Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
Vom Netzwerk:
dem Wolf so zerknüllt wie ein schmutziges Bettlaken und der Gefangene schien einem hysterischen Anfall nahe zu sein. Die tote Magierin lag zusammengesunken zu Geralds Füßen.
    »Wir könnten ihn jetzt einfach töten«, sagte Nick und sah, wie Gerald am ganzen Körper von einem intensiven Zittern befallen wurde. Es schüttelte ihn, von den bebenden Lippen bis in die zuckenden Schultern.
    Alan sah ihn unwirsch an. »Wenn wir ihn töten, dann für Jamie.«
    »Nein!«, knurrte Nick.

    Alan betrachtete ihn lange, als ob er Nicks Meinung ändern könnte, wenn er ihn nur ausgiebig anstarrte. Dann wich die Anspannung aus seinem Gesicht. »Wir können später darüber reden«, sagte er ruhig. »Jetzt sollten wir erst mal nach oben gehen und dir einen Talisman holen. Wir sind gleich wieder da. Ich will, dass du einen Talisman trägst. Ich will nicht, dass du in Gefahr gerätst.«
    »Deine Sorge kommt ein bisschen spät. Ich habe nämlich gerade einen Wolf erwürgt«, sagte Nick schroff.
    Alan lächelte, und beiden war klar, dass - für diesen Moment - Alan gewonnen hatte.
    Nur diese eine Sache noch, dachte Nick. Er würde mit Alan gehen und sich den Talisman umlegen lassen, wenn Alan sich dann besser fühlte. Aber er war nicht gewillt, Alan bei seinem Vorhaben nachzugeben, mit Geralds Blut Jamies Markierung entfernen zu wollen. Alan hatte bereits genug für Jamie getan.
    »Komm schon«, sagte Alan und Nick folgte ihm.
    »Ach, übrigens«, rief Jamie ihnen nach. »Bei der Gelegenheit kannst du dir vielleicht auch ein Hemd anziehen. War nur ein Vorschlag …«
     
    In Alans Zimmer konnte Nick einen unbehaglichen Blick zum Bücherregal nicht unterdrücken. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, Alans kostbares Foto an seinen angestammten Platz zurückzulegen, und mit einem Mal überkam ihn eine düstere Vorahnung. Wenn Alan wieder einmal einen verstohlenen Blick auf das Bild werfen wollte, dann würde er merken, was Nick getan hatte.

    Aber es spielte keine Rolle, ob er es merkte oder nicht. Nick hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, aber die Vorstellung, was Alan dann von ihm halten würde, gefiel ihm trotzdem nicht.
    Er wandte dem Bücherregal betont den Rücken zu und schlüpfte in eins von Alans alten, ausgeleierten T-Shirts, das über der Stuhllehne gehangen hatte. Dann ging er zur Wand und lehnte sich dagegen, schaute aus dem Fenster auf die Sonne, die gerade unterging. Der Himmel bildete eine dunkelblaue Umrandung um die grauen Dächer von London.
    Alan kniete sich vor den Schrank auf den Boden und holte eine Kiste heraus, in der er die Schutzamulette aufbewahrte. Dann fuhr er mit den Fingern der rechten Hand hindurch, langsam und nachdenklich, als ob er den Rosenkranz beten würde. Oder als ob er Angst hatte, aufzuschauen.
    »Es ist mir ernst damit, dass ich zuerst Jamies Markierung entfernen will«, sagte er langsam.
    »Das ist bescheuert.«
    »Du verstehst nicht …«
    »Richtig, ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, warum du etwas so Bescheuertes tun willst!«
    Nicks Stimme erhob sich zu einem Schrei, ein rauer, flacher Ton wie ein Peitschenknall. Hätte er nicht Alan, sondern irgendwelche anderen Leute angeschrien, dann hätte er deutlich die Wirkung erkennen können: wie sein Schrei tief in deren Knochen drang und sie erschauern ließ - und nachgeben.

    Bei Alan war es anders. Drohungen zogen bei ihm nicht. Er schien sich nicht um seine eigene Sicherheit zu scheren. Nick musste ein anderes Druckmittel finden. Er betrachtete seinen Bruder und wurde plötzlich eiskalt und ruhig.
    Er wusste, womit er ihm drohen konnte.
    »Hier ist er«, sagte Alan mit leiser, zufriedener Stimme, als ob er Nicks Schrei überhaupt nicht wahrgenommen hätte. Er stand umständlich auf und ein blitzartig aufzuckender Schmerz grub eine tiefe Falte zwischen seine Brauen. Dann lächelte er und humpelte auf Nick zu.
    Der Talisman baumelte an Alans linkem Handgelenk wie ein Armband. In Nicks Bauch braute sich ein kriechendes Gefühl voller Unbehagen zusammen, wenn er ihn bloß anschaute, aber als Alan ihm bedeutete, den Kopf zu senken, tat er es und ließ zu, dass Alan den Talisman an seinem Hals befestigte. Er fühlte sich wie ein Tier, das sich freiwillig anketten ließ.
    Der Talisman brannte auf seiner Haut. Nick presste angesichts des wiederkehrenden Schmerzes die Zähne zusammen und schaute in Alans Gesicht, das nichts als einfache Erleichterung zeigte.
    »Weißt du, was ich tun werde, wenn du dein Dämonenmal nicht

Weitere Kostenlose Bücher