Der Zirkel Des Daemons
Aber schon damals hast du uns gemieden.«
»Nun«, sagte Nick. »Ihr seid ja auch zwei komische Vögel.«
Sie näherten sich der Hauptstraße und damit auch dem Bahnhof, als Nick eine Kneipe bemerkte, die sie noch nicht untersucht hatten. Er steuerte darauf zu.
»Habe ich das richtig verstanden«, sagte Jamie hinter ihm. »Jemand, der Dämonen anruft, nennt mich einen komischen Vogel?«
»Was ich tue, ist nicht das, was ich bin«, erwiderte Nick. »Was ich tue, muss ich tun, aber eines Tages werden Alan und ich damit aufhören können.«
Sie betraten den Pub, der New Inn hieß. Nick vermutete, dass die auf antik gemachte Holztäfelung, die Steinplatten auf dem Boden und die schwarzen schmiedeeisernen Laternen einen bewussten Kontrast zum Namen der Kneipe darstellen sollten. Er schlenderte durch den Raum und spähte in die dämmrigen Winkel. Jamie hielt sich stets in seinem Rücken.
Dabei redete er munter weiter. »Na ja, das stimmt nicht ganz. Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber es ist ja nicht nur so, dass du Dämonen beschwörst. Es geht nicht
einmal darum, dass du mehr Messer am Leib trägst, als in einem Nobelrestaurant auf dem Tisch liegen. Du … ähm, du lächelst nicht und du schaust durch die Leute hindurch, und du …«
»Still«, sagte Nick.
»Ja, richtig, du bist sehr still«, meinte Jamie und nickte eifrig. »Und ich muss sagen, dass ich das alles ein wenig beunruhigend finde.«
»Ich meine«, sagte Nick, »du sollst still sein. Ich glaube, ich sehe etwas.«
Am linken Ende der Theke stand ein Magier. Er kaufte gerade eine Packung Chips.
Wenn der Mann sich nicht so bemüht hätte, seine wahre Gestalt zu verbergen, hätte Nick ihn wohl nicht bemerkt. Die viel zu künstlich wirkenden Falten und die übertriebene Schwärze des Haars sprangen ihm ins Auge. Der Magier sah aus wie ein Ölgemälde und stach damit überdeutlich aus einer Welt hervor, die wie mit Buntstiften gemalt war.
Nicks Muskeln wollten alle gleichzeitig vorspringen, ehe er noch einen klaren Gedanken gefasst hatte. Die Jagd war eröffnet.
»Runter«, flüsterte er Jamie zu.
»Ich bin dir immer einen Schritt voraus«, gab Jamie zurück, der schon auf dem Boden lag.
Ein paar Leute schauten verwirrt auf den Jungen, der sich platt auf den Bauch geworfen hatte. Nick bemerkte ihre Blicke aus dem Augenwinkel. Nur die wenigen, die instinktiv wussten, woher die Gefahr wirklich
drohte, starrten gebannt auf Nick. Er kümmerte sich nicht darum. Es spielte keine Rolle, ob jemand sah, wie er das Messer zog. Hauptsache, er erwischte den Magier.
Erst ein einziges Mal hatte er versucht, Alan einen lebenden Magier zu bringen. Der Gedanke daran ließ ihn noch rechtzeitig zögern, und der Moment, in dem er normalerweise den Todesstoß angebracht hätte, verstrich ungenutzt.
Wenn er den Magier wirklich hätte umbringen wollen, hätte ihn der Mann nicht einmal bemerkt. Nick tat das schließlich nicht zum ersten Mal. Er war schnell genug, geschickt genug, blieb so lange wie nötig unsichtbar. Als er jetzt zauderte, fuhr der Kopf des Magiers herum.
Er ließ die Chipstüte auf die Theke fallen und hob die Hand. Alles, was Nick sah, war ein Glitzern in der Luft, und dann wirbelte ihm ein plötzlicher Wind Sand in die Augen. Nick blinzelte und der Magier stürzte davon.
Der Kerl konnte nicht besonders mächtig sein, wenn ihm als Waffe nur Sand einfiel.
»Jamie!«, rief Nick. »Kannst du was sehen?«
»Ja«, sagte Jamie.
Das war ein Glück. Nick hatte erwartet, dass der Sand des Magiers sie beide geblendet hätte.
»Dann folge ihm!«
»Ähm«, sagte Jamie, und während Nick durch die brennenden Augen blinzelte, fühlte er, wie Jamie ihn am Ärmel packte und nach draußen zog. »Ähm«, sagte Jamie noch einmal und seine Stimme klang irgendwie verloren. »Weiter kann ich ihm nicht folgen.«
»Warum nicht?«, wollte Nick wissen. In dem Moment klärte sich seine Sicht, und er sah, wie der Magier von einem dämonischen Wind emporgehoben wurde und auf einem schrägen Hausdach landete.
»Weil ich nicht fliegen kann«, antwortete Jamie kleinlaut.
Nick verengte die Augen. Es sah nicht so aus, als ob der Wind den Magier noch weitertragen konnte. Er rannte jetzt, stolperte über die Dachziegel. Offensichtlich besaß er nur noch die Kraft seiner eigenen Beine und keine Magie mehr, die ihm bei der Flucht behilflich sein konnte.
»Er auch nicht«, presste Nick zwischen den Zähnen hervor.
Auf beiden Seiten der Fassade der Kneipe befand sich ein
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