und sofort sah er, daß die Cousine das Licht ausgemacht hatte, um einzuschlafen. Er ging hinein, zog die Unterhose aus, zog das Nachthemd an, kletterte aufs Bett und wollte gerade über den Körper der Cousine steigen, als diese, schon halb im Schlaf, die Hand hob, um ihm zu helfen. Marietta wollte ihn an den Hüften fassen, doch ihre rechte Hand verfehlte das Ziel und packte das aufrecht stehende Vögelchen. So verharrten sie eine Weile, Michilino gewissermaßen rittlings auf ihr und sie, die herumtastete, um sich eine Vorstellung von dem zu machen, was sie da berührte.
    »Bleib so«, befahl Marietta.
      Sie setzte sich halb auf und machte das Licht an. Michilino rührte sich nicht. Die Cousine nahm den Saum des Nachthemds und hob ihn vorsichtig hoch. Was sie sah, ließ sie ihre Augen verwundert aufreißen.
    »Heilige Muttergottes!« sagte sie.
      Alle immer wieder so! Immer den gleichen Ausdruck! Was hatte denn sein Vögelchen nur so Besonderes?
      »Es will einfach nicht

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