Der Zirkel Des Daemons
Kette immer noch enger zu ziehen. Die Augen des Wolfes traten aus den Höhlen und plötzlich brach er zusammen und fiel gegen Nicks Brust.
Aber statt eines Wolfes lag eine Frau in Nicks Armen. Ihr langes Haar schlug ihm ins Gesicht. Er schob den Körper weg und setzte sich mühsam auf. Seine Arme fühlten sich schwach an und die Kette glitt ihm aus den Händen.
Erst als es zu spät war, ging ihm auf, dass er sie hätte bluten lassen können, bevor er sie tötete, wenn er nur sein Schwert gehabt hätte. Mit dem Blut hätte er Alans Markierung benetzen und Alan retten können.
Erschöpft rappelte er sich auf. Mit leerem Blick sah er, wie Jamie und Mae ihn anstarrten. Sie waren noch nicht an den Tod gewöhnt. Seine Mutter wandte die Augen ab,
als er sie anschaute. Sie sah aus, als müsste sie sich gleich übergeben.
Alan packte Nick an der Schulter und drehte ihn mit einem Ruck zu sich um. Sein Blick war zornerfüllt.
»Wo ist er?«, fragte er mit blitzenden Augen. »Was hast du damit gemacht?«
»Womit?«, fragte Nick. »Wovon redest du?«
»Von deinem Talisman !«, schrie Alan. Er zitterte jetzt. »Weißt du, was hätte passieren können? Wie lange trägst du ihn schon nicht mehr? Sag mir, dass du ihn gerade erst abgelegt hast, Nick. Sag’s mir!«
Natürlich. Sein Talisman. Erst jetzt wo Alan es erwähnte, merkte Nick, dass er weg war. In einem Winkel seines Geistes hatte er die ganze Zeit gewusst, dass der kleine, beständige Störenfried nicht mehr da war. Seine Last hatte er nicht mehr verspürt seit … seit …
»Ich habe ihn abgenommen, als ich Liannan beschworen habe«, sagte er langsam. »Ich habe ihn auf der Baustelle liegen gelassen.«
Alle Farbe wich aus Alans Gesicht. Seine Adern stachen aus seinem weißen Antlitz hervor wie Linien aus blauer Tinte auf einem Blatt Papier. »Du trägst seit einer Woche keinen Talisman mehr.«
»Und du? Du hast deinen Talisman hergegeben.« »Ich …« Alan senkte die Stimme. »Ich habe ihn nicht verloren! Ich habe ihn nur für ein paar Stunden verliehen. Aber eine Woche, Nick! In einer Woche hätte alles Mögliche passieren können, verdammt noch mal!«
Jetzt da Nick jemanden getötet hatte, fühlte er sich
besser. Endlich hatte er etwas getan, etwas Nützliches, und obwohl seine Arme schmerzten und die Wunden brannten, war er ruhiger. Etwas von seiner brodelnden Wut war im Feuer des Kampfes verbrannt. Alan machte sich Sorgen um ihn und auch diese Tatsache hob seine Laune merklich.
»Tut mir leid«, sagte er schließlich. »Ich besorge mir später einen neuen.«
Alan hielt seine Schulter umklammert, als ob Nick ohne hinzuschauen auf eine verkehrsreiche Straße hinausgelaufen wäre und Alan ihn gerade noch rechtzeitig hätte zurückziehen können. Bei Nicks Worten stieß er den Atem aus und schloss die Augen. Nick löste sich aus seinem Griff, so sanft er konnte, und stand dann mit unsicherem Blick da.
»Du hast Glück, dass dein großer Bruder aus seinen Fehlern gelernt hat«, sagte Alan nach einer Weile. »Komm mit hoch. Ich habe mir auf dem Jahrmarkt der Kobolde ein paar Talismane besorgt.«
Alan humpelte auf die Tür zu und Nick folgte ihm. Dann blieb er stehen. Der Blick, den Alan ihm über die Schulter hinweg zuwarf, war mehr ein Befehl. Ohne nachzudenken, machte Nick einen weiteren Schritt.
»Moment mal«, sagte er dann. »Vielleicht sind noch andere Magier in der Nähe. Wir sollten den Kerl hier nicht mit den beiden Grünschnäbeln und … ihr allein lassen.«
Alan wirkte leicht belustigt. »Wir gehen doch bloß nach oben.«
»Ja, wir kommen schon zurecht«, sagte Mae. Ihre Stimme war ruhiger, als es ihr Gesichtsausdruck erwarten ließ. »Und Olivia wird ja bei uns bleiben.«
Sie lächelte Nick an, aber Nick behielt den kühlen und leeren Ausdruck auf seinem Gesicht, damit sie ihr Lächeln zu Alan weiterleiten würde. Sie tat es und darin lag das Problem. Wenn es keine Hoffnung für Alan gegeben hätte, wäre die Sache nicht so kompliziert gewesen.
Nick ließ sie einander eine Weile anlächeln und lehnte sich dabei gegen die Wand. Er untersuchte die Wunden, die ihm der Wolf beigebracht hatte. Die tiefsten waren an seinem Bauch, seitlich seines Bauchnabels. Nick betrachtete die roten Rillen und empfand eine vage Dankbarkeit dafür, dass der Wolf sich damit begnügt hatte, ihn zu beißen, statt ihm die Eingeweide herauszureißen.
Im Wohnzimmer herrschte ein heilloses Durcheinander. Überall lagen Ketten herum, der Läufer war durch den Kampf mit
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