Der Zirkel Des Daemons
Sommersprossen, das Gesicht eines jungen Mannes, der wohl rasch das Vertrauen von alten Damen gewinnen würde.
Er öffnete die grauen Augen weit, blinzelte und schaute sich verzweifelt um.
»Oh Gott«, sagte der Magier. »Jetzt sitze ich in der Tinte.«
Nick hatte keine Bedenken wegen Alan. Auch er wusste ja genau, wie Magier sich verstellen konnten. Nick sorgte sich um Mae und Jamie und um ihre Reaktion, wenn sie erkannten, dass Magier völlig harmlos und ganz und gar menschlich aussahen und sich auch so benahmen. Bis sie es eben irgendwann nicht mehr taten.
»Wir werden dich töten«, betonte er. »Wir werden nicht mit dir verhandeln. Ich würde dich am liebsten jetzt gleich umbringen, aber die anderen glauben, dass du über Informationen verfügst, die wir brauchen. Also werden wir dich erst dazu bringen, uns diese Informationen zu geben.«
Er fügte den letzten Satz mit voller Absicht hinzu, damit Mae und Jamie sich gleich auf das Schlimmste gefasst machen konnten und Zeit hatten, die Sache zu verarbeiten. Er hatte keine Lust, sich später mit ihren hysterischen Anfällen herumzuschlagen.
»Ich glaube, ich könnte mich davon überzeugen lassen, euch gewisse Informationen auch freiwillig zur Verfügung zu stellen«, sagte der Magier mit einer ängstlichen Stimme, als ob er auf Mitgefühl hoffte, und einem weichen irischen Akzent.
Nick hatte sonst nie Gelegenheit, sein Klappmesser einzusetzen, weil die Zeit, die er brauchte, um die Klinge aufschnappen zu lassen, über Leben und Tod entscheiden
konnte. Jetzt konnte er sich alle Zeit der Welt lassen, und er genoss das kalte, leise Klicken, mit dem die Klinge hervorsprang, und den Anblick des erbleichenden Magiers.
»Rede!«
»Mein Name ist Gerald«, sagte der Magier prompt. Wieder lud die angstvolle, reumütige Stimme sie alle ein, seinen Namen ein wenig zu belächeln und ihn ein wenig mehr als Mensch zu betrachten.
Sein offener, freundlicher Blick wanderte über sie, suchte ihre Augen und betonte in aller Deutlichkeit seine Harmlosigkeit. Allerdings machte er nicht einmal den Versuch, Nick anzuschauen, was Nick als deutliches Zeichen seiner Intelligenz wertete. Er betrachtete Alan eine Weile, dann sah er zu Mae und lächelte tapfer und zum Schluss ruhten seine Augen auf Jamie.
»Dein Name interessiert uns nicht, Magier«, sagte Alan. »Genauso wenig, wie du dich für die Namen der Menschen interessiert hast, die du ermordet hast.«
Gerald schaute ehrlich empört drein. »Ermordet? Ist das alles, wofür ihr uns Magier haltet? Für Mörder?«
»Nein, schlimmer«, sagte Nick und spielte mit dem Klappmesser. Er wusste, dass er besser den Mund halten sollte. Mae und Jamie schauten von Nick mit seinem Messer zu Gerald, der gefesselt auf dem Stuhl saß. Er wusste, dass sie Vergleiche zogen.
»Ich wurde als Magier geboren«, sagte Gerald. »Es gibt nichts, was man dagegen tun kann. Es liegt im Blut. Der Ruf der Magie und das Verlangen nach Macht werden
dir in die Wiege gelegt, und eines Tages, egal was man tut, findet dich die Magie.«
Er schaute von Jamie zu Mae, während er sprach, ausgerechnet zu Mae, die genauso nach Wissen und Erkenntnis strebte wie Alan, und offensichtlich fand er in ihrem Gesicht die Ermutigung, die er brauchte, um fortzufahren.
»Die Leute glauben, dass wir ohne Dämonen über so gut wie keine Magie verfügen, aber das stimmt nicht. Die Macht, die es erleichtert, sie zu beschwören, zeigt sich auf vielerlei Arten. Als ich ein Kind war, sind mir ständig merkwürdige Dinge passiert. Der Zirkel des Obsidian hat mich rekrutiert: Vorher hatte mich niemand verstanden, aber ich bin mein ganzes Leben lang ein Magier gewesen. Einer meiner Vorfahren hat das halbe Land mit seinen magischen Fähigkeiten beherrscht. Magier sehen die Welt anders als normale Menschen. Alles ist grau und flach und kalt, nichts hat eine Bedeutung, bis man den Dämon beschwört und endlich ein gewisses Maß an Kontrolle über die Welt gewinnt.«
»Es ist schön«, sagte Alan mit milder Stimme, »dass es dich mit Zufriedenheit erfüllt, wenn du deine Mitmenschen an Dämonen verfüttern kannst.« Er nahm ein Messer aus seinem Stiefel, drehte es leicht in der Hand hin und her und betrachtete, wie sich das Licht auf der Klinge spiegelte. »Hast du uns auch etwas Nützliches zu berichten oder brauchst du einen kleinen Ansporn?«
Nick sah, wie Jamie erschrocken in Alans Augen schaute. Gerald mit der weichen Stimme wirkte wohl auf
ihn mit jeder Sekunde liebenswerter.
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