Der Zirkel Des Daemons
glänzendes schwarzes Fallrohr. Nick packte das nächstgelegene und schwang sich hinauf. Die Schuhe rutschten an der feuchten, glatten Oberfläche ab, während er sich nur mithilfe seiner Muskelkraft nach oben zog. Einen Augenblick lang hangelte er nach der Regenrinne, dann verlagerte er sein ganzes Gewicht auf seine Arme und hievte sich aufs Dach.
Der Magier hatte einen Vorsprung. Nick fing an zu rennen. Jetzt gab es kein Zögern mehr, keinen Gedanken daran, was er tun würde, wenn er den Magier eingeholt hatte, nur eine reine, befreiende Leere in seinem Kopf und die grimmige Gewissheit der Jagd. Nick würde ihn überwältigen. Was dann geschehen würde, spielte im Moment keine Rolle.
Der Magier war schnell, aber nicht schnell genug. Nick hätte ihn bereits nach einer Minute gehabt, wenn das Terrain, über das die Jagd ging, ein anderes gewesen wäre. Zum ersten Mal erlebte Nick ein Wettrennen auf einer Schräge. Die unebenen roten Schindeln erinnerten ihn an rutschige Kiesel auf einem Strand. Jede dieser Schindeln war gefährlich schlüpfrig. Jedes Mal wenn Nick eine Körperdrehung machen musste, hörte er das Klappern und Klirren herunterfallender Dachschindeln.
Als er um eine Ecke bog, fiel Nick mit voller Wucht auf Hände und Knie. Der Himmel vor seinen Augen neigte sich zur Seite, aber er klammerte sich instinktiv fest, stemmte seinen Fuß gegen die kleinen weißen Spitzen, die in einer Reihe am Rand des Dachs verliefen. Schon nach ein paar Sekunden konnte er sich erheben und weiterlaufen.
Nick holte auf, kam dem Mann immer näher. Der Magier schaute kurz über seine Schulter, und Nick sah die Angst in seinen Augen, sah, dass der andere wusste, was ihn erwartete. Nick hätte lachen mögen, aber er rannte ungerührt weiter, so schnell, dass er sich beinah in die Tiefe gestürzt hätte, als die Dächer plötzlich aufhörten.
Nick schaute sich um, ob es dem Magier gelungen war, über die Straße zu schweben, entdeckte dann aber eine kleine Brücke, die die Straße überspannte und zu einer weiteren Ansammlung von Dächern führte. Nick grinste, fühlte, wie sich seine Lippen zurückzogen und die Zähne dahinter entblößten. Dann jagte er über die Brücke dem Flüchtenden nach. Im Vorbeirennen sah er
ein goldenes Wappen aufblitzen, einen leuchtenden Löwen, der ihm eine Grimasse schnitt. Dann hatte er die Brücke hinter sich gelassen und befand sich wieder auf einem Dach, dem Magier nahe genug, um seinen rasselnden, verzweifelten Atem zu hören. Nick fühlte das beruhigende Gewicht des Messergriffs in seiner Hand, ohne sich erinnern zu können, dass er das Messer aus der Scheide gezogen hatte. Er verengte die Augen, maß die Entfernung ab, überlegte kurz, mit welcher Wucht er das Messer werfen musste, und erinnerte sich wieder daran, dass er diesen Magier nicht töten durfte.
Nick warf im Laufen das Messer in die Luft und fing es an der Klinge wieder auf. Der kalte Stahl schnitt ihm in die Handfläche, aber er beachtete es nicht. Dann zielte er und warf.
Das Heft des Messers traf den Magier hart auf den Hinterkopf und der Mann ging zu Boden wie ein gefällter Baum. Kopfüber purzelte er über das Dach. Nick warf sich nach vorn und packte den Mann um die Taille, ehe er abstürzen konnte.
Sie hatten beinahe das Ende dieser Dächergruppe erreicht. Vor ihnen lagen wieder eine Straße und eine Brücke. Unter ihnen kam Jamie angerannt. Nick hörte, wie er Passanten versicherte, dass es sich hier um eine Stuntszene handelte, die für einen Spielfilm geprobt wurde.
Nick saß auf dem Dach, atmete schwer und hörte das laute und triumphierende Hämmern seines Herzens in der Brust. Er hatte es geschafft. Er hatte einen Magier lebend gefangen. Alan war gerettet.
9
Ketten
A LAN«, SAGTE NICK. »Sei doch kein Narr.« Er war wohl noch nie in seinem Leben so wütend gewesen. Er war derjenige, der den Magier gefangen hatte. Er hatte ihn sich über die Schulter geworfen und quer durch Salisbury getragen, mit Jamie im Schlepptau, der allen, die nach dem bewusstlosen Mann fragten, erklärte, er sei sein Cousin und hätte einen Anfall. Nick hatte den Magier in Eisen gelegt und dafür Fahrradketten benutzt, die er gestohlen hatte. Dann hatte er ihn in den Kofferraum des Wagens geworfen, hatte auf die anderen gewartet, und gemeinsam waren sie nach Hause gefahren.
Nick hatte den Magier gefangen. Also sollte niemand anders als er das Recht haben, zu entscheiden, was mit ihm geschehen würde.
Alan fuhr sich mit den Fingern
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