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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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müssen. Sonst ist die Tür immer verschlossen, damit sich keine Museumsbesucher ins Lager verirren. Im Augenblick ist diese Tür aber auch noch mit einem Steinfries zugestellt, sodass wir außen herumgehen müssen. Ist das schlimm?«
    »Nein, ganz im Gegenteil. Hier draußen fühle ich mich viel wohler als im Lager.«
    Eliadis schloss die Tür hinter ihr. »Das ist verständlich. Das Lager kommt mir manchmal wie eine Grabkammer vor, aber Simon fühlt sich zwischen den Artefakten wohl. Für ihn ist es eher eine Schatzkammer.«
    »Für Sie etwa nicht? Ich meine, die gefundene Kylix scheint doch sehr wertvoll zu sein.«
    »Ach ja?« Eliadis’ Stimme wirkte teilnahmslos, als seine Finger mit dem Schlüssel für einen kurzen Moment über dem Türschloss verharrten. »Da Simon sie jeden Abend im Tresor einschließt, werden Sie wohl Recht haben.«
    Er sperrte die Tür des Lagers zu, steckte den Schlüssel in seine Hosentasche und geleitete Karen um einen hohen Pinienbaum herum zum Vordereingang des Museums, während sie mit einem Stirnrunzeln den glatten Marmor-bau betrachtete. Wie hatte man es nur wagen können, an einem solch klassischen Ort ein derartig modernes Gebäude hinzustellen?
    Eliadis betrachtete leicht amüsiert ihren pikierten Gesichtsausdruck.
    »Das Museum scheint Ihnen nicht zu gefallen. Mir auch nicht. Irgendein Architekt musste wohl wieder mal beweisen, wie man Modernes mit Altem harmonisch verbindet. Das ist ihm hier nicht besonders geglückt, aber wenigstens sind die Räume innerhalb des Museums sehr praktisch und funktionell.«
    Er führte sie über ein antikes Steinmosaik mit verschlungenen schwarz-weißen Ornamenten, das man aus dem Heiligen Bezirk vor den Eingang des Museums verlegt hatte, und öffnete Karen die Tür.
    Mit einem leichten Gruß nickte er dem dicklichen Kartenverkäufer zu, der sie beide mit einem Grinsen passieren ließ. Sie gingen die Treppe hinauf zum ersten Ausstellungsraum, in dem sie auf einen Omphalos und einen Dreifuß trafen.
    Karen blieb bei dem Omphalos stehen und wollte ihn berühren, aber ihre rechte Hand verharrte kurz vor dem alten Marmor.
    »Es ist nur eine Kopie aus der römischen Zeit«, sagte Eliadis, der wartend an der Tür zum nächsten Raum stand.
    »Ich weiß«, entgegnete Karen und sog jede Einzelheit in sich auf. »Trotzdem ist er zweitausend Jahre alt. Und er sieht sehr echt aus.« Sie ging an einem Dreifuß mit einem bronzenen Kessel vorbei und runzelte die Stirn. »Der Kessel gehört nicht zum Dreifuß, nicht wahr?«
    »Ja, das stimmt«, sagte Eliadis mit Genugtuung. »Der Kessel und der Dreifuß stammen aus unterschiedlichen Grabungen, aber man dachte, dass sie sich gut ergänzen, und hat sie deswegen zusammengefügt.«
    »Das mag sein, aber sie gehören nicht zusammen. Man sollte so etwas nicht machen.«
    Eliadis freute sich über ihre entschiedene Meinung. »Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.« Er winkte kurz mit der Hand und führte sie in einen großen Ausstellungsraum, in dem mehrere Friese an der Wand hingen. »Der Saal mit den Kunstwerken des Schatzhauses der Siphnier. Es soll das schönste und prachtvollste nach dem Tempel und dem Schatzhaus der Athener gewesen sein.«
    Karen erinnerte sich. »Ja, das sagte Simon auch. Es war vollkommen aus Marmor, nicht wahr, während die anderen Bauten aus Kalkstein bestanden?«
    »Das stimmt. Und es hatte einen ionischen Giebelfries, auf dem der Streit des göttlichen Herakles und des Apollon über den Dreifuß der Pythia dargestellt war. Und hier ist die Versammlung der Götter auf dem Olymp zu sehen, wie sie den Krieg um Troja beobachten oder dort die Schlacht der Götter gegen die Giganten. Das alles wurde ungefähr 535 v. Chr. geschaffen. Ist das nicht faszinierend?
    Diese Genauigkeit? Diese kleinen Details der Kleidung, Mimik und der Waffen auf den Steinfriesen? Aber was ich Ihnen eigentlich zeigen wollte, ist dies hier.« Er deutete auf die schlanke Statue mit den hohen geschwungenen Flügeln, die majestätisch in der Mitte des Raums auf einem niedrigen Sockel stand. »Die Sphinx der Naxier.« Eliadis genoss es, wie Karen die Statue bestaunte.
    »Sie ist wunderschön …«, stammelte sie.
    »Und jetzt stellen Sie sie sich auf einer zehn Meter hohen ionischen Säule vor, wenn sie die Morgen- und Abendsonne begrüßt.«
    Karen konnte sich an einige Trommelstücke erinnern, die sie zwischen der Tempelterrasse und dem Felsen der Pythia gesehen hatte. »Ja, sie stand südlich neben dem Tempel und konnte

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