Der Zirkel Des Daemons
Aber wenn sie Gerald jetzt zum Schweigen brachten, würden sie als brutale Mörder dastehen.
»Die Leute von eurem Jahrmarkt sind ja auch keine reinen Unschuldslämmer«, fuhr Gerald scharf fort. »Wissen eure Freunde hier, was nötig ist, um einen Jahrmarkt auszurichten? Ihr finanziert euch mit Blutgeld!«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Nick gelangweilt. »Aber ich weiß, dass es nichts Nützliches ist.«
»Es ist auch nicht so, dass man den Dämonen immer Opfer darbringt«, sagte Gerald, der immer noch Mae anschaute. »Manche Menschen wollen freiwillig geopfert werden. Manche bitten sogar darum.«
Jamies Stimme war leise, aber bestimmt, und sie sorgte dafür, dass Mae, die den Worten des Magiers aufmerksam und wie gebannt lauschte, erstmals von Gerald wegschaute. »Ich habe nicht darum gebeten.«
»Dann tut es mir aufrichtig leid«, sagte Gerald. »Ich war es nicht, der dir einen Dämon auf den Hals gehetzt hat. So etwas würde ich nie tun. Aber du weißt sicher, dass es Menschen gibt, die ihres Lebens überdrüssig sind, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommen, die sich durch eine scheinbar endlose Abfolge unliebsamer Aufgaben quälen, bis sie schließlich sterben. Du kennst solche Leute. Du hast sie schon gesehen. Sag mir nicht, dass das nicht stimmt.«
Mae zögerte und durch ihr Zögern verlor sie die Schlacht. »Doch, aber …«
»Denkst du nicht, dass solche Leute mit Freuden ihr
Leben, mit dem sie nichts anfangen können, gegen das eintauschen, was sie wirklich wollen? Die Dämonen kommen nicht als Eindringlinge. Sie bieten den Menschen etwas an, das sie begehren, ob es Geld ist oder Vergessen oder eine einzige Nacht, in der sich diese Menschen so lebendig fühlen wie nie zuvor. Und wenn diese Menschen sich dazu bereit erklären, geben sie der Welt auch etwas: Dämonen leben jahrhundertelang. Sie sind klug und mächtig und sie können so viel Gutes tun …«
»Sie geben dir jedenfalls viel Macht«, fiel Alan ihm ins Wort. »Dein Zirkel hat Jamie und mich markiert. Keiner von uns hat eingewilligt. Ich glaube nicht, dass auch nur eins eurer Opfer sich einem Dämon freiwillig hingeben würde, wenn derjenige wüsste, worauf er sich da einlässt.«
Mae räusperte sich. »Manche tun es also tatsächlich freiwillig?«
»Ich lasse keinen Dämon auf Menschen los, die sich der Besessenheit widersetzen«, fuhr Gerald fort. In seiner Stimme lag so viel Überzeugungskraft, dass er Mae und Jamie mitriss. »Es tut mir leid, dass ihr beide markiert wurdet.« Seine Stimme zitterte. »Wollt ihr mich wirklich foltern?«
Er schaute Jamie direkt an, der so panisch wirkte, als ob jemand ihm einen Schraubenschlüssel in die Hand gedrückt hätte und ihn jetzt erwartungsvoll ansehen würde. »Nein!«, sagte er wild. »Nein, ich kann nicht. Ich könnte das niemals.«
Er wandte sich von Gerald ab und fixierte Alan mit
einem flehenden Blick. Alan stand auf, humpelte zu ihm und legte Jamie die Hand auf die hagere Schulter. Die Geste hätte beruhigend wirken können, wenn Alan nicht ein Messer in der anderen Hand gehabt hätte.
»Keine Sorge«, sagte Alan. »Du musst es nicht tun. Ich kann es machen.«
Er wirkte angespannt, aber entschlossen. Nick war sich sicher, dass Alan die Sache nicht gefiel. Aber genauso sicher war er, dass Alan es tun würde, wenn er musste.
Maes Stimme traf alle unerwartet. »Wenn es meinem Bruder hilft. Wenn es für Jamie geschieht und … und für dich«, sagte sie und kam einen Moment lang ins Stocken, als sie Alans Blick voller verblüffter Freude sah, »dann will ich helfen. Ich kann es auch tun.«
Ihre Entscheidung überraschte Nick so sehr, dass er sie anlächelte. Sie sah wie krank aus, aber sie hielt sich aufrecht und reckte die Schultern. Dann erwiderte sie Nicks Blick mit ruhigen Augen. Das Mädchen mochte zwar von Zeit zu Zeit eine Heulsuse sein, aber alles in allem war sie hart wie Stahl.
»Du musst es nicht tun«, sagte Alan. »Ich komme allein zurecht. Ich hole meine Sachen.«
Als sich die Tür hinter Alan schloss, war Nick klar, wie die Sache laufen würde. Alan würde den Kasten mit seinen Instrumenten holen und sich dann ein paar Augenblicke Zeit nehmen, um das, was er vorhatte, zu verarbeiten. Es würde ihm nicht gelingen - trotzdem würde er es tun. Danach würde er weiß und verkrampft sein und sich später übergeben. Doch er würde keine Sekunde zögern.
»Ich kann es tun«, sagte Mae zu der geschlossenen Tür. Es klang so, als wollte sie sich selbst davon
Weitere Kostenlose Bücher